St. Marien (Oederan)

Die evangelische Kirche St. Marien ist eine stattliche spätgotische Kirche in Oederan im Landkreis Mittelsachsen. Sie gehört zur Kirchengemeinde Oederan im Kirchenbezirk Marienberg der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und dominiert das Stadtbild von Oederan. Sie ist nicht zuletzt für ihre Orgel von Gottfried Silbermann bekannt, die allerdings später ein neugotisches Gehäuse erhielt.

St. Marien (Oederan)
Nordostansicht
Innenraum, Blick nach Osten
Innenraum, Blick nach Westen

Geschichte und Architektur

Das als dreischiffige Hallenkirche mit eingezogenen Strebepfeilern (ähnlich dem Freiberger Dom) geplante Bauwerk wurde wohl wegen der großen Spannweite flachgedeckt ausgeführt. Die Kirche wurde unter Nutzung von Teilen des 1467 durch Brand beschädigten Vorgängerbaus im späten 15. Jahrhundert erbaut. Eine Erneuerung erfolgte 1709, der Turm wurde 1725 vollendet. Eine eingreifende neugotische Umgestaltung des Äußeren und Inneren fand 1890–1892 unter Leitung von Christian Gottfried Schramm statt. Weitere Restaurierungen wurden 1968 im Innern und seit 1990 am Äußeren vorgenommen.

Die Kirche ist ein verputzter Bruchsteinbau mit markanten Porphyrgliederungen und gestrecktem, stark eingezogenem Chor mit Dreiachtelschluss und Strebepfeilern. An der Chornordseite der Kirche befindet sich die Sakristei, an der Südseite die Taufkapelle. Der monumentale querrechteckige Westbau geht vermutlich auf das 13. Jahrhundert zurück, der obere gestaffelte Abschluss wurde 1725 vollendet. Die Kirche besitzt schlichte Maßwerkfenster, das Eingangsportal mit krabbenbesetztem Kielbogen und Kreuz ist mit der Jahrzahl 1891 bezeichnet.

Der weite Innenraum mit einer flachen Kassettendecke und Voute ist geprägt von der dunklen neugotischen Holzausstattung des 19. Jahrhunderts. Die Decke und die Emporen sind mit Blüten- und Blattranken bemalt. Die massiven Emporen an drei Seiten zwischen den teilweise eingezogenen Strebepfeilern wurden durch die Holzeinbauten des 19. Jahrhunderts verdeckt. In den westlichen Ecken des Schiffes befinden sich Treppentürmchen, das südliche ist mit einer kleinen netzgewölbten Vorhalle verbunden. Ein hoher Rundbogen führt zum Chor mit Netzgewölbe. Die Sakristei ist ebenfalls mit Netzgewölbe versehen. An der Nordseite befindet sich die Ratsherren- und Gerichtsloge, an der Südseite die Loge der Rittergutsbesitzer von Schönberg und Börnichen. Über der Loge ist das Wappen der späteren Besitzer Hohenthal von Püchau angeordnet. Die Rahmungen sind mit krabbenbesetztem Kielbogen und Kreuzblume verziert.

Ausstattung

Der neugotische Schnitzaltar und die polygonale Kanzel wurden von Carl Förster aus Leipzig gestaltet. Die Glasmalereien im Chorscheitel mit der Auferstehung Christi wurden von Bruno Urban, Dresden im Jahr 1891 hergestellt. Von der alten Ausstattung blieben ein barockes Gemälde vom früheren Altar mit der Darstellung der Auferstehung aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts und die Orgel erhalten. Ein romanischer Taufstein aus Porphyr mit Eckblättern stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Ein weiterer, barocker Taufstein mit der Darstellung der Taufe Christi war früher farbig gefasst und ist eine Stiftung des Friedrich von Schönberg von 1721. Ein lebensgroßes Kruzifix ist aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erhalten. Weiterhin sind Pastorenbilder aus dem 18. Jahrhundert sowie Grabdenkmäler aus Sandstein des 17. und 18. Jahrhunderts (darunter einige figürliche) erhalten geblieben. Hervorzuheben sind ebenfalls die Pfarrergrabsteine mit lebensgroßer Darstellung in flachem Relief von Paulus Odontius († 1605) mit lateinischer Umschrift, Michael Koch († 1631) und Jacob Daniel Starck († 1688).[1]

Orgel

Die Orgel ist ein Werk von Gottfried Silbermann aus dem Jahr 1727 mit ursprünglich 24, heute 25 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Bei der neugotischen Umgestaltung des Kirchenraums 1890/1892 erhielt die Orgel ein neues Gehäuse aus der Kunsttischlerei Ernst Weißbach, Dresden. Gleichzeitig tauschten die Gebrüder Jehmlich, Dresden, zwei Register aus, 1902/1903 stellten sie die damals zeitgemäße Kammertonstimmung her. 1937 baute die Firma Hermann Eule, Bautzen, die ausgetauschten Register wieder ein, fügte jedoch 1941 eine Dulzflöte 8′ hinzu. Weitere Restaurierungen durch Firma Eule folgten 1968 und 1992/1993. Gegenwärtig besitzt die Orgel außer der Originaldisposition einen zusätzlichen Tremulanten für das Oberwerk und seit 1997 eine von Christian Reinhold, Bernstadt, eingesetzte Vox humana 8′ im Hauptwerk. Die Disposition lautet:[2]

I Hauptwerk CD–c3
Bordun16′
Principal8′
Rohrflöte8′
Octava4′
Spitzflöte4′
Quinta3′
Octava2′
Cornet III (ab c1)
Mixtur III
Cymbel II
Vox humana8′
II Oberwerk CD–c3
Gedackt8′
Quintaden8′
Principal4′
Rohrflöte4′
Nassat3′
Octava2′
Tertia135
Quinta112
Sifflöt1′
Mixtur III
Pedal CD–c1
Principalbass16′
Octavbass8′
Posaunenbass16′
Trompete8′

Nebenregister:

  • Tremulant (Hauptwerk)
  • Schwebung (Tremulant Oberwerk)
  • Schiebekoppel II/I
  • Pedalkoppel I/P
  • Calcant
Anmerkungen
  • Tonhöhe: gegenwärtig a1 = 437 Hz
  • Stimmung: Ursprüngliche Temperatur nicht nachweisbar, gegenwärtig gleichstufig.
  • Winddruck: 88 mmWS

Geläut

Das Geläut besteht aus drei Eisenhartgussglocken, der Glockenstuhl und die Glockenjoche ist sind aus Stahl beziehungsweise Gusseisen gefertigt.[3] Im Folgenden eine Datenübersicht des Geläutes:[3]

Nr.GussdatumGießerMaterialDurchmesserMasseSchlagton
11918Glockengießerei Schilling & LattermannEisenhartguss1430 mm1150 kgf′
21918Glockengießerei Schilling & LattermannEisenhartguss1170 mm550 kgas′
31918Glockengießerei Schilling & LattermannEisenhartguss920 mm290 kgb′

Literatur

  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen II. Die Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1998, ISBN 3-422-03048-4, S. 761.
  • Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg.: Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. 2., aktualisierte und ergänzte Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 340 (Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner}).
Commons: St. Marien (Oederan) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kirchgemeinden Oederan - Frankenstein - Kirchbach - Oederan. Abgerufen am 19. September 2018.
  2. Frank-Harald Greß, Michael Lange: Die Orgeln Gottfried Silbermanns (= Veröffentlichungen der Gesellschaft der Orgelfreunde. Nr. 177). 2. Auflage. Sandstein-Verlag, Dresden 2001, ISBN 3-930382-50-4, S. 68–71.
  3. Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg.: Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. 2., aktualisierte und ergänzte Auflage. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 340 (Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner).

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