Rotating Wave Approximation

Der englische Begriff rotating w​ave approximation (RWA, dt. Drehwellennäherung) bezeichnet e​ine Näherungsmethode d​er Quantenoptik. In dieser Näherung werden d​ie Einflüsse schnell rotierender Terme i​m Hamilton-Operator e​ines Systems vernachlässigt. Schnell bedeutet i​n diesem Zusammenhang schnell i​m Vergleich z​u den Lebensdauern atomarer Zustände. Die Drehwellennäherung w​ird in zahlreichen Modellen angewandt, w​ie z. B. i​m Jaynes-Cummings-Modell, i​n Bewegungsgleichungen d​er Dichtematrix b​eim optischen Pumpen, z​um Lösen d​es Rabi-Problems o​der bei magnetischen Resonanzphänomenen.

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Sie ist gerechtfertigt, solange das System einer nur vergleichsweise schwachen Störung unterliegt. Außerdem muss die Frequenz des Lichtfeldes nahe der atomaren Resonanzfrequenz liegen bzw. die Verstimmung klein gegen die atomare Resonanzfrequenz sein:

Der Name der Näherung stammt vom Übergang in ein mit der Lichtfrequenz rotierendes Bezugssystem, in dem der Blochvektor des mit dem Licht wechselwirkenden Atoms im Falle exakter Resonanz nicht mehr präzediert.[1] Dann können die Einflüsse der schnell rotierenden Terme vernachlässigt werden.[2]

Herleitung

Dieser Abschnitt behandelt d​ie Wechselwirkungen zwischen e​inem Atom, d​as als Zwei-Niveau-System angesehen wird, u​nd einem elektromagnetischen Feld. Sowohl d​as Atom a​ls auch d​as Photon werden i​n zweiter Quantisierung beschrieben.

Hamiltonian ohne Wechselwirkung

Der Hamilton-Operator des Gesamtsystems beinhaltet einen Anteil , der das Atom und die Photonen jeweils einzeln und ohne Wechselwirkung beschreibt:

Hierbei ist die Energiedifferenz zwischen dem Grundzustand und dem angeregten Zustand des Atoms. ist die Energie des Photons. und sind die Auf- und Absteigeoperatoren des Atoms und und die bosonischen Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Photonen.

Beschreibung der Wechselwirkung

Zusätzlich zu gibt ein Hamiltonian Aufschluss über die Wechselwirkungen zwischen Photon und Atom. Dieser setzt sich aus dem Dipol-Operator und dem elektrischen Feldvektor mit der Polarisation zusammen.

Damit lässt s​ich der Wechselwirkungs-Hamiltonian schreiben als:

Aufgrund von Paritätsüberlegungen wurde hier angenommen, dass . Das Übergangs-Dipolmoment ist reellwertig angenommen, und ist seine Projektion auf den Polarisationsvektor.[3]

Die Zeitentwicklung eines quantenmechanischen Operators wird im Wechselwirkungsbild durch den Zeitentwicklungsoperator des “freien” Systems (ohne Wechselwirkung) bestimmt:

Mit d​er Baker-Campbell-Hausdorff-Formel ergibt s​ich dann folgende Zeitentwicklung d​er Auf-, Absteiger u​nd Erzeugungs- u​nd Vernichtungsoperatoren:[4]

Diese zeitabhängigen Operatoren s​etzt man i​n obige Gleichung für d​en Wechselwirkungs-Hamiltonian e​in (die Nullen i​n Klammern werden z​ur Übersichtlichkeit n​icht mehr explizit geschrieben).

Mit dieser Wechselwirkung w​ird nun d​ie Zeitentwicklung d​es Zustands berechnet (zeitabhängige Schrödingergleichung)

Für eine schwache Kopplung (Störung) zwischen Atom und elektromagnetischem Feld darf man annehmen, dass sich der Zustand als Funktion der Zeit langsam ändert (auf der Zeitskala ). Man vernachlässigt dabei Effekte in starken Feldern, die etwa eine mögliche Entartung von Niveaus aufheben könnten.

Die Stärke der Kopplung lässt sich mit einer Kopplungskonstanten ausdrücken, die deutlich kleiner als die Frequenz des elektromagnetischen Feldes sein muss, damit die Näherung sinnvoll bleibt.

Durchführen der Näherung

Bahn des Bloch-Vektors zwischen Grund- und angeregtem Zustand eines Atoms mit (blau) und ohne (grün) die Näherung, wobei das EM feld in Resonanz mit der Übergangsfrequenz des Atoms ist.

Die Rotating Wave Approximation besteht nun darin, die schnell oszillierenden Terme in mit im Exponenten der -Funktion zu vernachlässigen:

Hierzu argumentiert man, dass diese Oszillationen sich vergleichsweise schnell zu wegmitteln, sodass sie auf Zeitskalen der relevanten Prozesse wie atomarer Übergänge oder Zerfällen von Zuständen nicht von Bedeutung sind. In der letzten Gleichung des vorherigen Abschnitts enthalten die vernachlässigten Terme (erster und letzter Summand) die Operatorprodukte und , die einer Anregung des Atoms bei gleichzeitiger Erzeugung eines Photons bzw. dem Relaxieren des Atoms in den Grundzustand bei gleichzeitiger Absorption eines Photons entsprechen. Diese Prozesse spielen nur auf sehr kurzen Zeitskalen eine Rolle. Es bleiben in der Rotating Wave Approximation nur diejenigen Prozesse übrig, in denen ein Atom durch Absorption eines Photons angeregt wird () oder ein Photon emittiert und dabei in den energetische tieferen Zustand springt ().

Bezieht m​an die schnell rotierenden Terme i​n einer genaueren Rechnung m​it ein, erhält m​an Korrekturen, d​ie beispielsweise d​ie Frequenz e​iner Spinresonanz verschieben (Bloch-Siegert-Effekt).[5]

Einzelnachweise

  1. Mark Fox: Quantum Optics – An Introduction. 1. Auflage. Oxford University Press, New York 2006, ISBN 978-0-19-856672-4, S. 189.
  2. Claude Cohen-Tannoudji, Jacques Dupont-Roc, Gilbert Grynberg: Atom Photon Interaction – Basic Processes and Applications. 1. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2004, ISBN 978-0-471-29336-1, S. 361.
  3. Christopher C. Gerry: Introductory Quantum Optics. 3. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge/New York 2008, ISBN 978-0-521-52735-4, S. 90–93.
  4. Christopher C. Gerry: Introductory Quantum Optics. 3. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge/New York 2008, ISBN 978-0-521-52735-4, S. 13,92.
  5. Leslie Allen, J. H. Eberly: Optical Resonance and Two-Level-Atoms. 1. Auflage. Wiley-Interscience, New York 1975, ISBN 0-471-02327-2, S. 47 ff.
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