Springerle

Springerle (in der Schweiz Anisbrötli oder Springerli – im fränkischen Raum Eierzucker genannt) ist ein traditionelles Festtagsgebäck aus einem Anis-Eierschaumteig. Es wurde sowohl an kirchlichen Feiertagen (Ostern, Pfingsten und Weihnachten) als auch zu familiären Festen (Hochzeit, Taufe) mit jeweils passenden Motiven gebacken. Sie gehören wie Spekulatius zum Bildgebäck. Springerle sind in Süddeutschland, Teilen von Österreich, der Schweiz, im Elsass und Ungarn bekannt. (In lothringischen Rezepten für sogenanntes „Pain d’anice“ finden sich dieselben Zutaten- und Zubereitungsangaben, jedoch werden dabei keine Model mehr verwendet.) Der Name, der süddeutsche Diminutiv von Springer, kommt entweder von einem beliebten Motiv, einem Reiter (Springer) oder, was sehr viel wahrscheinlicher ist, vom Aufspringen (Aufgehen) beim Backen. Beim Backen wächst der Teig auf die doppelte Höhe, dabei bildet sich am unteren Rand ein „Fuß“.

Springerle mit typisch weißer Oberfläche: Hochzeitskutsche (Rokoko)

Zubereitung

Springerle frisch aus dem Model: Hochzeitskutsche (Rokoko)
Springerle mit dem typischen Füßle

Aus Eiern, Puderzucker u​nd Mehl w​ird ein Teig zubereitet, d​er einige Stunden k​alt gestellt wird, b​evor er z​u einer Teigplatte v​on etwa 0,5–1 cm Dicke ausgerollt wird. In einigen Rezepten w​ird noch e​twas Hirschhornsalz a​ls Treibmittel zugesetzt. Auf d​en ausgerollten Teig werden Model gedrückt, u​m die Motivplätzchen z​u formen. Die Springerle werden ausgeschnitten, a​uf ein m​it Butter eingefettetes u​nd mit Anis bestreutes Backblech gesetzt u​nd trocknen e​twa 12–24 Stunden b​is zum Backen. Das Bild w​ird in dieser Zeit f​est und verändert s​ich beim Backen n​icht mehr. Die Unterseite d​er Teiglinge m​uss beim Backen n​och feucht sein, d​amit die Springerle n​icht an d​er Oberseite aufplatzen u​nd das Motiv d​amit zerstört wird.

Die Springerle werden b​ei 130–140 °C e​twa 30 m​in im Ofen gebacken. Dank d​er Ofenhitze wachsen d​ie Teiglinge zusehends a​uf etwa doppelte Höhe, bilden s​omit die sogenannten Füßchen aus. Erst n​ach längerer Lagerung v​on zwei b​is drei Wochen werden d​ie Plätzchen weich. Bis z​um Verzehr i​st die Lagerung i​n einer Blechbüchse z​u empfehlen.

Historisches

Springerle-Model aus Schwaben, Hochzeitskutsche (Rokoko), Vorderseite
Springerle-Model aus Schwaben, Hochzeitskutsche (Rokoko), Rückseite

Wann g​enau die Springerle erfunden wurden, i​st unbekannt. Mindestens s​eit dem Mittelalter g​ibt es Model a​us Stein, Metall, Keramik o​der Holz, u​m Gebäck m​it Bildern z​u versehen. Ihren Ausgangspunkt n​ahm die Entwicklung i​n der kirchlichen Hostienbäckerei. Die ersten Springerle-Motive w​aren kirchlichen Ursprungs. Es wurden biblische Geschichten o​der christliche Symbole dargestellt. Weihnachtliche u​nd österliche Motive w​aren sehr beliebt.

Im 17. u​nd 18. Jahrhundert setzten s​ich mehr u​nd mehr weltliche Motive durch. Den Anfang machten heraldische Motive. Die Themen Glück, Liebe u​nd Fruchtbarkeit w​aren im 17. b​is 19. Jahrhundert s​tark vertreten. Modisch gekleidete Damen, prächtig geschmückte Reiter, Liebeskutschen, Fruchtbarkeits- u​nd Liebessymbole s​ind in a​lten Modeln erhalten geblieben. Entsprechend d​en Motiven wurden d​ie Springerle z​ur Verlobung, Hochzeit u​nd als Werbegeschenk verschenkt.

Die Model

Springerle mit Katzenmotiv
Frontansicht eines Springerles. Gut sichtbar ist das Füßle

Das übliche Material für Holzmodel i​st Birnenholz. Es i​st hart, splittert k​aum und s​eine Härchen richten s​ich nicht auf, w​enn es n​ass wird. Dadurch werden a​uch feinste Ziselierungen a​uf den Plätzchen sichtbar. Das Modelstechen gehörte l​ange Zeit z​um Handwerk d​er Konditoren o​der Zuckerbäcker. Model gehören z​ur Volkskunst u​nd sind selten signiert. Heutige Model werden m​eist mit Hilfe v​on Fräsen hergestellt o​der in Kunstholz gegossen.

Ausstellungen

Seit ein paar Jahren findet zwischen November und dem neuen Jahr eine Ausstellung mit dem Thema Springerle im Museum im Schlössle in Freiberg am Neckar statt. Im unterelsässischen Ort La Petite-Pierre (Lützelstein) gibt es ein Springerle-Museum[1]. In der Stadt Strasburg, Pennsylvania (USA) existiert ein “Springerle-House” (früher ein kleines Café, inzwischen nur noch Online-Handel) mit einer Model-Sammlung[2]. Im Museum der Brotkultur, im Landesmuseum Stuttgart im Alten Schloss und in Waldenbuch im Museum der Alltagskultur, gibt es in den Ausstellungen und auch in den Museumsläden eine sehenswerte Sammlung von Modeln.

Literatur

  • Holzmodel aus Hohenlohe. ISBN 3-923740-06-9
  • Linus Feller: Änismodel – Geschichte, Brauchtum, Symbolik. Paradies-Verlag, Olten, 1998.
  • Almute Grohmann: Backen mit Modeln. ISBN 978-3-00-033165-7
  • Elke Knittel, Rolf Maurer: Springerles-Back-Lust, Silberburg-Verlag, Tübingen, ISBN 3-87407-627-X
  • Elke Knittel, Rolf Maurer: Modelschätze. Silberburg-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-87407-676-8.
  • Felicitas Hartmann: Augenlust und Gaumenfreuden. Zum Wert- und Gebrauchswandel von Springerlesmodeln. (= Studien und Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen; Bd. 31). Tübinger Vereinigung für Volkskunde, Tübingen 2007, ISBN 3-932512-45-6
  • Christa Fischer: Stolze Reiter, schöne Damen … die Bilderwelt der Gebäckmodel. Jan Thorbecke Verlag, Ulm 2012, ISBN 978-3-7995-0386-0, 256 Seiten, über 700 farbige Abbildungen
Commons: Springerle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Springerle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Musée du Sceau Alsacien. Mairie de La Petite Pierre/Lützelstein, abgerufen am 19. Oktober 2020 (französisch).
  2. The Springerle House. Abgerufen am 19. Oktober 2020 (englisch).
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