Rock gegen Rechts
Rock gegen Rechts ist ein unregelmäßig wiederholtes Motto von Konzertveranstaltungen gegen Rechtsextremismus in Deutschland und Österreich. Die Konzerte sind zugleich als politische Demonstrationen konzipiert. Das entsprechende Format wird auch unter anderen Namen (wie etwa „Wir sind mehr“ in Chemnitz 2018) beworben.
Der Erfolg des ersten Rock-gegen-Rechts-Festivals am 16. Juni 1979 führte in der ganzen Bundesrepublik Deutschland zu weiteren Konzerten und trug nach Ansicht der Organisatoren zu einem Bedeutungsverlust der NPD bei. Das zweite Rock gegen Rechts-Festival fand am 16./17. Juni 1980 in Frankfurt am Main am gleichen Ort statt. Die Veranstaltung wurde von Hausbesetzern, die zu diesem Zweck die Bühne stürmten, gegen den Widerstand der Veranstalter genutzt, um über ihr Anliegen zu informieren. In den 1990er Jahren bis heute wird das Motto „Rock gegen Rechts“ immer wieder aufgegriffen, um auch kleinere politische Festivals zu organisieren. Einer der bekanntesten Künstler, dessen Auftritte oft unter dem Motto Rock gegen rechte Gewalt stehen, ist Udo Lindenberg.
Das wegen des Verbots einer geplanten Demonstration gegen „antideutsche Kommerzhetze“ am 3. September 2018 angerufene Verwaltungsgericht Chemnitz bestätigte, dass als politische Kundgebungen konzipierte Konzerte den Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit im Sinne des Art. 8 GG genießen, wenn sie einen „nicht-kommerziellen“ Charakter haben.[1][2]
Frankfurt am Main 1979
Das erste Rock-gegen-Rechts-Festival fand am 16. Juni 1979 in Frankfurt am Main auf dem Rebstockgelände statt und wurde vom Kommunistischen Bund organisiert.[3] Es war eine Antwort auf ein „Deutschlandtreffen“ der NPD, das an diesem Tag in Frankfurt stattfinden sollte und bei dem ein Jahr zuvor 3000 Nationalisten durch die Frankfurter Innenstadt marschierten. Inspiriert wurde es durch Rock Against Racism im Vereinigten Königreich. Das Festival wurde unter Auflagen erlaubt, es wurde von 50.000 Menschen besucht. Höhepunkte waren die Bots aus Holland, Die Schmetterlinge aus Wien, Misty aus England, Guru Guru, Octopus, Michael Sagmeister Trio, Strassenjungs und Missus Beastly.
Eine Demonstration, zu der auch der DGB aufgerufen hatte, wurde verboten. 40.000 Demonstranten setzten sich über das Verbot hinweg, worauf die Demonstration von der Polizei geduldet wurde und dann tatsächlich ohne Zwischenfälle verlief.[4] Zu der Demonstration fand ein Sternmarsch zum Ostpark statt.
Mannheim 2008
Im Zuge mehrerer rechtsradikaler Übergriffe zwischen den Jahren 2005 und 2008 in der Metropolregion Rhein-Neckar, fand in Mannheim am 20. Juni 2008 das bisher größte Rock gegen Rechts Open Air der Region vor rund 12.000 Besuchern statt. Die Veranstaltung wurde mit kommunaler Unterstützung und von mehreren Jugendorganisationen, Stadtjugendringverbänden, Parteien, Gewerkschaften, privaten Unternehmen der Popakademie Mannheim organisiert, sowie aus EU-Geldern mitrefinanziert. Vor Ort sprachen die ehemalige Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen, Eva Lohse (CDU) und der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Mannheim, Peter Kurz (SPD) als Vertreter der Metropolregion Rhein-Neckar. Das Organisationsteam legte damals, trotz vieler prominenter Anfragen, sehr viel Wert auf Nachwuchsbands, was zu diesem Line-Up führte:[5]
- Blaues Wunder (Pop)
- Royal Rambo feat. Manu (Reggae)
- Shaolin Fight Club (Alternative)
- Überdosis Grau (Punkrock)
- Die Hesslers (Rock)
- Heuser (Softworck)
- Schogettes (Skapunk)
Jena 2011
Am 2. Dezember 2011 organisierte Udo Lindenberg zusammen mit Sigmar Gabriel und der Stadt Jena ein Rockkonzert gegen den rechtsextremen Terror des NSU und deren Unterstützer und Sympathisanten. Neben Udo Lindenberg traten Peter Maffay, Julia Neigel, Silly und Clueso bei dem Benefizfestival Rock 'n' Roll-Arena Jena – Für die bunte Republik Deutschland vor 50.000 Menschen auf.[6]
Düsseldorf ab 2013
Am 3. August 2013 fand im Düsseldorfer Volksgarten das erste Rock gegen Rechts Düsseldorf statt. Im Laufe der Jahre traten u. a. Radio Havanna, Sidi Wacho oder Rotfront bei dem für Besucher kostenlosen Festival auf.[7]
Chemnitz 2018
Am 26. August 2018 war am Rande des Chemnitzer Stadtfestes der 35-jährige Daniel H. erstochen worden. Der Tat verdächtigt wurden ein Syrer und ein Iraker. Angeheizt durch Meldungen in sozialen Netzwerken, fand in Chemnitz am 27. August 2018 eine von der Bürgerbewegung Pro Chemnitz angemeldete Demonstration statt, an der ca. 6000 Menschen teilnahmen. Es kam zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Am 28. August fand in Chemnitz ein von der AfD und der Pegida organisierter „Trauermarsch“ statt.
Um den Eindruck zu korrigieren, die Stimmung in Chemnitz sei zugunsten der AfD und ihrer Anhänger „gekippt“, wurde kurzfristig ein Konzert in Chemnitz organisiert, das als Gegendemonstration konzipiert war und unter das Motto „Wir sind mehr“ gestellt wurde. Das Konzert wurde von der Chemnitzer Band Kraftklub mit Unterstützung des Chemnitzer Stadtmarketings organisiert. An der Veranstaltung nahmen 65.000 Menschen teil. Auf dem Konzert traten Künstler wie Die Toten Hosen, Casper, Feine Sahne Fischfilet, K.I.Z, Marteria, Nura sowie Trettmann auf.[8][9]
Siehe auch
Weblinks
- Ochsenköppe stoppen - Vor 25 Jahren: „Rock gegen Rechts“-Festival in Frankfurt (WDR. 16. Juni 2004)
- #Wirsindmehr – Chemnitz: Was bringen Konzerte gegen Rechtsextremismus? (MDR Kultur. 3. September 2018)
Einzelnachweise
- Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz. 3. September 2018. Aktenzeichen 2 L 517/18
- Keine Gegendemo zum Wir-sind-mehr-Konzert: Auch VG Chemnitz verbietet Protest "gegen antideutsche Kommerzhetze". Legal Tribune Online (LTO). 4. September 2018
- Mirja Keller et al.: Antifa, Stuttgart 2013, S. 58f.
- „Demonstration gegen geplanten NPD-Aufmarsch / Veranstaltung "Rock gegen rechts" in Frankfurt am Main, 16. Juni 1979“. Zeitgeschichte in Hessen. (Stand: 12. Dezember 2012). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Jusos Mannheim unterstützen Rock gegen Rechts!, auf schurse.info, abgerufen am 29. November 2021
- 50.000 rocken gegen Rechts, Spiegel Online vom 3. Dezember 2012
- Geschichte – Rock Gegen Rechts Düsseldorf. Abgerufen am 26. Juli 2019 (deutsch).
- 65.000 bei Konzert gegen Rechts, tagesschau.de. 3. September 2018
- #wirsindmehr - Chemnitz auf YouTube. 3. September 2018