Ritter vom güldenen Sporn
Die Ritter vom güldenen Sporn, lat. (Einzahl) eques auratus, seltener miles auratus (wörtlich: „vergoldeter“ oder „Gold geschmückter Ritter“, vollständig: eques auratus Sancti Romani Imperii), Mehrzahl equites oder milites aurati, waren im Heiligen Römischen Reich, durch den Herrscher zum Ritter erhobene Personen. Es handelte sich um eine Amtsträgerelite, die überwiegend aus Angehörigen des niederen Adels, aber auch aus Angehörigen des Bürgertums und des Hochadels bestand.
Geschichte
Im Heiligen Römischen Reich und vielen anderen europäischen Ländern wurden die durch den Herrscher mittels Schwertleite oder Ritterschlag zum Ritter erhobenen Personen von Alters her Ritter vom güldenen Sporn bzw. Ritter vom goldenen Sporn genannt. Meist geschah die Standeserhebung anlässlich einer Feierlichkeit, wie der Krönung oder einem Reichstag. Die Bezeichnung nimmt Bezug auf die goldenen Sporen, die der Ritter nun tragen durfte und quasi sein Erkennungszeichen waren.[1][2] Daneben hatten die Personen das Recht eine vergoldete Rüstung und eine goldene Kette (Collane) um den Hals zu tragen. Die so Geehrten erhielten den Rang nicht notwendig wegen ihrer Ritterbürtigkeit, sondern wegen besonderer Leistungen. Es handelte sich jeweils um eine persönliche Ehrung, die nicht vererbbar war, die Titelträger bildeten keinen Orden. Neben dem Kaiser bzw. König konnte auch ein besonders bevollmächtigter kaiserlicher Pfalzgraf („Comes palatinus Caesareus“) die Erhebung in den Ritterstand „eques auratus“ vornehmen. In den Freien Reichsstädten war diese Ehrung vermehrt auch den Angehörigen des bürgerlichen Patriziats aus Fernhandelskaufleuten, Bankiers und Ratsmitgliedern zugänglich, da dort von Seiten des Adels kein Wettbewerb um diese Form der Ehrung bestand. Die Blütezeit dieses ritterschaftlichen Beziehungsnetzes liegt nach derzeitigem Kenntnisstand der Forschung in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter Kaiser Karl V..
Erstmals erfährt man von Rittern des goldenen Sporns unter König Karl I. von Anjou, der 1266, nach der siegreichen Schlacht bei Benevent, einen Ritterorden vom Goldenen Sporn stiftete, welcher aber nach seinem Tod wieder einging und von dem man das Ordenszeichen nicht kennt. Unabhängig von der formellen Stiftung galten also demnach schon im 13. Jahrhundert die goldenen Sporen als herausragende Insignien des Ritterstandes und lieferten den Namen des Ordens.[3]
Gleichzeitig verliehen auch die Päpste diesen Titel an Deutsche und Ausländer. Paul III. (1468–1549) erteilte 1539 seinen Neffen, den Herzögen von Sforza, Grafen von Santa Fiora, das Privileg, Ritter vom Goldenen Sporn zu ernennen. Etwa ab jener Zeitepoche existiert auch der reguläre päpstliche Orden vom Goldenen Sporn, mit eigenem Ordenszeichen; heute der zweithöchste Orden für Verdienste um die römisch-katholische Kirche.[3] Wie 300 Jahre zuvor, beim Ritterorden vom Goldenen Sporn Karls von Anjou, liegen auch dieser Ordensbezeichnung wieder die goldenen Sporen als Symbol des Ritterstandes zu Grunde und eine goldene Spore hängt deshalb dem Ordenskreuz unten an.[4]
Im Heiligen Römischen Reich wurden bis zu seiner Auflösung (1806) Ritter vom goldenen Sporn ernannt. Die Träger des früheren Titels waren im Nachfolgestaat Österreich als Ritter anerkannt (14. Mai 1817), die Titulatur „des Heiligen Römischen Reichs Ritter“ jedoch verboten (10. April 1816, 6. Oktober 1847). In der Habsburgermonarchie hat man die alte Erhebung zum Ritter vom goldenen Sporn, wie zuvor im römisch-deutschen Reich üblich, weitergeführt. Bei der Krönungszeremonie zum König von Ungarn wurden regelmäßig Ritter vom goldenen Sporn ernannt, zuletzt 1916. Wie schon im alten Reich handelte es sich dabei um eine persönliche Standeserhebung und die Ritter bildeten keine formelle Ordensgesellschaft mit Statuten.[5] Für die 1916 letztgenannten 47 Ritter vom goldenen Sporn stiftete Kaiser bzw. König Karl von Österreich am 21. April 1918 ein tragbares Erinnerungsabzeichen, um die erteilte Ritterwürde auch nach außen kenntlich zu machen. Es hieß Erinnerungszeichen für die Ritter vom Goldenen Sporn und war von einer goldenen Spore eingefasst. Ausdrücklich wurde betont, dass es sich nicht um einen Orden handele, sondern lediglich um die äußere Kenntlichmachung des verliehenen Ritterstandes.
Weiteres Vorkommen
Großbritannien
In Großbritannien führte besonders im 16./17. Jahrhundert der in den persönlichen Adelsstand erhobene Knight Bachelor den Titel „Eques auratus“ (Eq. aur.), z. B. Thomas Bodley, Isaac Newton oder Christopher Wren. Ursprünglich war auch hierbei mit der Auszeichnung das Privileg verbunden, die Rüstung vergolden zu dürfen.
Schweden
In Schweden führen die Ritter des 1748 gestifteten Nordstern-Orden den Titel „Eques auratus de stella polari“, z. B. Carl von Linné.
Literatur
- Eberhard Schmitt: Behaust im Heiligen Römischen Reich? Das europäische Beziehungsnetz der „equites aurati“ im Zeitalter Kaiser Karls V. 18. Dezember 1998, archiviert vom Original am 4. August 2007; abgerufen am 22. Februar 2013.
- Samuel Oberländer: Lexicon iuridicum romano-teutonicum, Nürnberg, 1721, S. 358; Google Books
- Leopold Friedrich Schulz: Die Deutschen in den ältesten Zeiten, im Mittelalter, und in der neuesten Epoche, 2. Teil, S. 52, Wien, 1807; Google Books
- Karl Julius Weber: Das Ritter-Wesen und die Templer, Johanniter und Marianer oder Deutsch-Ordens-Ritter insbesondere, Band 1, S. 257, Stuttgart, 1822; Google Books
Einzelnachweise
- Robert von Spalart,Jakob Kaiserer: Versuch über das Kostum der vorzüglichsten Völker des Alterthums, 3. Teil, S. 58 u. 59, Wien, 1804; (Digitalscan)
- Hermann Meynert: Geschichte des Kriegswesens und der Heerverfassungen in Europa, Band 1, S. 285, Wien, 1868; (Digitalscan)
- Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Erste Sektion, 73. Teil, S. 240, Leipzig, Brockhaus Verlag, 1861; (Digitalscan)
- Gustav Andreas Tammann und Engelbert Hommel: Die Orden und Ehrenzeichen Konrad Adenauers, Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Verlag Gottschalk-Graphik, Bad Honnef, 1999, S. 90–93, ISBN 3-9806090-1-4
- Elek Fényes: Ungarn im Vormärz: Nach Grundkräften, Verfassung, Verwaltung und Kultur, Leipzig, 1851, S. 178; (Digitalscan)