St. Magnus (Bad Schussenried)

Die römisch-katholische Pfarrkirche St. Magnus (und Maria) steht im Zentrum von Bad Schussenried in Baden-Württemberg.

Blick auf den Hochaltar der ehemaligen Klosterkirche

Geschichte

Das Gotteshaus wurde bald nach der Gründung des Klosters Schussenried im Jahre 1183 als romanische Pfeilerbasilika erbaut.[1] Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Kirche mehrfach umgestaltet und erhielt seit ihrer Erhebung zur Abteikirche im Jahre 1440 durch Abt Heinrich Österreicher (1480–1505) umfangreiche Erweiterungen. So wurde unter seiner Regentschaft der Westfassade des Kirchenbaus 1482 die heute noch bestehende schlossähnliche Prälatur vorgesetzt. Ebenso richtete der Abt über der Nordseite des Kreuzganges eine eigene Stiftsbibliothek ein. Nach den Wirren des Dreißigjährigen Krieges erhielt die Abteikirche allmählich ein barockes Gepräge. Bereits Abt Tiberius Mangold (1683–1710) trug sich mit dem Gedanken eines großen Kirchenneubaus, und verhandelte dazu mit dem Baumeister Christian Thumb aus Au (1645–1726). Seine Nachfolger ließen 1748 ein Planmodell von Dominikus Zimmermann (1685–1766) erstellen, das vom Klosterbaumeister Jakob Emele (1707–1780) ergänzt wurde. Durch Verwerfungen im Konvent wurde der Kirchenneubau jedoch nie ausgeführt. Nach der Säkularisierung (1803) fiel das nun aufgehobene Kloster zunächst an die Witwe des Reichsgrafen Sternberg, Augusta Manderscheid-Sternberg (1744–1811), und wurde zur Pfarrei erhoben. Am 1. April 1835 gelangte die Kirche schließlich in Staatsbesitz.

Blick zum Hochaltar

Chorgestühl

Die Kirche besitzt ein hochbarockes, überreich ausgeschmücktes Chorgestühl aus Nussbaumholz, das 1715–1717 von Georg Anton Machein (1685–1739) und seiner Werkstatt geschaffen wurde und wie das Buxheimer Chorgestühl zur figürlich ausgestatteten Gruppe der „schwäbischen Akanthus-Chorgestühle“ gehört. In den Dorsalfeldern befinden sich Reliefs aus Lindenholz, die Stationen aus dem Leben Christi zeigen. Flankiert werden sie von vierundzwanzig männlichen und vier weiblichen Ordensgründern. Bis 1930 befand sich das Chorgestühl in den beiden letzten Jochen des Mittelschiffs und wurde sodann im Rahmen einer notwendig gewordenen Restaurierung in das Sanktuarium der Kirche verlegt. Dabei wurde die Nordseite mit der Südseite vertauscht, so dass jetzt die chronologische Reihenfolge bei den Reliefszenen nicht mehr im Westen, sondern im Osten beginnt. Das außergewöhnliche, im chorischen Wechsel angelegte Leseprinzip der Reliefdarstellungen ging dabei aber nicht verloren.

Ordensgründer, Heilige und Reliefdarstellungen Chorraum Ordensgründer, Heilige und Reliefdarstellungen
Sündenfall mit Verheißung des Erlösers Mariä Geburt
Augustinus 4./5. Jahrhundert

Verfasser der Augustinusregel

Norbert von Xanten 11./12. Jahrhundert

Gründer der Prämonstratenser

Mariä Tempelgang Mariä Verkündigung
Paulus von Theben 3./4. Jahrhundert

Erster Eremit, Vorbild für die Pauliner

Antonius der Große 3./4. Jahrhundert

Vater des abendländischen Mönchtums

Vermählung Marias mit Josef Mariä Heimsuchung
Benedikt von Nursia 5./6. Jahrhundert

Gründer der Benediktiner

Bernhard von Clairvaux 11./12. Jahrhundert

Bedeutender Abt der Zisterzienser

Geburt Christi Anbetung der drei Könige
Franz von Assisi 12./13. Jahrhundert

Gründer des Ordens der Minderen Brüder

Dominikus von Caleruega 12./13. Jahrhundert

Gründer der Dominikaner

Darstellung Jesu im Tempel Flucht nach Ägypten
Basilius der Große 4. Jahrhundert

Vater des morgenländischen Mönchtums

Hieronymus 4./5. Jahrhundert

Eremit, Kirchenlehrer

Der zwölfjährige Jesus im Tempel Heilige Familie in Nazareth
Bruno von Köln 11./12. Jahrhundert

Gründer der Kartäuser

Wilhelm von Malavalle 12. Jahrhundert

Eremit, Vorbild für die Wilhelmiten

Versuchung Christi Hochzeit zu Kana
Ignatius von Loyola 15./16. Jahrhundert

Gründer der Jesuiten

Philipp Neri 16. Jahrhundert

Gründer der Oratorianer

Verklärung Christi Abschied Jesu von Maria
Petrus de Murrone 13. Jahrhundert

Eremit, Gründer der Coelestiner-Eremiten

Philippus Benitius

13. Jahrhundert Generalprior der Serviten

Christus am Ölberg Geißelung Jesu
Petrus Nolascus 12./13. Jahrhundert

Mitgründer der Mercedarier

Johannes von Matha 12./13. Jahrhundert

Mitgründer der Trinitarier

Dornenkrönung Jesu Christus vor Pilatus
Franz von Paola 15./16. Jahrhundert

Gründer der Paulaner (Minimen)

Johannes von Gott 15./16. Jahrhundert

Vorbild für die Barmherzigen Brüder

Kreuztragung Jesu Kreuzigung Jesu
Kajetan von Thiene 15./16. Jahrhundert

Mitgründer der Theatiner

Johannes Colombini

14. Jahrhundert Gründer der Jesuaten

Beweinung Christi (Pietà) Grablegung Jesu
Franz von Sales 16./17. Jahrhundert

Mitgründer der Salesianerinnen (Visitantinnen)

Laurentius Justinianus 14./15. Jahrhundert

Gründer der regulierten Chorherren vom Hl. Georg

Auferstehung Christi Christi Himmelfahrt
Klara von Assisi 12./13. Jahrhundert

Gründerin der Klarissen

Teresa von Ávila 16. Jahrhundert

Reformerin der Karmeliten

Aussendung des Heiligen Geistes Mariä Himmelfahrt
Birgitta von Schweden 14. Jahrhundert

Gründerin der Birgittinen

Johanna von Frankreich 15./16. Jahrhundert

Gründerin der Annuntiatinnen

Die Inschrift „Romuald von Camaldoli“ am Chorgestühl ist falsch, denn die dort befindliche Figur stellt ohne Zweifel Johannes von Matha dar. Teresa von Ávila ist mit dem falschen Attribut versehen: Das Kreuz mit der Dornenkrone Christi und den Leidenswerkzeugen gehört zu Bernhard von Clairvaux.

Siehe auch: Tabelle mit Bildern (Wikimedia Commons)

Orgel

Blick zur Orgel

Die im Jahre 1696 von Abt Tiberius Mangold von einem Memminger Orgelbauer erstandene fünfregistrige Chororgel ist leider verloren. Die große Orgel erhielt über die Jahrhunderte umfangreiche Änderungen. 1707 wurde sie durch ein Pedalwerk ergänzt. 1723–1725 wurde das heutige Orgelprospekt geschaffen, an dem unter anderem Gabriel Weiß aus Wurzach beteiligt war. 1725 erhielt die Orgel Zinnpfeifen für das Rückpositiv und 1747 wurde eine neue Orgel mit Pedal und 17 Registern von Aegidi von Haingen in das vorhandene Prospekt eingebaut. 1776–1777 erfolgten Renovierungen, vielleicht sogar durch die Hand von Johann Nepomuk Holzhey (1741–1809). Im 19. Jahrhundert gab es umfangreiche Änderungen und 1867 wurde dann eine neue Orgel durch die Firma Weigle eingebaut.

Das heutige Orgelwerk wurde von der Firma Weigle aus Echterdingen 1978/1979 erbaut. Die Orgel besitzt 34 Register auf 3 Manualen und Pedal.

I Hauptwerk C–g3
1.Bordun16'
2.Prinzipal08'
3.Gemshorn08'
4.Oktave04'
5.Spillpfeife04'
6.Hohlflöte02'
7.Mixtur IV-V02'
8.Schalmet04'
II Positiv C–g3
09.Gedeckt08'
10.Rohrflöte04'
11.Prinzipal02'
12.Sifflöte0113'
13.Zimbel III012'
14.Oboe08'
Tremulant
II Schwellwerk C–g3
15.Holzflöte08'
16.Hartpfeife08'
17.Schwellprinzipal04'
18.Schiebung04'
19.Nasat0223'
20.Flachflöte02'
21.Terz0135'
22.Blockflöte01'
23.Scharf V-VI0113'
24.Dulcian16'
25.Trompete08'
Tremulant
Pedalwerk C–f1
26.Offenbass16'
27.Subbass16'
28.Oktavbass08'
29.Spitzflöte0
30.Rohrpommer04'
31.Dolcan-Piffaro II04'
32.Zink IV0315'
33.Posaune16'
34.Trompete08'

Glocken

Die Pfarrkirche verfügt derzeit über ein Geläut aus sechs Bronzeglocken aus den Jahren 1502, 1721, 1950 und 1951 mit der Tonfolge des′ f′ as′ b′ des′′ es′′.[2]

Pfarrer von St Magnus

Pfarrer der Klostergemeinde

  • Alexander Kirchmaier (1803–1805)
  • Lorenz von Löwe (1805–1843)
  • Lorenz Lang (1845–1852)
  • Josef Vaccano (1858–1879)
  • Gustav Biesinger (1880–1887)
  • Valentin Matthias Betz (1887–1904)
  • Klemens Kohler (1905–1925)
  • Otto Häfner (1925–1932)
  • Max Schlichte (1932–1948)
  • Norbert Lämmle (1948–1954)
  • Gottfried Schwarz (1954–1971)
  • Anton Schmid (1971–1998)
  • Joachim Meckler (1998–2017)
  • Nicki Schaepen (seit 2018)

Literatur

  • Hubert Kohler (Hrsg.): Bad Schussenried. Geschichte einer oberschwäbischen Klosterstadt. Festschrift zur 800-Jahrfeier der Gründung des Prämonstratenserstifts. Thorbecke, Sigmaringen 1983, ISBN 3-7995-4060-1
  • Johannes May: Die himmlische Bibliothek im Prämonstratenserkloster Schussenried (Marbacher Magazin, Sonderheft 87/1999). 2. Auflage. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 2000, ISBN 3-933679-27-3
  • Sybe Wartena: Die Süddeutschen Chorgestühle von der Renaissance bis zum Klassizismus. München 2008 (Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität)
  • Dr. Otto Beck: Pfarrkirche St. Magnus (und Maria) Bad Schussenried, Schnell kleine Kunstführer, Schnell und Steiner, München und Zürich
Commons: Pfarrkirche St. Magnus (Bad Schussenried) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Otto Beck: Bad Schussenried. In: Schnell, Kunstführer. 8. Auflage. Nr. 163. Schnell & Steiner, Regensburg 2006, ISBN 3-7954-4164-1, S. 12.
  2. Dr. Otto Beck: St. Magnus (und Maria) Bad Schussenried. In: Dr. Paul Mai (Hrsg.): Kleine Kunstführer. 3. Auflage. Schnell und Steiner, München und Zürich 1984, ISBN 3-7954-4164-1, S. 12.

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