Schlacht bei Ouessant (1778)
Die Seeschlacht bei Ouessant (fr. Bataille d’Ouessant, en. Battle of Ushant; in der deutschen Literatur wird der Ereignisort auch mit Quessant angegeben[2]) am 27. Juli 1778 war die erste Seeschlacht zwischen Großbritannien und Frankreich während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Sie endete ohne Entscheidung.
Vorgeschichte
Großbritannien befand sich seit 1775 im Krieg gegen die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung. Im Jahr 1778 hat Frankreich sich auf die Seiten der Amerikaner gestellt und es kam zum Krieg mit Großbritannien. In Frankreich beabsichtigte man eine Invasion Großbritanniens. Dazu musste allerdings die Kanalflotte entscheidend geschlagen werden.
Augustus Keppel, der zuvor als Whig und Mitglied des House of Commons Gegner des Kriegskurses der Regierung gewesen war, hat als Admiral das Kommando über die Kanalflotte erhalten. Von vornherein problematisch war, dass Hugh Palliser unter Keppel ein untergeordnetes Kommando erhalten hatte. Er gehörte zu den Lords der Admiralität und war Anhänger der Regierung.
Keppel hisste seine Flagge auf der Victory als seinem Flaggschiff. Als er bei der Flotte in Spithead ankam, war diese in einem schlechten Zustand. Nur wenige Schiffe waren einsatzbereit. Nach der offiziellen Kriegserklärung konnte die Zahl der einsatzfähigen Linienschiffe auf zwanzig erhöht werden. Mit diesen segelte er im Juni los und griff vor der französischen Küste zwei Fregatten an. Dies war die erste Kriegshandlung zwischen Frankreich und Großbritannien. Keppel kehrte nach England zurück, um seine Flotte zu verstärken, weil er erfahren hatte, dass in Brest zweiunddreißig französische Kriegsschiffe bereitlägen.
Mit einer Flotte von nunmehr dreißig Linienschiffen, sechs Fregatten, zwei Kuttern und zwei Brandern lief Keppel erneut aus und traf bei Ushant auf die französische Flotte unter Louis Guillouet, comte d’Orvilliers. Diese war am 8. Juli aus Brest ausgelaufen. Sie bestand aus 32 Linienschiffen und 16 Fregatten.
Nachdem sich die Flotten am 23. Juli erstmals in Sichtweite befanden, verhinderte ein orkanartiger Sturm für mehrere Tage eine Schlacht.
Verlauf
Erst am 27. Juli trafen beide Flotten etwa 130 Kilometer westlich der Insel Ushant wieder aufeinander. Das Wetter war günstig. Es herrschte ein starker Südwestwind. Die englische Vorhut griff die französische Nachhut an, versuchte die französische Linie zu durchbrechen, um die Nachhut von der Hauptmacht zu trennen. Dieser Versuch scheiterte nach einem etwa zweistündigen erbitterten Geschützkampf. Durch das Gefecht und andere Umstände war die britische Linie aufgelockert worden und Keppel konnte nur zwölf Schiffe einsetzen, um den Kampf zu erneuern. Ein Grund war auch, dass seine Signale teilweise nicht beachtet worden waren. Es kam erneut zu einem Artillerieduell.
Zeitweilig hoffte D’Orvilliers seinerseits die englische Nachhut von der Hauptmacht abschneiden zu können. Diese Chance konnte nicht genutzt werden, weil der Unterbefehlshaber der Louis-Philippe II. Joseph de Bourbon, duc d’Orléans einen Befehl nicht sofort befolgt hatte. Keppel versuchte die Gelegenheit zu nutzen, um seinerseits mit einer Übermacht die feindliche Nachhut anzugreifen. Dem konnte D’Orvillier mit einem Manöver zuvorkommen, weil die französischen Schiffe über bessere Segeleigenschaften verfügten und die Kampfschäden an Segeln und Takelage nicht so groß waren wie auf britischer Seite. Das Ausweichmanöver führte dazu, dass die Flotten sich voneinander entfernten. Bei Einbruch der Nacht wurde das Geschützfeuer eingestellt.
Folgen
Das Aufeinandertreffen der beiden Flotten hatte so gut wie keine militärischen Folgen. Keine der beiden Seiten konnte ein Schiff des Gegners erobern oder versenken. Beide Flotten kehrten in ihre Häfen zurück.
Franzosen und Engländer bezichtigten sich gegenseitig des Ausweichens. In Großbritannien löste die ergebnislose Schlacht eine heftige öffentliche Debatte über die Verantwortung dafür aus. Dabei konzentrierte sich die Auseinandersetzung auf Keppel und Hugh Palliser. Beide beschuldigten sich auch gegenseitig. Die Verhandlung des Kriegsgerichts gegen beide Kontrahenten wurde je nach Parteimeinung unterschiedlich betrachtet. Der Prozess gegen Keppel dauerte insgesamt fünf Wochen und wurde in der Öffentlichkeit breit diskutiert.[3] Insgesamt war aber die öffentliche Meinung und auch die der Marine eher auf Seiten von Keppel. Es kam sogar zu gewaltsamen Protesten in London. Beide Beschuldigten wurden freigesprochen, verloren aber ihre Posten. Kaum weniger kritisch wurde in Frankreich die Leistung d’Orvilliers beurteilt. Er wurde seines Kommandos enthoben und trat in ein Kloster ein.
Literatur
- Alfred Thayer Mahan: Der Einfluss der Seemacht auf die Geschichte Bd. 1 Berlin 1898, S. 334–338.
- L. von Henk: Die Kriegsführung auf See in ihren wichtigsten Epochen. Berlin 1884, S. 265–266.
- Russell Frank Weigley: The age of battles : the quest for decisive warfare from Breitenfeld to Waterloo. Bloomington 2004, S. 241–244.
- David Eggenberger: An encyclopedia of battles : accounts of over 1,560 battles from 1479 B.C. to the present. New York 1985, S. 454.
Einzelnachweise
- Hier wurde teilweise verwendet: Gaston Bodart: Militär-historisches Kriegs-Lexikon, (1618–1905). Wien 1908, S. 256.
- Friedrich Saalfeld: Allgemeine Geschichte der neuesten Zeit: Seit dem Anfange der franzoesischen Revolution. F.A. Brockhaus, 1. Januar 1823 (google.de [abgerufen am 30. September 2016]).
- zeitgenössisches Beispiel: The trial of the Honourable Augustus Keppel, Admiral of the Blue Squadron (…) Portsmouth, 1779 Digitalisat