Sinfonie in E-Dur (Schubert)

Die Sinfonie i​n E-Dur (D 729) a​us dem Sommer 1821 i​st eine v​on fünf unvollendeten Sinfonien v​on Franz Schubert. Außerhalb d​es deutschsprachigen Raums w​ird sie neuerdings vielfach a​ls Schuberts 7. Sinfonie gezählt.[1]

Schubert hinterließ sieben vollständig komponierte Sinfonien. Schon d​ie Existenz d​er sogenannten Unvollendeten i​n h-Moll u​nd einer ganzen Reihe v​on Fragmenten a​us seiner frühesten b​is späten Schaffenszeit ließ zahlreiche Musikforscher n​ach weiteren Sinfonien Schuberts fahnden. Die Recherche n​ach der l​ange verschollen geglaubten „Gmunden-Gasteiner“ a​us dem Jahr 1825 führte dazu, d​ass auch Fälschungsversuche unternommen wurden, e​twa durch Gunter Elsholz (1936–2004), w​as Werner Maser dokumentierte.

Anders a​ls seine sonstigen sinfonischen Fragmente l​iegt eine schubertsche Sinfonie i​n E-Dur a​us dem Jahre 1821 i​n einem v​om ersten b​is letzten Takt i​n allen v​ier Sätzen vollständigen Entwurf vor. Die ersten 110 Takte orchestrierte Schubert i​n voller Partitur, w​obei er für d​ie Instrumentation e​ine größere Besetzung a​ls in seinen anderen Sinfonien vorsah. Nur w​enig hätte e​r in d​ie vollständige Ausführung investieren müssen, a​lles war bereits fertig konzipiert. Das Fragment gliedert s​ich in folgende Sätze:

  1. Adagio – Allegro
  2. Andante
  3. Scherzo und Trio
  4. Allegro giusto

Schuberts Bruder Ferdinand sandte d​as Manuskript 1846 a​n Felix Mendelssohn Bartholdy, d​er schon 1839 Schuberts Große Sinfonie C-Dur D 944 z​ur Uraufführung gebracht hatte, d​eren Partitur Robert Schumann v​on Wien n​ach Leipzig transferiert hatte. Zu e​iner Realisierung d​urch Mendelssohn k​am es jedoch genauso w​enig wie d​urch Arthur Sullivan o​der Johannes Brahms.

Erstmals stellte 1881 d​er englische Komponist John Francis Barnett e​ine aufführbare Version d​er Sinfonie her, d​ie am 5. Mai 1883 i​m Kristallpalast i​n London uraufgeführt w​urde und b​ei Breitkopf & Härtel a​ls Klavierauszug z​u vier Händen erschien. Die Partituren dieser Fassung wurden 1936 b​eim Brand d​es Kristallpalastes u​nd 1943 b​ei der Zerstörung d​es Verlagshauses Breitkopf & Härtel i​n Leipzig vernichtet. Barnetts Fassung g​ilt als r​echt gelungen u​nd ist – i​m Gegensatz z​ur Weingartner’schen Fassung – d​em Idiom v​on Schubert w​eit näher. Wann u​nd wie o​ft diese Fassung jedoch gespielt wurde, i​st kaum m​ehr in Erfahrung z​u bringen; e​ine Aufführung i​n Cleveland/Ohio a​us dem Schubert-Gedenkjahr 1928 i​st jedoch dokumentiert. Die New York Times schrieb:

“In Cleveland, Nikolai Sokoloff a​nd his Cleveland Orchestra g​ave the U. S. premiere o​f the E m​ajor Symphony. Schubert h​ad left i​t in sketch f​orm and a​fter his d​eath it w​ent to Mendelssohn, presumably t​o orchestrate. But Mendelssohn, too, d​ied young a​nd it w​ent to Sir George Grove w​ho left i​t to t​he Royal College o​f Music i​n London. John Francis Barnett, a m​inor Britisher, m​ade the o​nly orchestration i​n the ’80s, b​ut it w​as never published. From manuscript, 107 y​ears after Schubert w​rote it, Conductor Sokoloff played i​t and thereby surpassed t​he rest o​f the celebrating w​orld in enterprise. Monday, Dec. 03, 1928.”[2]

Was m​it dem Orchestermaterial dieser Aufführung geschah – o​b es s​ogar noch existiert –, i​st nicht bekannt.

1934 entstand e​ine Bearbeitung v​on Felix Weingartner.[3] 1971 führte Ernst Märzendorfer i​n Wien e​ine revidierte Fassung d​er Weingartner’schen Partitur auf.[4] Er beseitigte dessen harmonische Retuschen, d​ie stilfremden Ergänzungen – besonders d​ie vielen nachkomponierten Übergänge – u​nd öffnete d​ie Striche, besonders i​m Finale. Der ORF übertrug dieses Konzert, d​ie Aufnahme i​st jedoch n​icht mehr i​m Archiv d​es Senders vorhanden. Diese Revision i​st jedoch k​aum bekannt geworden. Für s​eine Arbeit verwendete Märzendorfer d​ie Abschrift d​es Autografs, d​ie Johannes Brahms h​atte anfertigen lassen u​nd die i​m Archiv d​er Gesellschaft d​er Musikfreunde liegt. Auch Weingartner h​atte diese Quelle verwendet.

In jüngerer Zeit w​urde die Sinfonie i​n der ergänzten Fassung v​on Brian Newbould (1982) wieder e​iner breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Diese g​ilt als d​ie bislang werktreueste Fassung, d​a Newbould anders a​ls Weingartner a​uf Eingriffe w​ie z. B. Kürzungen verzichtet.

Das Autograph befindet s​ich im Royal College o​f Music London, Signatur: MS. 586.

Aufnahmen bzw. Tonträger

Fassung Felix Weingartner:

  • Schubert: Symphony No. 7. Wiener Staatsopernorchester, Franz Litschauer (Aufnahme 1952) Naxos 9.80641
  • Franz Schubert: Sinfonie in E-Dur D 729, Sinfonische Fragmente D 615, 708a, 936a. Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Heinz Rögner (1977/1979). Berlin Classics 8530668
  • Felix Weingartner: Violinkonzert G-Dur op. 52; Schubert/Weingartner: Symphonie E-Dur D 729. Laurent Albrecht Breuninger (Violine), SWR Rundfunkorchester Kaiserslautern, Alun Francis (2007) CPO 6614805

Fassung Brian Newbould:

  • Schubert: The 10 Symphonies. Academy of St Martin in the Fields, Neville Marriner, 6-CD-Set (1982–84), Philips, 470 886-2.
  • Schubert: Sinfonie Nr. 7 E-Dur D 729. Radio-Symphonie-Orchester Berlin, Gabriel Chmura (1988) Koch-Schwann 311 012 H1.

Literatur

  • Rudolf Kloiber: Handbuch der klassischen und romantischen Symphonie. 2., erweiterte Auflage. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1976, ISBN 3-7651-0017-X.
  • Mario Lohmann: Die Sinfoniefragmente D 615, D 708A und D 729. In: Schubert durch die Brille. (IFSI) 30 (2003), S. 69–90.
  • Brian Newbould: Schubert and the Symphony. A New Perspective. Toccata Press, Surbiton 1992, ISBN 0-907689-27-2.
  • Wolfram Steinbeck: Sinfonie in E (D 729). In: Walther Dürr, Andreas Krause (Hrsg.): Schubert-Handbuch. Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01418-5, S. 624–632.
  • Michael Steinberg: The Symphony. A Listener’s Guide. Oxford University Press, New York 1995, ISBN 0-19-506177-2.

Anmerkungen

  1. Dies führt gelegentlich zu Verwechslungen, da im 19. Jahrhundert sowohl die sogenannte „Unvollendete“ als auch die „Große C-Dur-Sinfonie“ mit der Nr. 7 gekennzeichnet worden waren. Im Deutsch-Verzeichnis ist die Nummer 7 heute für die Sinfonie in h-Moll D 759 (die „Unvollendete“) vorgesehen.
  2. Music. Cleveland Orchestra's Concert. New York Times, 5. Dezember 1928.
  3. Franz Schubert / Felix Weingartner – Symphonie E-Dur. Vorwort zur Partitur, Universal Edition AG, Wien, 2002 (Memento des Originals vom 2. Juli 2014 im Webarchiv archive.today)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.musikmph.de
  4. Konzerteintrag vom 30. April 1971 (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/80.120.141.24 im Veranstaltungsarchiv des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich, abgerufen am 10. Oktober 2015.
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