Sachkundenachweis (Hunde)
Der Sachkundenachweis für Hundehalter ist ein Befähigungsnachweis, mit dem grundlegende theoretische Kenntnisse über Hunde und ihre Haltung belegt werden. Verschiedene Sachkundenachweise können sich in Inhalt, Umfang und anschließender Geltung unterscheiden. Die Prüfung wird von anerkannten Sachverständigen, Tierärzten oder Hundetrainern abgenommen.
Ein Sachkundenachweis kann – je nach Hundegesetz – Voraussetzung für die Erlaubnis zur Hundehaltung oder zum Halten bestimmter Rassen sein.
Deutschland
Abgrenzung
In Deutschland gibt es verschiedene Sachkundenachweise für Hundehalter, die jeweils für verschiedene Zwecke Gültigkeit haben. Für gesetzlich geforderte Sachkundenachweise sind die Rahmenbedingungen in den jeweiligen Hundegesetzen festgelegt. Weitere Sachkundenachweise haben jeweils Bedeutung innerhalb der Organisationsstrukturen (etwa Hundesportvereine), die diese vergeben. Einige können von den verantwortlichen Behörden als Ersatz für den gesetzlich geforderten Sachkundenachweis anerkannt werden.
Behördliche Sachkundenachweise im Sinne der Hundegesetze
Es gibt keine bundeseinheitliche Regelung zu Sachkundenachweisen für Hundehalter. In den jeweiligen Landesgesetzen und -verordnungen sind Nachweise für Halter von „Listenhunden“ oder alle Hundehalter vorgeschrieben, die sich jedoch voneinander unterscheiden sowohl im Inhalt als auch in den sich daraus ergebenden Rechten und Konsequenzen für Hundehalter und Hund.[1]
In Nordrhein-Westfalen sind im Landeshundegesetz verschiedene Sachkundenachweise verankert.[2] Sachkundenachweise für das Halten Gefährlicher Hunde sind gemäß § 6 beim Amtstierarzt abzulegen. Für das Halten von Hunden der darüber hinausgehenden Rasseliste kann die Sachkundebescheinigung auch von anerkannten Sachverständigen erteilt werden (§ 10). Der Sachkundefragenkatalog muss mindestens 100 Fragen beinhalten, von denen dem Hundehalter mindestens 30 Fragen gestellt werden, wobei er mindestens 2/3 der Punkte erreichen muss, um die Prüfung zu bestehen.[3] Für das Halten großer Hunde ist nach § 11 ebenfalls ein Sachkundenachweis nötig. Dieser kann auch von autorisierten Tierärzten erteilt werden. Zur Prüfung wird dann ein Fragenkatalog verwendet, der insgesamt 80 Fragen umfasst.[4]
In Berlin etwa müssen Halter so genannter „gefährlicher Hunde“ oder eines auffällig gewordenen Hundes mindestens 11 von 15 Sachkundefragen (70 %) richtig beantworten, um die Prüfung zu bestehen.
In Niedersachsen ist seit 1. Juli 2013 ein Sachkundenachweis für alle Hundehalter erforderlich. Das ist im Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) geregelt, das in einer novellierten Fassung am 1. Juli 2011 in Kraft getreten ist. Bis zum 1. Juli 2013 galten Übergangsvorschriften.[5]
Nichtbehördliche Sachkundenachweise
Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) verlangt für die Teilnahme an seinen Hundesportprüfungen einen Sachkundenachweis für Hundesportprüfungen. Diese fünfgliedrige Prüfung bildet gleichzeitig den Theorieteil der VDH-Begleithundprüfung.
Viele Hundeführerscheine wie etwa der VDH-Hundeführerschein[6] enthalten eine vergleichbare Sachkundeprüfung.
Der Hundeführerschein des BHV enthält einen Theorieteil mit einem Gesamtkatalog von 170 Fragen unter anderem zu Hundeverhalten und -erziehung, von denen dem Hundehalter 40 Fragen vorgelegt werden.[7][8]
Die GTVMT hat Fragen aus verschiedenen Hundeführerscheinen und bereits verwendeten Sachkundefragen einzelner Bundesländer zu einem Fragenkatalog mit 186 Fragen für eine Sachkundeprüfung zusammengestellt. Ziel war eine bundeseinheitliche Lösung bei der Sachkundevorgabe durch die Innenministerien. Die Fragen sind sieben Themenbereichen zugeordnet. Der Hundehalter muss 37 von 50 Fragen (74 %) richtig beantworten.[9]
Sachkundeprüfungen der Bundestierärztekammer
Die damalige Arbeitsgemeinschaft Hundehaltung der deutschen Bundestierärztekammer erarbeitete als „AK Sachkunde-Hundehaltung“ seit 2001 in Kooperation mit Verbänden aus Tierschutz, Tierärzteschaft und Hundewesen wie BPT, VDH, DJV und DTSchB Empfehlungen für Sachkundeprüfungen.[1] Im Oktober 2007 hat sie die Sachkundeprüfung D.O.Q.-Test 2.0 mit dem Ziel eines bundeseinheitlichen Standards eingeführt.[10] Die Sachkundeprüfung ist inzwischen dreistufig: Sie ermöglicht den Nachweis der Sachkunde für Hundehalter, für professionelle Hundetrainer und für Gewerbetreibende, die nach §11 Tierschutzgesetz Sachkunde benötigen.
Die Theorieprüfung für Hundehalter, die jeder entsprechend registrierte Tierarzt abnehmen kann und die auch online verfügbar ist, umfasst 30 Multiple-Choice-Fragen aus sieben Themengebieten und gilt als bestanden, wenn in jedem Sachgebiet mindestens 50 Prozent und im Gesamtergebnis 75 Prozent erreicht wurden.[11]
Österreich
In Wien hat seit 1. Juli 2019 jede Person vor der Anschaffung eines Hundes[12] einen mindestens vierstündigen Ausbildungskurs zu absolvieren, in dem sie u. a. Kenntnisse über die Hundehaltung, die tiergerechte Hundeausbildung, sowie über die relevanten Rechtsvorschriften erwirbt.[13]
In Österreichs zweitgrößter Stadt Graz müssen alle neuen Hundehalter seit 2013 binnen eines Jahres nach Anschaffung des Hundes einen sogenannten Hundekurs absolvieren. Parallel wurde in der Stadt die Hundesteuer abgeschafft.[14]
In Oberösterreich müssen Hundehalter als Nachweis ihrer Sachkunde zur Hundehaltung eine mindestens zweistündige theoretische Ausbildung über festgelegte Inhalte absolvieren.[15]
Schweiz
Per 1. Januar 2017 wurde das Obligatorium für die Sachkundenachweise abgeschafft.[16]
In der Schweiz mussten von 2008–2016 Ersthalter beim Erwerb eines Hundes (unabhängig von seiner Rasse oder Größe) einen mindestens vierstündigen Theoriekurs besuchen und einen Sachkundenachweis erbringen, um ausreichende Kenntnisse über die Haltung von Hunden und den Umgang mit ihnen zu belegen.
Außerdem musste mit jedem neu gehaltenen Hund ein praktischer Sachkundenachweis erbracht werden, der mindestens vier Lektionen mit gesetzlich (BLV) vorgeschriebenen Inhalten umfasst.[17]
Berechtigt zur Durchführung der Sachkundenachweiskurse waren alle vom BLV lizenzierten Trainer und Institutionen und auch Online-Hundeschulen.[18]
Sachkundenachweise für bestimmte Berufsgruppen
Weitere hundespezifische Sachkundenachweise können Voraussetzung für eine Tätigkeit, beispielsweise als Ausbilder von Schutzhunden, Betreiber eines Tierheims, gewerbliche Hundetrainer oder Hundehändler sein. In Deutschland regelt unter anderem das Tierschutzgesetz in § 11 Fälle, bei denen für die Tätigkeit mit Hunden ein Sachkundenachweis erforderlich ist. Darüber hinaus gibt es landesspezifische Regelungen.
Literatur
- Celina del Amo, Renate Jones-Baade, Karina Mahnke: Der Hundeführerschein. Sachkunde-Basiswissen und Fragenkatalog. Stuttgart, 3. Auflage, 2006. ISBN 3-8001-4956-7
- Nathaly Brengelmann: Untersuchung zur Sachkunde über Hunde, Hundehaltung und Verhalten von in Deutschland lebenden Hundehaltern. Dissertation, Berlin, 2008. ISBN 9783866644007
Einzelnachweise
- Nathaly Brengelmann: Untersuchung zur Sachkunde über Hunde, Hundehaltung und Verhalten von in Deutschland lebenden Hundehaltern. Diss., Berlin, 2008
- Landeshundegesetz - LHundG NRW
- Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV): Anerkennung von Sachverständigen, Erforderliche Unterlagen zum Antrag
- tieraerztekammer-nordrhein.de: Sachkundenachweis durch Tierärzte der Tierärztekammer Nordrhein
- Mit dem Zentralen Register und dem Sachkundenachweis sind ab 01.07.2013 alle Regelungen des Hundegesetzes in Kraft. Presseerklärung
- VDH-Hundeführerschein
- BHV-Hundeführerschein (Memento vom 22. März 2010 im Internet Archive)
- BHV-Fragenkatalog (Memento vom 7. Februar 2010 im Internet Archive)
- GTVT-Sachkundenachweis (Memento vom 7. August 2009 im Internet Archive)
- D.O.Q.-Test der Bundestierärztekammer
- D.O.Q.-Prüfungsordnung (PDF; 20 kB)
- Wiener Tierhaltegesetz. Abgerufen am 23. Juni 2020.
- Wiener Hunde-Sachkundenachweis-Verordnung. Abgerufen am 23. Juni 2020.
- Stadtportal der Landeshauptstadt Graz, Graz-Gesundheit & VerbraucherInnenschutz: Hundekundekurs - Stadtportal der Landeshauptstadt Graz. Abgerufen am 5. März 2021.
- Oberösterreichische Hundehalte-Sachkundeverordnung
- Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV: Ab 2017 gibt es keine schweizweit obligatorischen Hundekurse mehr. Abgerufen am 16. Dezember 2017.
- archive.is: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Schweiz (Memento vom 16. Februar 2015 im Internet Archive) auf der Seite des BLV, abgerufen am 16. Februar 2015
- Anerkannte Ausbildende von Hundetrainern auf der Seite des BLV, abgerufen am 16. Februar 2015