Schahrbaraz
Farruchan († 630), besser bekannt unter seinem Beinamen Schahrbaraz (mittelpersisch 𐭱𐭲𐭫𐭥𐭫𐭠𐭰 štlwlʾc Shahrwarāz (Inschriftliche Pahlavi),[1] altgriechisch Σαρβάρος, lateinisch Sarbarus), was etwa so viel bedeutet wie „der königliche Eber“ [„Eber des Reiches“],[2] war ein persischer General (Spahbod) und Usurpator im 7. Jahrhundert.
Er kämpfte im 603 ausgebrochenen großen römisch-persischen Krieg für den Sassanidenkönig Chosrau II. erfolgreich gegen die Oströmer und eroberte 613 Damaskus sowie 614 Jerusalem, wo zahlreiche Christen getötet wurden und mehrere Kirchen der Stadt, wie die Grabeskirche, die Basilika Hagia Sion und die Kirche St. Maria an der Stelle der späteren al-Aqsa-Moschee, zerstört wurden (siehe auch Eroberung von Jerusalem (614)). Schließlich führte er das angebliche „Heilige Kreuz“ nach Persien fort, was eine deutliche Schockwirkung bei den Christen hinterließ.[3] Für seine aggressive Art der Kriegsführung verlieh Chosrau ihm den besagten Beinamen.[4]
Im Krieg gegen Kaiser Herakleios unterlag er diesem zunächst 622 (oder 623, wahrscheinlich in Kappadokien). 625 gelang es Herakleios wieder, sich dem Zugriff Schahrbaraz und des Generals Schahin, eines Rivalen Schahrbaraz’, zu entziehen. Schahrbaraz stand aber 626 mit einem großen Heer in Chalkedon am Bosporus, während die Awaren Konstantinopel belagerten, was jedoch misslang, da die Römer eine Vereinigung von Persern und Awaren verhindern konnten. In den folgenden beiden Jahren hielt sich Schahrbaraz, nicht zuletzt aufgrund der jähzornigen Beschuldigungen Chosraus, offenbar weitgehend aus dem Krieg heraus.
Nach dem Sturz Chosraus und dem Friedensschluss mit Ostrom mussten die Perser die besetzten Gebiete räumen, doch zog sich dieser Vorgang offenbar in die Länge. Im Juli 629 verständigte sich Schahrbaraz jedoch mit Kaiser Herakleios und sie gingen einen Pakt ein.[5] 630 tötete Schahrbaraz König Ardaschir III. und machte sich selbst zum Großkönig. Er fand jedoch keinen Rückhalt im Reich, da er nicht dem Herrscherhaus der Sassaniden angehörte und wurde nach nur kurzer Herrschaft (April bis Juni 630) ermordet.[6] Während seiner kurzen Herrschaft wütete zu allem Übel auch die Pest in Ktesiphon.
Nach mehreren Quellen hatte er zuvor irgendwann den christlichen Glauben angenommen; in diesem Fall wäre er der erste und einzige persische Großkönig gewesen, der kein Zoroastrier war. Sein Sohn mit dem griechischen Namen Niketas war jedenfalls sicher getauft und diente nach der Ermordung seines Vaters einige Zeit im oströmischen Militär, bevor er sich nach der verlorenen Schlacht am Jarmuk, in der er Teile der kaiserlichen Truppen kommandierte, nach Emesa zurückzog und schließlich von den siegreichen Arabern hingerichtet wurde.
Literatur
- Walter Kaegi, Paul M. Cobb: Heraclius, Shahrbaraz, and al-Tabari. In: Hugh Kennedy (Hrsg.): Al-Tabari. A Medieval Muslim Historian and His Work. The Darwin Press, Princeton 2008, S. 95–112.
- John Martindale: The Prosopography of the Later Roman Empire IIIb. Cambridge 1992, S. 1141–1144.
- Klaus Schippmann: Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches. Darmstadt 1990.
Anmerkungen
- Rika Gyselen: Lorsque l'archéologie rencontre la tradition littéraire. Les titres des chefs d'armée de l'Iran sassanide. In: Comptes rendus des séances de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres. 145, Nr. 1, 2001, S. 447–459. doi:10.3406/crai.2001.16274.
- Siehe Ferdinand Justi: Iranisches Namenbuch. Marburg 1895, S. 277f.
- Zum Perserkrieg vgl. Walter E. Kaegi: Heraclius. Cambridge 2003; zu den Feldzügen Schahrbaraz' siehe ebd., S. 77ff.
- Vgl. die Ausführungen in der anonymen westsyrischen Chronik von 1234; engl. Übersetzung in: Andrew Palmer/Sebastian P. Brock/Robert G. Hoyland: The Seventh Century in the West Syrian Chronicles. Translated Texts for Historians. Liverpool University Press, Liverpool 1993, S. 121f.
- Walter E. Kaegi: Heraclius. Cambridge 2003, S. 187f.
- Vgl. dazu auch die Ausführungen in der Universalgeschichte des Tabari: Theodor Nöldeke: Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aus der arabischen Chronik des Tabari. Übersetzt und mit ausführlichen Erläuterungen und Ergänzungen versehen. Leiden 1879, S. 388ff.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Ardaschir III. | König des neupersischen Reichs 630 | Boran |