Soldatenfriedhof an der Hildesheimer Straße
Der Soldatenfriedhof an der Hildesheimer Straße[1] auch Soldaten Kirchhof[2] oder Invalidenfriedhof genannt,[3] war ein Mitte des 17. Jahrhunderts angelegter Friedhof an der alten Hildesheimer Straße[4] vor dem Aegidientor in der späteren Südstadt von Hannover.[5]
Geschichte und Beschreibung
Der älteste bekannte Friedhof für Invaliden[3] des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg[1] war bis hinein in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges „bei dem Kirchhofe der jüngeren Marienkapelle vor dem Ägidientore“ unterhalten worden, etwa am Beginn der späteren Prinzenstraße.[3] Nach der Residenznahme Hannovers durch Herzog Georg, Fürst von Calenberg, im Jahr 1636[6] und dem folgenden kriegsbedingten Ausbau der Stadtbefestigung Hannovers[7] wurde die Marienkapelle 1645 abgebrochen und der dortige alte Invalidenfriedhof aufgegeben zugunsten des Baues eines der Verteidigung dienenden großen Ravelins vor dem Aegidientor.[8] Noch im selben Kriegsjahr 1645 wurde der neue Soldatenfriedhof an der alten Hildesheimer Straße angelegt, die noch mehr als zwei Jahrhunderte durch die später so benannte Höltystraße führte.[4][Anm. 1]
Direkt neben den Soldatenfriedhof wurde 1669, ebenfalls südlich und noch außerhalb der Stadtmauern, der Katholische Friedhof angelegt,[4] der zu Beginn des Kurfürstentums Hannover im Jahr 1692 bis zur späteren Maschstraße hin erweitert wurde.[3]
Während der Zeit des Königreichs Hannover entstand 1825 eine Tuschzeichnung, die eine beinahe ländliche Idylle vor den beiden nur durch ein offenes Holzgatter gesicherten Friedhöfe zeigt. Das durch Spaziergänger, Kutschfahrer und Berittene belebte Bildnis zeigt zudem den angrenzenden hochaufragenden Fachwerkbau der Ausspannwirtschaft König von Hannover: „Reisende, die nicht gemeldet werden wollten, pflegten hier in dem stattlichen Gasthof vor den Toren der Stadt abzusteigen“. Ebenfalls an der Chaussee nach Hildesheim fand sich auf einem gegenüberliegenden freien Feld ein Grenzstein, den der Zeichner mit der Jahreszahl 1825 versah.[4]
Jeweils ein Teil der beiden parallel nebeneinander verlaufenden Friedhöfe[2] wurde zugunsten der Anlage der neuen Abzweigung der Hildesheimer Straße aufgegeben,[3] während die alte Straßenführung im Jahr 1865 ihren heutigen Namen Höltystraße erhielt.[5]
Die verbliebenen Flächen des Katholischen und des Soldatenfriedhofes wurden im Jahr 1926 zur Bebauung freigegeben.[3] Auf einem Teil davon entstand während der Weimarer Republik in der Zeit von 1926 bis 1929 der erste Büchereiturm in Deutschland durch den unter Karl Elkart errichteten Turm der Stadtbibliothek Hannover.[9]
Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde – parallel zum Bau des Maschsees – im Zuge der Gestaltung der Grünanlage um den Vogelteich,[10] des späteren Vierthalerteichs,[11] in die Südwand der Bastion am Arthur-Menge-Brunnen „zwei Grabsteine vom Soldatenfriedhof an der Hildesheimer Straße“ hineintransloziert: Der des Hof- und Feldtrompeters Bernhard Kreite (1614–1648) und derjenige für Johann Christian Schernhagen (* 1692).[1]
Verschollene Originalzeichnung
Das Original der 1825 datierten Tuschzeichnung der Situation vor dem Soldatenfriedhof gilt als verschollen. Ein Reproduktion nach einem Klischeedruck findet sich im Historischen Museum am Hohen Ufer.[4]
Siehe auch
Anmerkungen
- Abweichend wird das Jahr 1648 als Anlage-Datum des Soldatenfriedhofes genannt, vergleiche Wolfgang Neß: Die Bebauung der Hauptausfallstraßen. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, [Bd.] 10.1, ISBN 3-528-06203-7, S. 117f.
Einzelnachweise
- Helmut Zimmermann: Arthur-Menge-Brunnen, in ders.: Hannover in der Tasche. Bauten und Denkmäler von A bis Z, 2. erweiterte Auflage, Hannover: Heinrich Feesche Verlag, 1988, ISBN 3-87223-0468, S. 13f.
- Vergleiche den Ausschnitt der 1807 von den Ingenieuren Pentz und Bennefeld aufgenommenen und von Franz in Berlin gestochenen Karte von Hannover und Umgebung
- Arnold Nöldeke: St. Johannis-Friedhof sowie Invalidenfriedhof. In: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover Bd. 1, H. 2, Teil 1, Hannover, Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Theodor Schulzes Buchhandlung, 1932 (Neudruck Verlag Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1), S. 257
- Bernhard Dörries, Helmut Plath: Die alte Hildesheimer Straße, in dies.: Alt-Hannover 1600 – 1900 / Die Geschichte einer Stadt in zeitgenössischen Bildern von 1600 – 1900, vierte, verbesserte Auflage, Hannover: Heinrich Feesche Verlag, 1977, ISBN 3-87223-0247, S. 91, 138
- Helmut Zimmermann: Hildesheimer Straße und Höltystraße, in ders.: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 117, 119
- Klaus Mlynek: Residenzrezess(vertrag). In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 521.
- Helmut Knocke: Stadtbefestigung. In: Stadtlexikon Hannover, S. 585
- Arnold Nöldeke: Kapelle St. Marien vor dem Ägidientore (1645 abgebrochen), in ders.: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover ..., S. 212f.
- Wolfgang Neß: Die Bebauung der Hauptausfallstraßen. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, [Bd.] 10.1, ISBN 3-528-06203-7, S. 117f.
- Daniel Gardemin: Die Geschichte, in ders.: Waldhausen – ein Stadtteil entwickelt sich in der Geschichte Hannovers, Reprint der 2. Auflage von 1987, Groß Oesingen: Druckhaus Harms, 2014, ISBN 978-3-00-046207-8, S. 5–36; hier: S. 29
- Dagmar Brand: Wintergärten IV / Utopia – Gärten der Zukunft. Kunstaktion in der Güntherstraße – Döhrener Turm – Vierthalerteich, Begleitschrift zu gleichnamigen Ausstellung vom 2. November 2008 bis 28. Februar 2009, passim