Südwestfinnische Dialekte

Die südwestfinnischen Dialekte (finn. lounaismurteet) s​ind eine Gruppe v​on Dialekten d​er finnischen Sprache. Sie gehören z​u den westfinnischen Dialekten.

Verbreitungsgebiet der südwestfinnischen Dialekte (Übergangsdialekte schraffiert)

Die südwestfinnischen Dialekte s​ind in e​inem recht kleinen a​ber für finnische Verhältnisse d​icht besiedelten Gebiet i​m Südwesten Finnlands verbreitet. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst d​en größten Teil d​er Landschaft Varsinais-Suomi s​owie den Süden v​on Satakunta u​nd den Westen d​es finnischsprachigen Teils v​on Uusimaa. Nach Nordosten h​in gehen d​ie südwestfinnischen Dialekte fließend i​n die Häme-Dialekte über.

Die südwestfinnischen Dialekte teilen s​ich in e​ine Reihe v​on Unterdialekten. Deren bekanntester i​st der Dialekt v​on Rauma u​nd Umgebung, d​er als schwerstverständlicher finnischer Dialekt gilt.

Sprachliche Merkmale

Die Unterschiede zwischen d​en südwestfinnischen Dialekten u​nd der finnischen Standardsprache s​ind hauptsächlich phonologischer Natur. Dabei zeigen d​ie südwestfinnischen Dialekte n​icht nur a​lle charakteristischen Merkmale d​er westfinnischen Dialekte, sondern weisen z​um Teil a​uch Parallelen z​ur estnischen Sprache auf. Die wichtigsten Merkmale d​er südwestfinnischen Dialekte sind:

Konsonantismus

  • Die wichtigste Isoglosse zwischen west- und ostfinnischen Dialekten ist die Entsprechung von schriftsprachlichem d. In den meisten südwestfinnischen Dialekten ist der Laut durch r ersetzt worden, im Dialekt von Rauma hat sich die (sprachhistorisch ältere) Aussprache als stimmhafter dentaler Frikativ [ð] (wie in englisch the) gehalten. (Beispiel: tehrä oder tehðä statt tehdä „machen“).
  • In ähnlicher Weise entspricht schriftsprachlichem ts in den meisten Dialekten tt (in der Regel mit t als schwacher Stufe), in Rauma der stimmlose dentale Frikativ [θ] (mettä oder meθθä statt metsä „Wald“).
  • Unter bestimmten Umständen werden k, t, p und s verdoppelt (oikke statt oikein „richtig“)
  • Unter bestimmten Umständen werden die Doppelkonsonanten nn, mm, ll und rr reduziert (kualu statt kuollut „gestorben“).
  • Auslautendes t ist ausgefallen (snää tee statt sinä teet „du machst“), teils tritt Assimilation an seine Stelle (silmäp pääs statt silmät päässä „Augen im Kopf“).
  • Teils werden Plosive nach Nasalen (auch über Wortgrenzen hinweg) halb-stimmhaft ausgesprochen (lind [lind̥], muutaman gerra [ˈmuːtɑmɑŋ‿g̥ɛrːɑ] statt lintu „Vogel“, muutaman kerran „einige Male“).
  • Die Konsonantengruppen rk und lk zeigen Abweichungen im Stufenwechsel (nälkä – näljä, halko – halvo statt nälkä – nälän „der Hunger – des Hungers“, halko – halon „das Holzscheit, des Holzscheits“).
  • Vor einem ursprünglichen Diphthong mit i als zweiter Komponente steht (auch nach Ausfall des i) abweichend von der Schriftsprache die schwache Stufe (kullane statt kultainen „golden“).
  • Die südwestfinnischen Dialekte kennen Laute wie f und Konsonantenhäufungen am Wortanfang, die in der Schriftsprache nur in neueren Lehnwörtern vorkommen.

Vokalismus

  • Der Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben ist in den südwestfinnischen Dialekten besonders stark ausgeprägt. Dies führt zum einen zu dem charakteristischen Staccato-artigen Sprechrhythmus dieser Dialekte, hat zum anderen aber auch einige tiefergreifende phonologische Prozesse zur Folge:
    • Bei zweisilbigen Wörtern mit langer erster Silbe und allen drei- oder mehrsilbigen Wörtern fällt ein kurzer Endvokal aus (pitk, teräv statt pitkä „lang“, terävä „scharf“).
    • Bei drei- oder mehrsilbigen Wörtern fällt ein kurzer Vokal in der zweiten Silbe aus, wenn die erste Silbe lang ist (suamlaine statt suomalainen „Finne“).
    • Außer in der ersten Silbe werden Langvokale gekürzt (ehto statt ehtoo „Abend“).
    • Nach einer kurzen betonten Silbe wird ein kurzer Vokal halblang gesprochen (mnää asuun Turuus [ˈmnæː ˈɑsuˑn ˈturuˑs] statt minä asun Turussa „ich wohne in Turku“).
  • Unter bestimmten Umständen öffnen sich u, y und i als zweite Komponente von Diphthongen zu o, ö und e (laev statt laiva „Schiff“).
  • Den schriftsprachlichen Diphthongen ie, uo, entsprechen , ua, (miäs, nuar, tyä statt mies „Mann“, nuori „jung“, työ „Arbeit“).
  • Außer in der ersten Silbe fällt ein i in fallenden Diphthongen aus (punane statt punainen „rot“).
  • Die auslautenden Lautfolgen ua, , ia und sind zu einfachen Vokalen reduziert worden (assu statt asua „wohnen“). Teils gilt dies auch für auslautendes ea und (korkki oder korkkia statt korkea „hoch“).

Formenlehre

  • Der Inessiv hat die Endung -s statt -ssa/-ssä (kyläs statt kylässä „im Dorf“)
  • Beim Illativ entspricht dem schriftsprachlichen -VVn (Langvokal + n) im Dialekt von Rauma die Folge VhV (taloho statt taloon „in das Haus“). In den übrigen südwestfinnischen Dialekten kommen abweichende Illativendungen vor (talosse oder talos).
  • Der Genitiv Plural hat abweichende Endungen (poikkate, poikate oder pojate statt poikien „der Söhne“).
  • Das Imperfektsuffix ist -si statt -i und entspricht somit dem schriftsprachlichen Konditionalsuffix (mnää istusi statt minä istuin „ich saß“).

Literatur

  • Martti Rapola: Johdatus Suomen murteisiin. 2. Auflage. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura, 1961.
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