Schlacht von Bir Hakeim
Die Schlacht von Bir Hakeim (gemäß italienischer Phonetik Bir Hacheim, arab. بئر حكيم) fand während des Zweiten Weltkriegs von 26. Mai bis 11. Juni 1942 in Libyen während des deutschen Afrikafeldzugs statt. Im Verlauf des Unternehmens Theseus hielt bei der Wüstenoase Bir Hakeim eine Brigade der Forces françaises libres den Vorstoß der deutschen Truppen über zwei Wochen lang auf.
Ausgangslage
Bir Hakeim war Teil des ausgedehnten Gürtels von Abwehrstellungen (sogenannte Boxen), den die Alliierten zur Abwehr eines gegnerischen Vorstoßes angelegt hatten. Jede dieser sogenannten Boxen der Gazala-Linie wurde von einer alliierten Brigade gesichert. Die Box der Freifranzosen war als südlichster Punkt der Linie um eine ausgetrocknete Oase und ein verlassenes Fort herum errichtet. Die französische Brigade bestand aus zwei Bataillonen der Fremdenlegion, und je einem Bataillon Marineinfanterie, Marinefüsiliere, zentralafrikanischer Kolonialinfanterie und pazifischer Kolonialinfanterie.
Am 26. Mai 1942 startete Generaloberst Erwin Rommel in der Kyrenaika das Unternehmen Theseus mit dem Ziel, Tobruk und El Alamein zu erobern. Zu Beginn der Offensive wurden die alliierten Truppen in der Mitte der Gazala-Linie geschlagen und zum Rückzug gezwungen. Nur die Boxen Bir Hakeim und Ualeb hielten dort noch stand. Die Schlacht ist nicht zu verwechseln mit der Schlacht um die Gazala-Linie (siehe Karte), sondern es handelt sich um die Schlacht um die Oase und das Wüstenfort Bir Hakeim.
Verlauf
Nachdem ein Angriff mit Stukas der Luftwaffe kläglich scheiterte, da die deutschen Flugzeuge ohne Jagdschutz unterwegs waren und der Kommandant Marie-Pierre Kœnig die angeforderten Hurricanes bekam, schien das als Handstreich geplante Unternehmen zu scheitern oder eine langwierige Angelegenheit zu werden.[4]
Um dennoch schnell vorstoßen zu können, ließ Rommel die Pionierbataillone 33, 200 und 900 durch die Minenfelder zwischen Ualeb und Bir Hacheim von Norden nach Süden angreifen. Am 8. Juni standen die Pioniere ca. 6 km vor Bir Hacheim. Rommel verstärkte die Kampftruppe unter dem Kommando von Oberst Hecker mit der Gebirgsjägerkompanie, der Panzerjägerkompanie und dem Aufklärungszug des Sonderverbandes 288, außerdem mit Teilen der Kampfstaffel Kiehl. Bis zum Abend focht sich die Kampftruppe bis auf 500 m an die Festung heran. In der Nacht gelang es, Maschinengewehrstellungen zu besetzen. Am 9. Juni wurde der Kampf fortgesetzt. Am Abend des 10. Juni war die Kampftruppe Hecker soweit in die Stellungen eingebrochen, dass die Alliierten versuchten auszubrechen.[5]
Im Schutze der Dunkelheit brachen in der Nacht zum 11. Juni die freifranzösischen Truppen aus dem Fort aus und kämpften sich unter Verlust von 500 Mann zu den britischen Linien durch. Diese Ausbruchsversuche endeten trotz hoher Verlusten für beide Seiten erfolgreich für die Franzosen.[6] Als die Deutschen am nächsten Morgen die Stellung einnahmen, gerieten 500 Verwundete in ihre Gefangenschaft. Darunter befanden sich viele Österreicher, die auf Seiten der französischen Legionäre gegen das Hitler-Regime kämpften. Hitler befahl, die ihm verhassten Frei-Österreicher, zu erschießen und nicht gefangen zunehmen. Rommel verweigerte sich jedoch dem Führerbefehl.
Folgen
Während der Kämpfe um Bir Hakeim konnten Teile der 8. Armee einen geordneten Rückzug durchführen. Durch die Umgehung der Gazala-Stellung mit den beweglichen Verbänden schnitt Rommel jedoch eine britische Infanteriedivision ab. Diese bekam aus Kairo den Befehl auszubrechen. Da der direkte Rückzugsweg abgeschnitten war, brach die Division nach Westen, durch die Linien der Achsenmächte aus. Dabei gerieten große Teile der Division in Gefangenschaft und fehlten so der britischen Verteidigung im Raum Tobruk. Tobruk wurde vom Deutschen Afrikakorps erobert. Damit ging ein wichtiger Nachschubhafen[7] für die Alliierten verloren. Erst bei El Alamein konnte Rommels Vorstoß zum Stehen gebracht werden.
Rolle in der Erinnerungskultur
Auch wenn die Schlacht letztlich nur eine Episode des Krieges in Nordafrika war, so gilt sie doch in Frankreich als Beginn der Wiederherstellung der militärischen Ehre des Landes nach der Niederlage von 1940. Sie wurde in der freifranzösischen Propaganda, aber auch in der deutschen stark herausgestellt und trug zum Entstehen des „gaullistischen Mythos“ bei.[8]
In Paris erinnern die Metro-Station „Bir-Hakeim“ und die Seine-Brücke Pont de Bir-Hakeim an die Schlacht. Auch das Musée de l’armée im Invalidendom würdigt die Schlacht durch eine Ausstellung. Eine Gruppe von Maquisards in den Cevennen führte bereits im Zweiten Weltkrieg den Namen Bir Hakeim.
Siehe auch
Literatur
- Raymond Cartier: Der Zweite Weltkrieg, München 1985, Band 1, S. 461 ff.
- Daniel Rondeau und Roger Stéphane: Des hommes libres – La France libre par ceux qui l’ont faite, Éditions Bernard Grasset, Paris, 1997, S. 243 ff.
- Félix de Grand'Combe: Bir-Hakeim, Presses Universitaires de France, 1945.
- Marie-Pierre Kœnig: Bir-Hakeim, Office français d'édition, 1945.
- Ders.: Bir Hakeim, 10 juin 1942, Éditions Robert Laffont, Paris 1971.
- Pierre Messmer: « La bataille de Bir Hakeim », Espoir, revue de la Fondation Charles de Gaulle, Paris, septembre 1986.
- Jacques Mordal: Bir-Hakeim, Éditions Amiot-Dumont, 1962.
- Raphaël Onana: Un homme blindé à Bir-Hakeim, récit d'un sous-officier Camerounais qui a fait la guerre de 1939–1945, Éditions L'Harmattan.
- Bernard Saint-Hillier: « La bataille de Bir-Hakeim », Revue de la France Libre, 1987.
- Erwan Bergot: La Légion au combat, Narvik, Bir-Hakeim, Dièn Bièn Phu, Presses de la Cité, 1975.
- Ders.: Bir-Hakeim, Presses de la Cité, 1989.
- François Broche: Bir Hakeim, La France renaissante, Éditions Italiques, 2003.
- Ders.: Bir Hakeim, mai-juin 1942, Perrin, 2008 (Rezension auf histobiblio.com).
- Jean-Louis Crémieux-Brilhac: La France Libre, Gallimard, Paris, 1996.
- Dominique Lormier: Rommel – La fin d’un mythe, Le Cherche midi, Paris, 2003.
- Susan Travers: Tant que dure le jour (deutsche Ausgabe: Eine Frau unter Männern, Ullstein Verlag 2003, ISBN 3-548-36381-4)
Weblinks
- Die Schlacht von Bir Hakeim auf der Seite Chemins de Mémoire des französischen Verteidigungsministeriums
Einzelnachweise
- Gazala 1942 Rommel's Greatest Victory Ken Ford, 2008
- Der Zweite Weltkrieg: Texte – Bilder – Karten – Dokumente – Chronik, Christian Zentner, München 1985, S. 313
- Edward L. Bimberg: Tricolor over the Sahara: The desert battles of the Free French, 1940–1942, Greenwood Publishing Group, 2002
- Paul Carell: Die Wüstenfüchse. Mit Rommel in Afrika. jüngste Auflage 2003. 1964.
- Paul Carell, Die Wüstenfüchse. Mit Rommel in Afrika. 1964, jüngste Auflage 2003.
- Matthias Waechter: Der Mythos des Gaullismus: Heldenkult, Geschichtspolitik und Ideologie 1940 bis 1958, Wallstein Verlag, 2006
- Paul Carell: Die Wüstenfüchse.
- Matthias Waechter: Der Mythos des Gaullismus. Heldenkult, Geschichtspolitik und Ideologie 1940–1958, S. 101ff, Göttingen, Wallstein-Verlag, 2006