Smeerenburg
Smeerenburg (deutsch so viel wie Tran-Stadt) ist eine aufgegebene Walfangstation auf der Insel Amsterdamøya im Nordwesten von Svalbard (Spitzbergen), die ihre Blütezeit in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erlebte.
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Lage von Smeerenburg |
Geschichte
Niederländische Walfänger nutzten diesen Ort erstmals 1614. Wahrscheinlich 1619 wurden die ersten festen Gebäude errichtet. Während der intensiven Phase des Walfangs um Spitzbergen war Smeerenburg das Zentrum der Aktivitäten. Auf dem Höhepunkt in den 1630er Jahren gab es hier acht Trankessel, in denen Walblubber zu Tran verkocht wurde, und 17 oder 18 Gebäude. In den Sommermonaten lebten und arbeiteten in Smeerenburg bis zu 200 Menschen. In den Wintermonaten war der Ort verlassen, nur 1633/34 überwinterte Jacob van der Brugge mit sechs Männern, um die Einrichtungen vor Konkurrenten zu schützen. In den 1640er Jahren begann der wirtschaftliche Abstieg Smeerenburgs, weil die Zahl der Wale, die direkt vor der Küste anzutreffen waren, schnell abnahm. Um 1660 wurde die Station endgültig aufgegeben. Heute sind von den Gebäuden nur noch die Grundmauern zu sehen.
In der Vergangenheit wurde die Größe Smeerenburgs stark überschätzt. Der englische Entdecker William Scoresby schrieb 1820, dass der Ort pro Saison von 200 bis 300 Schiffen mit einer Besatzung zwischen 12.000 und 18.000 Mann besucht worden wäre.[1] Der Ort habe eine Kirche und ein Bordell besessen. Noch 100 Jahre später glaubte Fridtjof Nansen an diesen Mythos: „Hier stand damals, vor mehr als 250 Jahren, eine ganze Stadt mit Läden und Straßen. Wohl 10000 Menschen im Sommer mit dem Lärm von Packhäusern, Trankochereien, Spielerkneipen, von Schmieden und Werkstätten und Schänken und Tanzböden. An diesem flachen Strand wimmelte es von Booten mit Seeleuten, die eben von dem aufregenden Walfang kamen, und von Frauenzimmern in bunten Farben, die auf Männerfang ausgingen.“[2] Nach neueren Forschungen, insbesondere den archäologischen Grabungen von 1979 bis 1981 unter Leitung von Louwrens Hacquebord (* 1947), entspricht dies nicht der historischen Wahrheit.[3][4]
Die Ruinen von Smeerenburg sind seit 1973 Teil des Nordwestspitzbergen-Nationalparks.
Literatur
- Kristin Prestvold: Smeerenburg – Gravneset. Europes first oil adventure. Sysselmannen på Svalbard, Miljøvernavdelingen 2001.
- William James Mills: Exploring Polar Frontiers – A Historical Encyclopedia, Bd. 1, ABC-CLIO, 2003. ISBN 1-57607-422-6, S. 12.
- Louwrens Hacquebord: Smeerenburg – Zeugnisse vom frühesten Spitzbergen-Walfang im 17. Jahrhundert. Begleitschrift der Ausstellung im Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven vom 6. Februar 1988 bis 1. Mai 1988.
Weblinks
- Smeerenburg. In: The Place Names of Svalbard (Erstausgabe 1942). Norsk Polarinstitutt, Oslo 2001, ISBN 82-90307-82-9 (englisch, norwegisch).
Einzelnachweise
- William Scoresby: An Account of the Arctic Regions, with a History and Description of the Northern Whale-Fishery. Band 2, Edinburgh 1820, S. 148.
- Fridtjof Nansen: Spitzbergen. Brockhaus, Leipzig 1921, S. 258.
- Øystein Overrein, Jørn Henriksen, Bjørn Fossli Johansen, Kristin Prestvold: Smeerenburg (79° 40′ N 11° 00′ E). Cruise Handbook of Svalbard, Norsk Polarinstitutt, abgerufen am 25. Januar 2016.
- Ingo Heidbrink: Smeerenburg. In: Andrew J. Hund (Hrsg.): Antarctica and the Arctic Circle. A Geographic Encyclopedia of the Earth’s Polar Regions. Band 2. ABC-CLIO, Santa Barbara / Denver / Oxdord 2014, ISBN 978-1-61069-392-9, S. 660 f. (englisch).