Schülerunion
Die Schülerunion ist eine österreichische Schülerorganisation. Sie steht dem Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV) und der ÖVP nahe und ist als gemeinnütziger Verein eingetragen. Erklärtes Ziel ist es, die Bedingungen an Schulen zu verbessern. An der Spitze der Bundesorganisation steht seit August 2021 Bundesobfrau Carina Reithmaier. Zu ihren Vorgängern zählen unter anderem die ÖVP-Politiker Othmar Karas und Silvia Grünberger.
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Basisdaten | |
Gründungsdatum: | 29. September 1973, Wien als UHS; seit 1994 Schülerunion |
Bundesobmann/-frau: | Carina Reithmaier |
Säulen: | Aktion, Service, Vertretung |
Claim: | Weil Schule mehr kann! |
Gliederung: | Die Bundesorganisation, Landesorganisationen in allen Bundesländern, darüber hinaus Regionalgruppen in Bezirken |
LSV-Mandate: | 130/159 |
BSV-Mandate: | 22/29 |
Geschichte
Die Schülerunion wurde am 29. September 1973 auf Bestreben der Jungen ÖVP und des Mittelschüler-Kartell-Verbands als Union Höherer Schüler (UHS) gegründet. 1994 benannte sich die Organisation in Schülerunion um, weil sie sich gegenüber mittleren Schulen und Berufsschulen öffnen wollte. Dafür gab es eine knappe Zwei-Drittel-Mehrheit, die oberösterreichische Landesorganisation machte diesen Schritt jedoch nicht mit und nennt sich bis heute Union Höherer Schüler.[1]
2017 warf ein Antisemitismusskandal schlechtes Licht auf die Schülerorganisation. Ein Funktionär der Schülerunion soll in einer Chatgruppe mit Funktionären anderer ÖVP-nahen Organisationen antisemitische Bilder und Memes verschickt und geteilt haben.[2]
Im Jahr darauf berichtete ein ehemaliges Mitglied der Schülerunion über eine Sexpunkteliste, bei der Schüler und Schülervertreter mit Punkten bewertet werden, die fürs "Schmusen oder Pempan" verteilt werden. Nach Bekanntwerden der Punkteliste wurde diese von dem damaligen Bundesobmann und der damaligen Bundesgeschäftsführerin als "Dummheit", die ehemalige Funktionäre ins Leben gerufen hätten, betitelt. Ebenso seien solche Bewertungen "unangebracht" und es werde "in den letzten paar Jahren" aktiv und massiv dagegengearbeitet. Außerdem erklärte die Schülerunion, dass die Organisation das Punktesystem nicht toleriere und dieses zum Zeitpunkt der aktiven Kenntnisnahme sofort unterbunden habe. Das sei auch so weiterkommuniziert worden.[3]
Auch die in Oberösterreich fungierende Landesorganisation der Schülerunion – die dort noch als Union höherer Schüler auftritt – musste 2019 mit einem Skandal umgehen. Nach dem Austritt der damals noch amtierenden BMHS Landesschulsprecherin folgten von ihr Berichte über Erniedrigungen und Ritalin-Missbrauch auf internen Klausuren. Der damalige Landesobmann der Union Höherer Schulen dementierte diese Vorwürfe und bezeichnete sie als "eindeutiges wahltaktisches Manöver", vermutlich da der amtierenden BMHS-Schulsprecherin zuvor von einer erneuten Kandidatur für die Landesschülervertretung, als Kandidatin der Union Höherer Schulen, abgeraten worden war.[4]
Struktur
Die Schülerunion wird vom Bundesvorstand geleitet, welcher einmal jährlich auf dem Bundestag gewählt wird. Unter der Bundesorganisation sind die neun Landesorganisationen strukturiert, unter welchen wiederum Regional-, Bezirks- oder Aktionsgruppen stehen.
Die Parteinähe der Schülerunion zur ÖVP ist umstritten. Strukturell ist die Schülerunion als eigener Verein von der ÖVP unabhängig, sie wurde jedoch von dieser 1995 bis 1997 finanziert.[5] Der ehemalige ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger nannte die Mitglieder der Schülerunion ÖVP-Schülervertreter.[6]
Die Schülerunion war bis 2004 Mitglied im europäischen Schülerdachverband OBESSU.[7]
Positionen
Die Schülerunion sieht ihren Aufgaben- und Kompetenzbereich nach eigenen Angaben ausschließlich im schulpolitischen Sektor und baut auf drei Säulen: Aktion, Service und Vertretung.
Vertretung: Die Schülerunion fühlt sich nach eigenen Angaben als gemeinnütziger Verein nur den Interessen der Schüler verpflichtet und sieht sich als Vertreter ihrer Rechte und Interessen. Durch Sitze in den gewählten Schülervertretungen (LSV, BSV) hat sie direkte Anhörungsrechte in Landes- und Stadtschulräten sowie im Ministerium.
Aktion: Durch verschiedene Aktionen und Kampagnen versucht die Schülerunion laut eigener Aussage gezielt die Schüler sowie die verantwortlichen und zuständigen Gremien zu erreichen und Missstände und Fehler an Schulen und an der Schulpolitik aufzuzeigen und zu bekämpfen.
Service: Die Schülerunion stellt nach eigenen Angaben allen Schülern Österreichs diverse Serviceleistungen zur Verfügung. Diese Leistungen reichen von einem sogenannten Schulrechtsnotruf bis hin zu Aktionstagen für Rhetorik, Kommunikation und weiteren Themen. Außerdem stehen diverse Seminare zur Auswahl, wobei der einmal jährlich stattfindende Schülerkongress das Größte ist.
Inhaltlich fordert die Schülerunion eine Stärkung der Schulautonomie und der Schulpartnerschaft und somit der Mitbestimmung der Schüler. Darüber hinaus spricht sie sich für die flächendeckende Einführung des Unterrichtsfaches Politische Bildung und eine sogenannte gläserne Note aus. Im Grundprinzip der Schülerunion steht die Schülerin oder der Schüler im Mittelpunkt.
Die Schülerunion tritt gegen die Gesamtschule und für eine freiwillige Ganztagsschule ein, fordert allerdings einen Ausbau der freiwilligen Nachmittagsbetreuung.
Bundesobmänner/-frauen und Bundesgeschäftsführer/innen
Jahr | Bundesobmann/-frau | Bundesgeschäftsführer/in |
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1973/74 | Christian Raming (KTN) | |
1974/75 | Christian Raming (KTN) | |
1975/76 | Dr. Günther Ofner (BGLD) | |
1976/77 | Othmar Karas (NÖ) | Johannes Hahn |
1977/78 | Othmar Karas (NÖ) | |
1978/79 | Othmar Karas (NÖ) | Peter Prantl |
1980/81 | Karl Schwabe (KTN) | |
1981/82 | Werner Suppan (KTN) | |
1982/83 | Werner Suppan (KTN) | |
1983/84 | Thomas Uher (W) | |
1984/85 | Thomas Uher (W) | |
1985/86 | Ralf Böckle (VBG) | |
1986/87 | Ralf Böckle (VBG) | |
1987/88 | Klaus Schöffmann (KTN) | |
1988/89 | Klaus Schöffmann (KTN) | |
1989/90 | Roman Kunyik (W) | |
1990/91 | Roman Kunyik (W) | |
1991/92 | Romy Seidl (SBG) | |
1992/93 | Feri Thierry (W) | |
1993/94 | Feri Thierry (W) | Nina Slana |
1994/95 | Alexander Rösch (VBG) | Dietrich Haubenberger |
1995/96 | Andreas Piewald (NÖ) | Frank Breuss |
1996/97 | GR a.D. Christian Tesch, Vbgm von Rauris (NÖ) | Severin Wilscher |
1997/98 | Roman Heidinger (W) | |
1998/99 | Lukas Mandl (W) | Matthias Dietrich |
1999/00 | Silvia Fuhrmann (BGLD) /Stefan Friedrich | |
2000/01 | Michael Kurt Höfler (NÖ) | Bernadett Thaler (Humer) (NÖ) |
2001/02 | Eva Gollubits (BGLD) / Rita Sommersguter | |
2002/03 | Marc Vecsey (W) | Cornelia Daniel |
2003/04 | Gregor Schütze (OÖ) | Bernhard Adamec (NÖ) |
2004/05 | Jürgen Stöttinger (OÖ) | Astrid Maier |
2005/06 | Stephan Steinhofer (BGLD) | Thomas Steinkellner (KTN) |
2006/07 | Markus Krempl (NÖ) | Veronika Pemmer (NÖ) |
2007/08 | Martina Kaufmann (STMK) | Sandra Spörk (W) |
2008/09 | Matthias Hansy (NÖ) | Georg Traxlmayr (NÖ) |
2009/10 | Oliver Möllner (W) | Clara Pitzinger (NÖ) |
2010/11 | Oliver Möllner (W) | Isabell Bitschnau (VBG) |
2011/12 | Jim Lefebre (STMK) | Lukas Holter (OÖ) |
2012/13 | Daniel Perschy (W) | Vera Regensburger (T) |
2013/14 | Thomas Gaar (STMK) | Martina Tiwald (KTN) |
2014/15 | Felix Wagner (NÖ) | Julia Trinko (BGLD) |
2015/16 | Philipp Kappler (KTN) | Astrid Wallinger (SBG) |
2016/17 | Michaela Oppitz (OÖ) | Sebastian Lembacher (NÖ) |
2017/18 | Sebastian Ratz (VBG) | Lena Milacher (SBG) |
2018/19 | Tobias Hofstätter (W) | Ondrej Hanák (Stmk) |
2019/20 | Sebastian Stark (NÖ) | Julia Wechselberger (T) |
2020/21 | Anthony Grünsteidl (NÖ) | Jana Oberndorfer (OÖ) |
2021/22 | Carina Reithmaier (W) | Sarah Drexler (STMK) |
Länderorganisationen
Bundesland | Name (Abkürzung) | Landesobmann-/obfrau | Landesgeschäftsführer-/in | Landesgeschäftssekretär-/in |
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Burgenland | Schülerunion Burgenland (SUBU) | Elisa Ergasti | Martina Fúseková | Adelina Kosykh |
Kärnten | Schülerunion Kärnten (SUKTN) | Johanna Lassing | Marcel Gamper | Denise Pickelsberger |
Niederösterreich | Schülerunion Niederösterreich (SUNOE) | Lukas Ertl | Zehra Ceylan | |
Oberösterreich | Union Höherer Schüler (UHS) | Julian Angerer | Hannah Schöberl | |
Salzburg | Schülerunion Salzburg (SASU) | Lena Huber | Elisabeth Feik | Frederik von Maldeghem |
Steiermark | Schülerunion Steiermark (SUSTMK) | Johann Hubmann | Fabian Zink | |
Tirol | Schülerunion Tirol (TISU) | David Herzleier | Lukas Posch | Bastian Fettinger |
Vorarlberg | Schülerunion Vorarlberg (SUVO) | Noel Konjo | Niklas Mischi | Felix Hofer |
Wien | Schülerunion Wien (WSU) | Manuel Kräuter | Benedikt Wolf | Sevgi Dogan |
Schülervertretung und Schulpolitik
Die Schülerunion tritt regelmäßig bei den Wahlen zu den Landesschülervertretungen (LSV) sowie zur Bundesschülervertretung (BSV) an. Größter Konkurrent dabei ist die linke Schülerorganisation Aktion Kritischer Schülerinnen und Schüler (AKS). Im Schuljahr 2007/08 stellte die Schülerunion mit Martin Schneider den österreichischen Bundesschulsprecher[8] und hatte die Mehrheit mit 20 von 29 BSV-Mandaten inne. Bei den Schülervertreterwahlen im Juni/Juli 2008 verteidigte sie diese Mehrheit, neuer Bundesschulsprecher wurde Nico Marchetti.[9] Ein Jahr später konnte sie ihren Vorsprung noch ausbauen und hielt nunmehr 23 von 29 Mandaten in der Bundesschülervertretung,[10] die am 27. September 2009 die Wiener Landesschulsprecherin im AHS-Bereich Pia Bauer zur neuen Bundesschulsprecherin wählte.[11]
Bei den Wahlen im Juli 2010 erreichte die Schülerunion erneut die Mehrheit in der Bundesschülervertretung. Am 19. September 2010 wurde der AHS-Landesschulsprecher Burgenland Philipp Pinter von der Schülerunion mit 21 Stimmen bei 29 Wahlberechtigten zum Bundesschulsprecher gewählt.[12] Für das Schuljahr 2011/12 konnte sie noch einmal 23 der 29 Sitze in der Bundesschülervertretung für sich gewinnen. Diese wählte am 25. September 2011 die Wiener BMHS-Landesschulsprecherin Conny Kolmann mit 20:5 Stimmen zur Bundesschulsprecherin. Sie engagierte sich besonders für die Verschiebung der Zentralmatura, welche im Juni 2012 von Bildungsministerin Claudia Schmied bekannt gegeben wurde. Im Schuljahr 2012/13 stellte die Schülerunion mit 27 von 29 Mandaten wieder die große Mehrheit in der Bundesschülervertretung, Felix Wagner aus Niederösterreich wurde neuer Bundesschulsprecher. Nach den Schülervertretungswahlen im Juni/Juli 2013 gewann sie in ganz Österreich 149 von 156 Sitzen in den neun Landesschülervertretungen und hielt erstmals 28 von 29 möglichen Mandaten in der Bundesschülervertretung.[13] Im Jahre 2018 verlor die Schülerunion einige dieser Mandate wieder und stellte 129 von 156 Personen in den Landesschülervertretungen, 22 von 29 in der Bundesschülervertretung und mit Timo Steyer zum 14. Mal in Folge den Bundesschulsprecher.[14] 2019 konnte sie ihr Ergebnis auf 140 von 159 möglichen Mandaten in den Landesschülervertretungen sowie 25 von 29 in der Bundesschülervertretung verbessern. Bei den Wahlen 2020 verlor sie jeweils Mandate, behielt mit 130 von 159 in den Landesschülervertretungen und 22 von 29 in der Bundesschülervertretung jedoch weiterhin jeweils die klare Mehrheit in beiden Gremien.[15] Damit stellt die Schülerunion mit Alexandra Bosek auch im Schuljahr 2020/21 die Bundesschulsprecherin, zum mittlerweile 16. Mal in Folge.[16]
Sonstiges
Einige ehemalige Mitglieder der Schülerunion sind auch nach ihrer Schulzeit politisch engagiert geblieben, wie etwa Othmar Karas, Lukas Mandl, Nico Marchetti, Silvia Grünberger, Philipp Maderthaner (Kampagnenmanager und Berater von Sebastian Kurz),[17] Reinhold Lopatka, Christopher Drexler (alle ÖVP) sowie der Grazer Gemeinderat Stefan Schneider (zuerst ÖVP, jetzt Grüne)[18] und der langjährige NEOS-Vorsitzender und Gründer Matthias Strolz.
Einzelnachweise
- Geschichte der Schülerunion
- AG Leaks: Immer mehr Spuren Richtung ÖVP. 13. Mai 2017, abgerufen am 15. August 2021.
- Punktesammeln für Sex mit Funktionären bei Schülerunion. Abgerufen am 15. August 2021 (österreichisches Deutsch).
- ORF at/Agenturen red: Kritik an Schulungen der ÖVP-nahen Schülerunion. 26. Juni 2019, abgerufen am 15. August 2021.
- Sonderbericht des Rechnungshofes: Finanzierung der politischen Parteien und parlamentarischen Klubs (Memento vom 26. April 2012 im Internet Archive). Rechnungshof, Wien 2000, S. 9 (PDF; 132 kB).
- ÖVP Bundespartei, Abteilung Presse und Medien: Kaltenegger gratuliert der Österreichischen Schülerunion zum Wahlsieg. Austria Presse Agentur, 25. Juni 2009, abgerufen am 29. Juni 2009.
- Andreas Kastner: Die Österreichische BundesschülerInnenvertretung aus der Sicht der Verbändeforschung. Diplomarbeit, Universität Wien 2011, S. 35, Digitalisat online auf univie.ac.at (PDF; 760 kB).
- Neuwahl: Bundesschulsprecher aus Niederösterreich. In: Die Presse. 16. September 2007, abgerufen am 27. August 2019.
- Nico Marchetti von der Schülerunion neuer Bundesschulsprecher. In: derstandard.at. 14. September 2008, abgerufen am 27. August 2019.
- Schülerunion-Mehrheit bei Schülervertretungswahlen. In: kleinezeitung.at. 10. Juni 2009, archiviert vom Original; abgerufen am 28. August 2009.
- ÖVP-nahe Pia Bauer wird Bundesschulsprecherin. In: derstandard.at. 27. September 2009, archiviert vom Original; abgerufen am 5. Oktober 2009.
- Burgenländer ist neuer Bundesschulsprecher. In: orf.at. 19. September 2010, abgerufen am 27. August 2019.
- Schülerunion: Schülerunion stellt erneut Bundesschulsprecherin. (Memento vom 28. September 2011 im Internet Archive) 25. September 2011.
- Timo Steyer ist neuer Bundesschulsprecher. 23. September 2018, abgerufen am 31. Januar 2019.
- Resumee LSV-Wahlen 2019: Schülerunion baut Mandate weiter aus. In: ots.at. 5. Juli 2019, abgerufen am 6. Juli 2019.
- Schuljahr 2020/21: Alexandra Bosek zur neuen Bundesschulsprecherin gewählt. In: noen.at. 25. September 2020, abgerufen am 25. September 2020.
- Judith E. Innerhofer: Wahlkampf in Österreich: „Er ist ein totaler Charmeur“. In: zeit.de. 18. Dezember 2017, abgerufen am 26. Juni 2018.
- GR Stefan Schneider (Memento vom 12. Oktober 2008 im Internet Archive). In: graz.at.