St. Marien (Angermünde)
Die mittelalterliche Stadtpfarrkirche Sankt Marien in Angermünde ist die evangelische Hauptkirche der Stadt. Sie entstand im 13. Jahrhundert aus Feldsteinquadern und erhielt im 15. und 16. Jahrhundert durch backsteingotische An- und Umbauten ihr heutiges Aussehen. Der Innenraum wird durch eine neugotische Ausstattung aus dem Jahr 1868 geprägt.
Baugeschichte
Von einem vermuteten Vorgängerbau konnten bislang keine Reste nachgewiesen werden. Die Vermutung beruht auf der Tatsache, dass die Stadtgründung im Jahr 1233 erfolgte, die erste Bauphase jedoch erst um 1254 beendet wurde. In dieser Zeit entstanden der Westbau und das dreischiffige Langhaus der Marienkirche mit fünf Jochen aus behauenem Feldstein. Dieser erste Kirchenbau setzt sich damit für den Betrachter gut erkennbar von den späteren Erweiterungsbauten ab. Die Bauforschung vermutet, dass dieser erste Bau durch einen geraden Chor nach Osten abgeschlossen wurde. Er hatte die Sakristei bereits an seiner Nordseite. Dendrochronologische Untersuchungen im 21. Jahrhundert ergaben, dass das Holz für die Sakristei um 1486 und für die Balken über dem Langschiff um 1691 geschlagen worden sein muss. Im 15. Jahrhundert begannen die Erweiterungsbauten. Der Westbau wurde um zwei Turmgeschosse erhöht und erreichte in Verbindung mit den Staffelgiebeln eine Höhe von 53 Metern. An der Nordseite entstand 1470 die mit einem backsteingotischen Treppengiebel abgeschlossene Marienkapelle, die von außen ein Querschiff andeutet. Das alte Langhaus wurde eingewölbt. Die dreischiffige Hallenkirche wurde von 1520 bis 1526 um einen neuen backsteingotischen Chor mit fünfseitigem Schluss ergänzt und mit einem Sternengewölbe überspannt. Dieser wurde asymmetrisch mit zwei Schiffen aufgeführt, den Raum des nördlichen Seitenschiffs nimmt die Sakristei ein, die in diesem Zuge eine Empore erhielt. Sowohl nach Norden wie nach Süden springt der östliche Teil der Marienkirche damit über die Baulinie des schmaleren Langhauses vor. Das östlichste Gewölbe des Chors ist polygonal ausgeführt und kaschiert so einen Teil der Asymmetrie des Bauwerks. Eine ähnliche Chorlösung zeigt die Stadtkirche in Mittweida. Die Kirche wurde im 15. und 16. Jahrhundert im Inneren mit Fresken ausgestattet, die später übertüncht wurden. Zu dieser Zeit befanden sich bis zu 17 Nebenaltäre, ein großes Triumphkreuz mit neun Heiligenfiguren sowie ein Renaissance-Altar aus der Zeit um 1600 in dem Sakralbau.
Die Marienkirche wurde 1867 geringfügig umgebaut und von Grund auf nach damaliger Vorstellung restauriert, einschließlich einer damals geschaffenen neugotischen in Grautönen gefassten Innenausstattung aus dem Jahr 1868. Einige der spätmittelalterlichen Fresken sowie die Farbgestaltung von 1526 wurden bei der Sanierung 1976 wieder freigelegt. 1909 erfolgte eine Ausmalung mit gotisierenden Motiven; 1911 kamen die mehrbahnigen Stifterfenster aus Bleiglas im Chor hinzu. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nutzten Glaser die zerbrochenen Scheiben und formten daraus ein Scherbenfenster an der südlichen Chorwand. 1978 ließ die Gemeinde das Dach neu eindecken und den Innenraum restaurieren. Ende des 20. Jahrhunderts stellte sie einen Schaden an Dachstuhl, Balken und Fassaden fest, vermutlich aufgrund mangelhafter Wasserableitung des Daches. Die Mauerkrone sowie fast alle Balkenköpfe wurden daraufhin ersetzt. In mehreren Bauabschnitten in den Jahren 2002 bis 2005 konnte der Schaden repariert werden. Dabei konnten Restauratoren gleichzeitig den Weinrankenfries am Traufbereich des Chores im Osten und Süden des Bauwerks sichern und konservieren. Er stammt vermutlich aus dem 19. oder dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Experten vermuten, dass die Friese in der Franziskanerkirche in Angermünde und Chorin als Vorbild herangezogen wurden.
Ausstattung
Der Altar der Marienkirche stammt aus der Neueinrichtung des Kirchenraums von 1868 und zeigt eine Erweckung des Lazarus in Anlehnung an Vorlagen von Rubens. Vom alten Altar des Jahres 1601 sind jedoch noch zwei Altartafeln in der Kirche erhalten. Etliche Schnitzfiguren dieses alten Altars befinden sich heute im Stadtmuseum Berlin. Von der alten Ausstattung hat sich weiter die bronzene gotische Fünte aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten. Sie wird von drei Männerfiguren getragen und ist mit 16 in Arkaden stehenden Heiligen verziert. Die Übersetzung der Inschrift lautet: „Gelobet sei der Name unseres allmächtigen Gottes, auch durch mich, Joh. Justus“. Justus war der Glockengießer, der auch die Fünte hergestellt hatte.
Neben den bereits erwähnten Chorfenstern befindet sich am westlichen Ende des Kirchenschiffs ein weiteres Chorfenster mit dem Stadtwappen und der Datumsangabe „26. April 1945“ – dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Angermünde. Auf der Chornordseite steht eine Tafel aus Sandstein mit dem Stammbaum des Bürgermeisters Krummkrüger sowie seiner Ehefrau. Sie stiftete den Renaissance-Altar von 1600, von denen nur noch wenige Teile erhalten geblieben sind. Sie sind in der Kapelle ausgestellt. An der nördlichen Wand des Kirchenschiffs hängen zwei Ölgemälde. Sie zeigen zur linken den Propst Sigmund Bärensprung sowie den Propst Joachim Stegemann.
In der südwestlichen Ecke des Kirchenschiffs steht ein Eichenkasten aus dem 13. Jahrhundert. Einer Überlieferung zufolge soll es sich um einen Schatzkasten gehandelt haben, mit dem das Lösegeld für den Markgrafen Otto IV. bezahlt wurde.
Orgel
Die Barockorgel schuf der Orgelbauer Joachim Wagner in den Jahren 1742 bis 1744. Sie verfügt über 30 Register sowie ein Beiwerk aus zwei Zimbelsternen, zwei Trompetenbläsern, zwei Tremulanten und zwei Pauken. Die Orgel besteht aus rund 2000 Pfeifen und wurde (nach Dispositionsänderungen durch Carl August Buchholz im Jahr 1845) in den Jahren 1964 bis 1976 von der Firma Schuke aus Potsdam restauriert. Die Disposition der Orgel lautet:[1]
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- Nebenregister: Sonne (Zimbelstern), Pauken
- Koppeln: Manualkoppel
- Spielhilfen: 3 Sperrventile
- Ansicht von Süden
- Von Norden über den Mündesee gesehen
- Stadtpfarrkirche St. Marien
- Blick aus dem asymmetrischen Chor nach Westen
- Innenansicht mit Wagner-Orgel
- Taufbecken
- „Schatzkiste“ aus dem 13. Jahrhundert
- Renaissance-Altar von 1600
- Propst Sigmund Bärensprung 1660–1739
Literatur
- Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler – Brandenburg. München und Berlin 2000, S. 20–22.
- Ernst Badstübner: Stadtkirche St. Marien in Angermünde. (Große Baudenkmäler, Heft 528), Deutscher Kunstverlag, München und Berlin 1998.
Weblinks
- Eintrag zur Denkmalobjektnummer 09130264 in der Denkmaldatenbank des Landes Brandenburg
- Marienkirche auf der Website der evangelischen Kirchgemeinde St. Marien Angermünde
Einzelnachweise
- Informationen zur Orgel auf orgbase.nl. Abgerufen am 8. August 2019.