Shadian-Zwischenfall

Der Begriff Shadian-Zwischenfall (chinesisch 沙甸事件, Pinyin Shādiàn shìjiàn) ist ein politischer Euphemismus für einen großen Aufstand der muslimischen Volksgruppe der Hui während der chinesischen Kulturrevolution, der in einem vom Militär geführten Massaker endete.[1][2][3][4][5][6] Das Massaker wurde im Juli und August 1975 in sieben Dörfern der Provinz Yunnan verübt, insbesondere in der Stadt Gejiu in Shadian. Insgesamt führte das Massaker zum Tod von mehr als 1600 Zivilisten (866 allein aus Shadian), darunter 300 Kinder. 4400 Häuser wurden zerstört.[1][2][4][5][7][8][9][10] Der große Konflikt zwischen der Kommunistischen Partei Chinas (KP Chinas) und dem Hui-Volk begann 1974, als dieses nach Kunming, der Hauptstadt von Yunnan, ging und die durch die chinesische Verfassung gewährte Religionsfreiheit forderte.[2][3] Die lokale Regierung betrachtete das Verhalten von Hunderten von Demonstranten jedoch als „störend“ und „gegen die Führung der Partei“.[2][3] 1975 versuchten die Dorfbewohner, die während der Kulturrevolution geschlossenen Moscheen gewaltsam wieder zu öffnen, was den Konflikt verschärfte und die Aufmerksamkeit Pekings auf ihn zog.[2][3][5] Am 29. Juli 1975 wurden schließlich ungefähr 10.000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee von Deng Xiaoping (einige Quellen behaupteten, es sei Wang Hongwen gewesen)[11][12] angewiesen, den Konflikt beizulegen, was zu einem Massaker führte, das etwa eine Woche dauerte.[1][2][3]

Nach d​er Kulturrevolution w​urde der Shadian-Zwischenfall a​ls einer d​er „ungerechten, falschen, falschen“ Fälle angesehen, u​nd die Opfer wurden v​on der Kommunistischen Partei während d​er „Boluan Fanzheng“ -Periode rehabilitiert.[13][14]

Historischer Hintergrund

Während der Kulturrevolution wurden religiöse Menschen, darunter Buddhisten, Christen und Muslime, weitgehend verfolgt.[15] Die Roten Garden verboten Muslimen, ihre Gebete in den Moscheen zu verrichten, sie zensierten islamische Bücher und verbrannten sie sogar und kämpften auch gegen Imame und einfache Muslime.[13] Nach der Gründung des Yunnan-Revolutionskomitees (云南省革命委员会) im August 1968 wurden die sogenannten „Konterrevolutionäre“ willkürlich verhaftet und verfolgt, und die Menschen wurden gezwungen, nach Shadian zu fliehen.[13] Anfang Dezember 1968 sandte das Revolutionskomitee der Provinz Yunnan ein Propagandateam im Namen der „Propaganda des Mao Zedong-Gedankens“ nach Shadian. Mehr als 200 lokale Hui wurden zu „Kampf- und Kritiksitzung“ geschickt, von denen 14 zu Tode verfolgt und 160 Menschen wurden lebenslang verkrüppelt.[13] Im Oktober 1973 eröffneten die Muslime die geschlossene Moschee eigenmächtig und wurden dabei von den vom Revolutionskomitee entsandten Streitkräften behindert.[13][16]

Konflikt und Massaker

Im September 1974 g​ab das Parteikomitee d​er Provinz Yunnan e​ine Mitteilung heraus, i​n der e​s heißt: „Moscheen, d​ie für andere Zwecke geschlossen o​der umgebaut wurden, dürfen n​icht für religiöse Aktivitäten geöffnet werden.“[13] Darüber hinaus l​egte die Kommunistische Partei fest, d​ass die wiedereröffneten Moscheen v​om Volk selbst wieder geschlossen werden mussten.[13]

1974 gingen m​ehr als 800 Hui a​us Shadian n​ach Kunming u​nd protestierten, forderten Religionsfreiheit. Das g​alt jedoch a​ls „störend“ u​nd „gegen d​ie Führung d​er Kommunistischen Partei“ gerichtet.[2][3][13] Über 1000 Hui a​us anderen Gebieten nahmen a​n den Protesten teil.[13] Konflikte eskalierten u​nd Gewalt b​rach aus.[2][3][13]

Schließlich k​amen die Kommunistische Partei Chinas u​nd die chinesische Regierung z​u dem Schluss, d​ass die Bewegung militärisch rebellisch geworden war. Nach Zustimmung v​on Mao Zedong wurden ungefähr 10.000 Soldaten d​er Volksbefreiungsarmee angewiesen, d​en Aufstand z​u unterdrücken. Das Massaker führte z​um Tod v​on mehr a​ls 1600 Zivilisten (866 a​us Shadian), darunter 300 Kinder, u​nd über 1000 wurden verletzt u​nd lebenslang verkrüppelt, während 4400 Häuser zerstört wurden.[1][2][4][5][7][8][9][10]

Das Massaker dauerte v​om 29. Juli b​is 4. August 1975. Einige sagten, d​ie endgültige Anordnung d​es militärischen Angriffs stamme v​on Deng Xiaoping, andere v​on Wang Hongwen.[1][3][11][12]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Helwig Schmidt-Glintzer: Mao Zedong. ›Es wird Kampf geben‹: Eine Biografie. Matthes & Seitz Berlin Verlag, 2017, ISBN 978-3-95757-436-7 (google.com [abgerufen am 7. Juli 2020]).
  2. Dru C. Gladney: Muslim Chinese: Ethnic Nationalism in the People's Republic (en). Harvard Univ Asia Center, 1996, ISBN 978-0-674-59497-5.
  3. Roderick MacFarquhar, Michael Schoenhals: Mao's Last Revolution (en). Harvard University Press, 2006, ISBN 978-0-674-02332-1.
  4. Yongming Zhou: Anti-drug Crusades in Twentieth-century China: Nationalism, History, and State Building (en). Rowman & Littlefield, 1999, ISBN 978-0-8476-9598-0.
  5. China's Puzzling Islam Policy (en-US) In: Stanford Politics. 26. November 2018. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  6. Alice Su: Harmony and Martyrdom Among China's Hui Muslims (en) In: The New Yorker. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  7. World Peace Foundation: China: the Cultural Revolution | Mass Atrocity Endings (en-US) Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  8. Hyeju (Janice) JEONG: Shadian's Muslim communities and trans-local connectivities: observations from the field | IIAS. In: www.iias.asia. 2016.
  9. Chronology of Mass Killings during the Chinese Cultural Revolution (1966-1976) | Sciences Po Mass Violence and Resistance - Research Network (en) In: chronology-mass-killings-during-chinese-cultural-revolution-1966-1976.html. Abgerufen am 27. Dezember 2019.
  10. Zainab Khalid: Rise of the Veil: Islamic Modernity and the Hui Woman. SIT Graduate Institute - Study Abroad, 1. April 2011.
  11. 启之: 中华学人论文集——文化大革命50年(1-4): 学校和地方(三) (zh). Remembering Publishing, LLC, 26. November 2019, ISBN 978-1-951135-09-6.
  12. 文革反思回忆史料之八: 云南'文化大革命'运动大事纪实 (zh). Zhong wen chu ban wu fu wu zhong xin., 2007.
  13. Zhou Kang (周康): 骇人听闻的云南沙甸惨案. In: Yanhuang Chunqiu. Abgerufen am 7. Juli 2020 (chinesisch).
  14. 神秘档案﹕云南沙甸事件 逾千回民死亡文革武斗变成军事镇压. In: Sina Corporation. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  15. Wei Dedong (魏德东): 中国宗教30年 从“文革禁止”到“信仰自由”_佛教频道_凤凰网. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  16. Ma Hei (马黑): 父亲往事:沙甸事件. Abgerufen am 7. Juli 2020.
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