Schloss Ferrières
Das Schloss Ferrières in Ferrières-en-Brie wurde im 19. Jahrhundert zwischen 1855 und 1859 von Baron James de Rothschild als Familiensitz errichtet. Rothschild war einer der reichsten Franzosen seiner Zeit und galt als bedeutender Finanzmann. Neben dem Schloss Ferrières besaß er weitere Schlösser und Paläste, zum Beispiel das Château Lafite, ein Stadtpalais in Paris, das Schloss Boulogne und ein Stadthaus in der Rue Lafitte 19 in Paris. Ferrières war mit einem Preis von etwa 18 Millionen Francs die teuerste seiner Immobilien.
Geschichte
Das Gebiet der „Domäne Ferrières“ erstreckte sich zur Zeit des Baus auf über 3000 Hektar Wald und Weideland, das Baron James de Rothschild von Joseph Fouché erwarb und anschließend den englischen Architekten Joseph Paxton mit dem Bau des Schlosses beauftragte. Dies geschah nach einem Besuch seines Cousins Amschel Mayer de Rothschild in dem ebenfalls von Paxton und George Henry Stokes geplanten Mentmore Towers in Buckinghamshire. Der Bau stellte ein großes Projekt zur Würdigung des Familienvermögens dar und sollte ein ständiger Wohnsitz der Familie werden. Das Schloss hatte eine gute Lage in den Vororten von Paris.
Wie das Rothschild-Palais Nr. 15 in Frankfurt am Main, Mentmore Towers oder das Maison de Rothschild in Pregny-Chambésy ist der Bau Schloss Ferrières’ ein Beispiel für die weitere Entwicklung des Historismus im 19. Jahrhundert. Es werden Versatzstücke aus verschiedenen Stilepochen wie der italienischen Renaissance, des französischen Louis-quatorze und des Louis-seize verwendet und zu einer eklektizistischen Einheit addiert. Für den großen Garten war der englische Landschaftspark Vorbild.
Das Schloss ist 65 mal 65 Meter groß und besitzt Türme an den vier Ecken, die früher noch mit Kuppeln verziert waren. Sehr modern war bereits die Zentralheizung des Schlosses, die in den wichtigsten Zimmern vorhanden war. Auch hatten diese Zimmer Warm- und Kaltwasserzufuhr. Die Küche war in einem Gebäude untergebracht, das etwas abseits stand und per unterirdischer Eisenbahn mit dem Schloss verbunden war.
1870, anlässlich der Belagerung von Paris, wurde es das Hauptquartier des preußischen Königs, von Bismarck und Moltke. Hier traf am 19. und 20. September 1870 Jules Favre Otto von Bismarck und versuchte vergeblich, einen Friedensvertrag ohne die demütigende Übergabe von Paris zu erreichen. Um 1912 gehörte es Édouard Alphonse James de Rothschild.[1] Im Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss erneut von deutschen Truppen besetzt, diesmal auch geplündert. In der Folge stand es bis 1959 leer.
Die letzte Familie, der das Schloss Ferrières gehörte, waren Guy de Rothschild (1909–2007) und seine zweite Ehefrau Marie-Hélène van Zuylen van Nyevelt (1927–1996). Guy de Rothschild, der auf dem Familiensitz seine Kindheit verbrachte, beschreibt das Schloss, in dem er aufwuchs, ausführlich in seinen Memoiren. Als die Rothschilds beschlossen, es wieder zu eröffnen, übernahm Marie-Hélène die Renovierung des Schlosses und machte es zu einem Ort, an dem der europäische Adel mit Musikern, Künstlern, Modedesignern und Filmstars bei großen Soirées und rauschende Bälle zelebrierte, die zu den führenden Ereignissen der Pariser Gesellschaft zählten. Marie-Hélène veranstaltete regelmäßige Bälle und Partys im Schloss Ferrières. Am 12. Dezember 1972 veranstaltet sie den Surrealisten-Ball mit Salvador Dalí als Ehrengast.[2][3]
1975 wurde das Château de Ferrières von Guy und Marie-Hélène de Rothschild dem Kanzleramt der Pariser Universitäten geschenkt, doch sie behielten das Haus, das sie in den umliegenden Wäldern gebaut hatten. Guy de Rothschild zeigte sich aber in seinen 1983 erschienenen Memoiren enttäuscht, dass es in einen „traurigen, traumlosen Schlaf“ versunken sei. 2009 hieß es, angesichts der Fülle ihres durch Schenkungen und Legate zugewachsenen Immobilienvermögens, aber auch angesichts der hohen Erhaltungskosten und geringen Einnahmen, sei seitens der Universitätsverwaltung an die Veräußerung des unter Denkmalschutz stehenden Schlosses gedacht.[4]
Im Oktober 2015 wurde im Schloss eine private Hochschule für Hotel- und Gastronomiemanagement und Luxus ("Ferrières ecole de l'excellence à la Française pur Hôtellerie Gastronomie et Luxe") eröffnet. Die Leitung erfolgt von erfahrenen Fachkräften.[5][6]
Lage und Besuche
Das Schloss Ferrières en Brie liegt vor den Toren von Paris, in der Region Île-de-France und dem Département Seine-et-Marne, RER-Station: Bussy-Saint-Georges. Es kann im Untergeschoss vollständig besichtigt werden. Im Obergeschoss befinden sich meistens Ausstellungen. Auch können Räumlichkeiten zum Beispiel für Empfänge, Feste und Dreharbeiten gemietet werden.
Sonstiges
Schloss Ferrières diente als Drehort für Roman Polańskis Mystery-Thriller Die neun Pforten und einer Folge der Fernsehserie Relic Hunter – Die Schatzjägerin.
Literatur
- Guy de Rothschild: Geld ist nicht alles. Albrecht Knaus, Hamburg 1984, ISBN 3-8135-0309-7, besonders Kapitel 1.
Weblinks
- Offizielle Website des Schlosses (französisch, englisch)
- Schloss Ferrières. In: Structurae (französisch)
Einzelnachweise
- Einbruch bei Baron Rothschild, Vorarlberger Wacht vom 22. Februar 1912, S. 6
- Die wilden Partys im Hause Rothschild
- Lessons We Can Learn From The Rothschild Surrealist Ball
- Vincent Meylan: Point de Vue. Nr. 3151, Dezember 2009.
- Ferriéres-Paris (F): Neue Hochschule für Hospitality-Management & Luxus, abgerufen am 26. Dezember 2015
- Homepage der Ferrières’ School, abgerufen am 26. Dezember 2015.