Ringoszillator
Ein Ringoszillator ist eine elektronische Relaxationsoszillator-Schaltung für hohe Frequenzen mit nicht-sinusförmigen Signalen. Er beruht auf der Laufzeit einer ungeraden Anzahl von digitalen Verstärker-Bauelementen, die zu einem Ring zusammengeschaltet sind, das heißt, der Ausgang des letzten Bauelements ist auf den Eingang des ersten positiv rückgekoppelt.[1] Der einfachste Fall ist eine Ringschaltung aus drei Invertern. Er schwingt selbständig an, das heißt, er benötigt keine Blindwiderstandkomponenten wie Kondensatoren oder Spulen (vgl. Phasenschieber). Seine Frequenz ist spannungs- und temperaturabhängig.
Prinzip
Eine geschlossene Reihenschaltung einer ungeraden Anzahl von Invertern hat theoretisch keinen definierten oder erlaubten Zustand, bei einer geraden Anzahl erhält man hingegen ein Flipflop, welches immer einen stabilen logischen Zustand einnimmt. Berücksichtigt man jedoch die Laufzeit der invertierenden Bauteile, ergibt sich bei ungerader Anzahl ein schwingungsfähiges und selbst erregendes Gebilde.
Im nebenstehenden Schaltbild dienen Bipolartransistoren in Emitterschaltung als Inverter für einen Ringoszillator, jede andere größere ungerade Anzahl schwingt ebenfalls. Der vierte Bipolartransistor im Schaltbild dient lediglich als Trennstufe zur Auskopplung des Signals. Diese Schaltung schwingt aufgrund der Sättigung der Bipolartransistoren auch ohne Kondensatoren deutlich langsamer als eine Schaltung aus MOSFET-Invertern.
Damit die Schaltung überhaupt schwingt, muss ihre Schleifenverstärkung größer gleich eins sein (positive Rückkopplung). Ihre Schwingfrequenz entspricht dann jener Frequenz, bei der die Schleifenverstärkung gleich eins ist. Da die Schaltung im Schaltbetrieb arbeitet, haben die Transistoren keine konstante Stromverstärkung. Bei fünf Transistoren sieht die Schwingung rechteckiger aus als bei drei Stufen. Die Signalform ist aber auch abhängig von der genutzten CMOS-Fertigungstechnik (Technologieknoten) und Versorgungsspannung.[2]
Der Betrag des Phasenunterschieds der Einzelstufen stellt sich bei 3 Stufen zu 360°/3 = 120° ein, d. h., die Frequenz ist genau so groß, dass diese Phasenbeziehung besteht. Für mehr als drei Stufen entsprechend weniger, bis mehr als eine Periode in den Oszillator passt. Aufgrund der Invertierung ist der Phasenunterschied zur Folgestufe das nächstgrößere Vielfache von 120° das größer als 180° ist: 2·120° = +240° = +60° + 180°. Da +240° = −120° und da aus einem periodischen Signal keine Wirkrichtung ersichtlich ist, erliegt man leicht dem Eindruck, der folgende Inverter würde dem treibenden vorauseilen. Die Verzögerungszeit pro Inverter entspricht den +60°.
Berechnung der Frequenz
Wegen der endlichen Verarbeitungsgeschwindigkeit eines Inverters erscheint das Eingangssignal nach der Laufzeit tD am Ausgang. Bei n gleichartigen Invertern ergibt sich für die Schwingungsdauer[3][4]
und die Frequenz
Wenn der Ring drei übliche Logikbausteine mit tD ≈ 2 ns verwendet, ist f ≈ 83 MHz. Diese Näherungsrechung ist stark abhängig von der Laufzeit tD, die von anderen Bedingungen wie Temperatur, angelegter Spannung und Last sowie der Flankensteilheit der Signale abhängt.[5][6][2]
Anwendungen
Angewendet werden Ringoszillatoren in Bereichen, in denen es sich hauptsächlich um die Auswertung eines Frequenzwertes handelt und die Signalform nicht wesentlich ist (anders als bei Oszillatorschaltungen mit sinusförmigen Signalen). So werden integrierte Testschaltungen mit Ringoszillatoren gefertigt, um Fertigungsprozesse und Technologien zu bewerten und zu optimieren (Bestimmung der Transitlaufzeiten, der maximalen Schaltfrequenz von Logikgattern sowie deren Leistungsaufnahme).[5] Sie werden aber auch als spannungsgesteuerter Oszillator (VCO) in Phasenregelschleifen (PLL) eingesetzt, obwohl die Schwingungsfrequenz nicht exakt festgelegt werden kann.[6]
Darüber hinaus werden Ringoszillatoren als Sensor eingesetzt, um eine Änderung der Kapazität in eine Änderung der Frequenz umzusetzen. Hierzu gehören Sensoren für Beschleunigung[7], Druck, Feuchtigkeit und Temperatur[8].
Weblinks
Einzelnachweise
- Bosco Leung: VLSI for wireless communication. Prentice Hall, Upper Saddle River, NJ 2002, ISBN 0-13-861998-0, 7.7 Ring Oscillator.
- Etienne Sicard, Sonia Ben Dhia: Basics of CMOS cell design. McGraw-Hill, New York 2007, ISBN 978-0-07-150906-0, 11. Ring Oscillator.
- Ringoszillator: Messung der Verzögerungszeit (Memento vom 28. März 2014 im Internet Archive)
- Harald Hartl: Elektronische Schaltungstechnik: mit Beispielen in PSpice. Pearson Deutschland GmbH, 2008, ISBN 978-3-8273-7321-2, S. 383 ff.
- Frank Kesel: FPGA Hardware-Entwurf: Schaltungs- und System-Design mit VHDL und C/C++. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. München 2018, ISBN 978-3-11-053145-9, S. 152 ff.
- Lutz von Wangenheim: Analoge Signalverarbeitung: Systemtheorie, Elektronik, Filter, Oszillatoren, Simulationstechnik. 1. Auflage. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-8348-9383-3, S. 159–160.
- Oliver Nehrig: Entwurf und Realisierung eines Beschleunigungssensorsystems auf der Basis von in Silizium integrierter Mikromechanik für die besonderen Anforderungen bei Schwerlasthandhabungssystemen. Dissertation, Gerhard-Mercator-Universität – Gesamthochschule Duisburg, 2003. 2003, urn:nbn:de:hbz:464-duett-04292003-1558018.
- Basab Datta, Dhruv Kumar: Analysis Of A Ring Oscillator Based On Chip Thermal Sensor In 65nm Technology. (Memento vom 28. März 2014 im Internet Archive) University Of Massachusetts-Amherst.