Schiefer Schillerporling
Der Schiefe Schillerporling (Inonotus obliquus) ist eine Pilzart aus der Familie der Borstenscheibenverwandten (Hymenochaetaceae). Er ist unter dem Namen Chaga (oder Tschaga) als volksmedizinisches Mittel gegen Krebs bekannt.
Schiefer Schillerporling | ||||||||||||
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Fruchtkörper des Schiefen Schillerporlings | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Inonotus obliquus | ||||||||||||
(Ach. ex Persoon:Fr.) Pilát |
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Der Schiefe Schillerporling bildet flächig ausgebreitete (resupinate), 5–10 mm dicke Fruchtkörper aus, die bis zu einem halben oder sogar bis zu einem Meter lang sein können. Im frischen Zustand sind sie ledrig und verändern beim Austrocknen ihre Farbe (hygrophan), im trockenen Zustand sind sie brüchig. Die bis zu 7 mm langen Röhren sind einlagig und wachsen wie viele Porlinge in Richtung des Erdmittelpunkts (positiv gravitrop). Die Poren bzw. Röhrenmündungen sind anfangs blass-, honigbraun und silbrig schimmernd, werden aber bald sehr dunkel bis fast ganz schwarz. Sie sind 5–8 mm breit, rund und ausgefranst.[1][2]
Auffällig und viel häufiger zu finden sind die bis zu 40 cm breiten, schwarzen Knollen, die mehrere Jahre lang an Birkenstämmen wachsen ohne Konidien oder geschlechtliche Sporen zu bilden. Sie besitzen eine harte, rissige Oberfläche und sind innen zimtbraun mit weißen Flecken gefärbt.[1]
Mikroskopische Merkmale
Die Pilzfäden (Hyphen) bilden ein pseudodimitisches Hyphensystem. Die generativen Hyphen sind einfach septiert, durchsichtig (hyalin), regelmäßig verzweigt und messen 2,5–4 μm im Durchmesser. Die Pseudoskeletthyphen sind etwas dicker mit 3–8 μm im Durchmesser. Sie sind moderat dickwandig, geknickt verzweigt und goldgelb bis rotbraun gefärbt. Die Hyphenenden (Setae) messen 15–30 × 4,5–7 μm. Sie werden in der Fruchtschicht (Hymenium) gebildet, sind pfriemlich bis bauchig aufgeblasen (ventrikos) und stehen leicht aus der Fruchtschicht hervor oder sind von derselben umschlossen. Die kurz-keulenförmigen Sporenständer (Basidien) besitzen keine basale Schnalle und werden 15–20 × 7–10 μm groß.[2] Die elliptischen, glatten Basidiosporen messen 7,5–10 × 5–7,5 µm groß und haben eine goldgelbe Farbe. Sie lassen sich mit Baumwollblau anfärben (cyanophil) und zeigen unter der Zugabe vom Melzers Reagenz keine rote Farbreaktion (indextrinoid).[1][2]
Artabgrenzung
Die resupinaten Fruchtkörper können mit anderen dunkelporigen Arten der Familie der Borstenscheiblingsverwandten (Hymenochaetaceae) verwechselt werden. Der Vielgestaltige Schillerporling (Inonotus hastifer) wächst auf der Rinde des Substrates, während der Schiefe Schillerporling zunächst unter der Rinde erscheint und diese später aufbricht.[3] Die resupinaten Arten der Gattung Fuscoporia besitzen im Gegensatz zur Gattung Inonotus keine schimmernden Reflexe beim Neigen der Poren.
Die schwarzen Knollen an Birken können mit Verwachsungen des Baumes verwechselt werden.
Ökologie und Phänologie
Der Schiefe Schillerporling ist ein parasitischer Holzbewohner und verursacht in Laubbäumen, vor allem auf verschiedenen Birken, eine massive Weißfäule.[2] Die Art kommt vor allem in Bergwäldern im südlichen Verbreitungsgebiet bis in subarktische Regionen vor. Die Wirtsarten der Birken sind vor allem Sand-Birke, Betula platyphlla, Betula davurica, Betula ermani und Koreanische Birke. Neben Birken besiedelt der Pilz auch Erlen, Buchen und Eichen. Die Chaga-Knollen werden allerdings nur auf Birken und Erlen gebildet.[4]
Der Düsterkäfer Orchesia cultriformis ernährt sich von Hyphen des Schiefen Schillerporlings.[5]
Verbreitung
Der Schiefe Schillerporling hat eine zirkumboreale Verbreitung und kommt in Russland, Skandinavien Mittel- und Osteuropa, Nordeuropa, Japan, Korea und Zentralasien (Kasachstan) vor. In West- und Südeuropa ist er seltener.[4]
Bedeutung
Vitalpilz
Die schwarzen Knollen des Schiefen Schillerporlings werden bereits seit dem 15. Jahrhundert in der russischen Volksmedizin gegen Krebs verwendet. Sie sind unter dem Namen Chaga (Tschaga) bekannt.[6][1] Mehrere Berichte über seine Nutzung gegen Krebs in Form von Tee gibt es aus verschiedenen Gebieten, so aus dem Rajon Olonez in der Republik Karelien, aus Sibirien, dem Baltikum und aus Finnland.[6] Labor- und Tierversuche haben die krebshemmende Wirkung bestätigt, allerdings stehen klinische Studien noch aus. Außerdem stimulieren Extrakte aus den Knollen das Immunsystem, wirken entzündungshemmend und schützen die Leber[7] und die Bauchspeicheldrüse.[8] Die Knollen wurden stets als Heißwasser-Extrakt getrunken.
Inhaltsstoffe
Der Schiefe Schillerporling besitzt über 200 aktive biologische Substanzen, darunter Melanine.[8][9] Als Inhaltsstoffe wurden verschiedene Polyphenole und besonders sauerstoffhaltige Triterpene identifiziert.[10] Als entzündungshemmende Substanzen wurden verschiedene Polysaccharide identifiziert (Inonotus obliquus polysaccharide (IOP)).[11][8]
Systematik
Der schiefe Schillerporling wurde erstmals 1801 von Christian Hendrik Persoon als Boletus obliquus beschrieben. Erik Acharius hatte den Namen zwar vorher schon verwendet, aber die Erstbeschreibung erfolgte durch Persoon. 1821 stellte ihn Elias Magnus Fries als sanktionierender Autor in die Gattung Polyporus. Albert Pilát legte schließlich 1942 den heute gültigen Namen fest.[12]
Einzelnachweise
- Svengunnar Ryman, Ingmar Holmåsen: Pilze. Über 1.500 Pilzarten ausführlich beschrieben und in natürlicher Umgebung fotografiert. Bernhard Thalacker, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1, S. 191.
- Mikhail E. Balandaykin, Ivan V. Zmitrovich: Review on Chaga Medicinal Mushroom, Inonotus obliquus (Higher Basidiomycetes): Realm of Medicinal Applications and Approaches on Estimating its Resource Potential. In: International Journal of Medicinal Mushrooms. Band 17, Nr. 2, 2015, S. 95–104, doi:10.1615/IntJMedMushrooms.v17.i2.10 (Online).
- German Josef Krieglsteiner (Hrsg.): Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil. Ständerpilze: Gallert-, Rinden-, Stachel- und Porenpilze. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3528-0, S. 431.
- Min-Woong Lee, Hyeon Hur, Kwang-Choon Chang, Tae-Soo Lee, Kang-Hyeon Ka, L. Jankovsky: Introduction to Distribution and Ecology of Sterile Conks of Inonotus obliquus. In: Mycobiology. Band 36, Nr. 4, 2008, S. 199–202, doi:10.4489/MYCO.2008.36.4.199, PMC 3755195 (freier Volltext).
- Britt A. Bunyard: First Record of Insect Mycophagy of the Commercially-Important “Chaga” Fungus Inonotus obliquus (Ach. Ex Pers.) Pilát (Hymenochaetales: Hymenochaetaceae) in North America. In: Proceedings of the Entomological Society of Washington. Band 117, Nr. 4, 2015, S. 452–457, doi:10.4289/0013-8797.117.4.452.
- David Norman Pegler: Useful Fungi of the World: Amadou and Chaga. In: Mycologist. Band 15, Nr. 4, 2001, S. 153–154, doi:10.1016/S0269-915X(01)80004-5.
- Chaga Mushroom. Memorial Sloan Kettering Cancer Center, abgerufen am 18. September 2016.
- Yang Hu, Yi Sheng, Min Yu, Koukou Li, Guangming Ren, Xiuhong Xu, Juanjuan Qu: Antioxidant activity of Inonotus obliquus polysaccharide and its amelioration for chronic pancreatitis in mice. In: International Journal of Biological Macromolecules. Band 87, 2016, S. 348–356, doi:10.1016/j.ijbiomac.2016.03.006 (Online).
- Jung-Han Lee, Chang-Kee Hyun: Insulin-Sensitizing and Beneficial Lipid-Metabolic Effects of the Water-Soluble Melanin Complex Extracted from Inonotus obliquus. In: Phytotherapy Research. Band 28, Nr. 9, 2014, ISSN 1099-1573, S. 1320–1328, doi:10.1002/ptr.5131 (wiley.com [abgerufen am 14. November 2020]).
- Fenqin Zhao, Guiyang Xia, Lixia Chen, Junli Zhao, Zhanfang Xie, Feng Qiu, Guang Han: Chemical constituents from Inonotus obliquus and their antitumor activities. In: Journal of Natural Medicines. Band 70, Nr. 4, 2016, S. 721–730, doi:10.1007/s11418-016-1002-4.
- Yana Song, Jing Hui, Wei Kou, Ru Xin, Fei Jia, Ning Wang, Fengqing Hu, Huili Zhang, Hongsheng Liu: Identification of Inonotus obliquus and Analysis of Antioxidation and Antitumor Activities of Polysaccharides. In: Current Microbiology. Band 57, 2008, S. 454, doi:10.1007/s00284-008-9233-6.
- Mycobank: Inonotus obliquus. Abgerufen am 18. September 2016.
Weblinks
- Alf Pallin: Sprängticka Inonotus obliquus. Liknar ingen annan svamp. Universität Umeå. Institut für Ökologie, Umwelt und Geowissenschaften, abgerufen am 5. Oktober 2016.
- Enrico "Enno" und andere Autoren: Inonotus obliquus die Teleomorphe!? In: pilzforum.eu. 21. Februar 2015, abgerufen am 5. Oktober 2016 (Forumsdiskussion mit Fotos der seltenen Hauptfruchtform).
- Inonotus obliquus Immunstimulierende Wirkung durch Polysaccharide Mol. Cells 31, 165-173 -2011-02-18