Richard von Hoff
Ernst Richard von Hoff (bis 1919 Richard Vonhof, * 12. Juni 1880 in Sachsenburg, Provinz Sachsen; † 7. Mai 1945 in Bremen) war ein deutscher Pädagoge, Politiker (NSDAP), Rassentheoretiker und von 1933 bis 1945 Bildungssenator der Freien Hansestadt Bremen.
Biografie
Von Hoff war der Sohn des Landwirts und Ingenieurs Otto Vonhof. Vonhof besuchte das Alte Gymnasium in Bremen. Er soll sehr sprachbegabt gewesen sein. Er studierte von 1901 bis 1905 Sprachwissenschaften und Germanistik an der Universität Leipzig. Er promovierte in Leipzig zum Dr. phil. mit einer Dissertation zur nordischen Philologie. Die Beschäftigung mit dem Thema der nordisch-germanischen Kultur machte aus ihm einen fanatischen Rassisten. 1919 änderte er seinen Namen von Vonhof in von Hoff.
Tätigkeit als Pädagoge
Nach seinem Studium wurde er 1907 wissenschaftlicher Hilfslehrer, ab 1909 Oberlehrer (Studienrat) an der Oberrealschule Bremen, an der Dechanatstraße. Er war in vielen Vereinen aktiv, unter anderem zusammen mit dem Kaffeehändler Ludwig Roselius im Verein für Niedersächsisches Volkstum, im Plattdütschen Vereen, im Deutschen Sprachverein und im Verein für Vorgeschichte. Nach seinem Kriegsdienst als Offizier im Ersten Weltkrieg war er Mitbegründer der Bremer Volkshochschule und ab dem 2. November 1919 Leiter dieser Schule, deren Zielvorstellungen er formulierte im „Wiederaufbau des Vaterlandes“, den „völkischen Geist“ zu fördern und der Gefahr zu begegnen, als Volk „Kulturdünger für fremde Völker“ zu werden.[1] „Völkischer Geist“, das „Volk als Blutsgemeinschaft“, als „Schicksals- und Wertegemeinschaft“ blieben seine zentralen Begriffe auch in der Weimarer Republik. Sie zielten darauf ab, „Rassenfragen, Vererbungsprobleme und familiengeschichtliche Forschungen“ in den Mittelpunkt des Volkshochschulprogramms in einer Stadt zu stellen, in der Kaufmannschaft und Arbeiterbewegung die Kultur und Politik bestimmten. „Noch das Veranstaltungsverzeichnis der 1941 neugegründeten „Volksbildungsstätte Bremen“ unter Leitung des völkisch denkenden Bibliotheksdirektors und Präsidenten der „Wittheit“, NSDAP-Mitglied Hinrich Knittermeyer, hält fest: „Volksbildungsstätte Bremen, Traditionsträgerin der Bremer Volkshochschule, gegründet 1919 von Senator Dr. R. v. Hoff in Abwehr jüdisch-marxistischer Zersetzungsbestrebungen und zur Pflege völkischer Kulturüberlieferung.““[2]
Politik
Mitgliedschaft in der NSDAP
Hoff war seit 1930 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 403.074). Er wurde 1931 NSDAP-Kulturwart.[3] Daneben war er Leiter der „Kampfgruppe Nordsee“ im völkisch gesinnten, antisemitischen Kampfbund für deutsche Kultur.[3], SS-Oberführer und Hauptschulungsleiter für Rassenfragen.[4]
NS-Senator in Bremen
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 wurde er Kommissar für kirchliche Angelegenheiten und für das Schulwesen und ab dem 11. März 1933 Senator für das Bildungswesen in Bremen. Er strukturierte das Schulwesen im Sinne der Nationalsozialisten um und betonte dabei die Rassenkunde besonders und einseitig. In der Partei stieg er auf zum SA-Gruppenführer und zum Hauptschulungsleiter für Rassenfragen.[3] Er war entscheidend beteiligt an der Gründung Nordischen Kunsthochschule, einer Vorgängereinrichtung der Hochschule für Künste Bremen 1933/34. 1939 wurde er SS-Oberführer.[3]
In seinen Zuständigkeitsbereich fiel auch das heutige Übersee-Museum, das auf von Hoffs Bestreben in „Deutsches Kolonial- und Übersee-Museum“ umbenannt wurde. Ohne jeden finanziellen Aufwand schuf sich Bremen „sein ersehntes Kolonialmuseum. Die Begründung des zuständigen Senators Richard von Hoff im Januar 1935: Da das staatliche Museum am Bahnhof „in einem erheblichen Umfange bereits Kolonialmuseum“ sei, könne man ihm „schon jetzt den Namen ‚Deutsches Kolonial-Museum'“ beilegen.“[5]
Aktivitäten als Rassentheoretiker
1895 tritt er als Publizist in Erscheinung, u. a. in der Zeitschrift „Niedersachsen“ im Bremer Carl Schünemann Verlag und als Redner. Hier verbreitet er seine weltanschaulichen Ideen einer Vorherrschaft der „germanischen Rasse“. Innerhalb des Nordischen Rings und später auch in der Nordischen Gesellschaft ist von Hoff - zeitweilig gemeinsam mit Hans F. K. Günther - Herausgeber der Monatszeitschrift „Rasse“[6]. "Extremer Nationalismus und völkisches Denken kennzeichnen Richard von Hoffs Denken. Sein Kunstideal und seine Bildungspolitik blieben von Rassengedanken geprägt."[7]
Seine Publikationen zu „Erbkrankheiten“ wie Alkoholismus, Geisteskrankheit und Schwachsinn ebnen ideologisch den Weg für das später unter den Nationalsozialisten verabschiedete „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Dieses bildet die Grundlage für die Zwangssterilisation und Mord an tausenden Bürger/innen, ob Erwachsene, Kinder oder Jugendliche."[8]
Im April 1945 wurde er bei einem Bombenangriff in Bremen schwer verletzt; er starb an dessen Folgen und wurde auf dem Friedhof in Bremen-Osterholz im Familiengrab beigesetzt.
Rezeption nach dem Ende des Nationalsozialismus
Hoffs Der nordische Sippengedanke wurde in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[9]
Nach dem Krieg veröffentlichte Gustav Dehning einen Beitrag über von Hoff in der Bremischen Biographie 1912-1962 in der er heute nahezu unverständlich und ohne Würdigung der belastenden Fakten formulierte: "Obwohl er (von Hoff) politisch nie hervorgetreten war, - war er im Grunde doch kein politischer, sondern ein wissenschaftlicher Mensch - zogen die Selbstlosigkeit seiner Grundhaltung und sein völkisches Bemühen die Aufmerksamkeit der Nationalsozialisten auf seine Person..." und er habe nur aus "staatsbürgerlicher Pflicht" heraus das Amt als Senator für das Bildungswesen übernommen...[10]
Werke
- Richard Vonhof: Zur Entwicklung der germanischen echten Verbalcomposita im Altwestnordischen. Bremen: Nössler 1905, zugleich Leipzig, Univ., Diss., 1905
- Die niedersächsische Volkshochschule: 4 Aufsätze. Bremen: Niedersachsen-Verlag 1918; 2., verm. Auflage Bremen: Schünemann 1919
- Richard und Paul von Hoff: Die von Hoff: Stammtafeln. Dresden 1920
- Niedergang und Aufstieg in Volk und Familie. Erfurt: Erfurter Genealogischer Abend 1931 (Wissenschaftliche Abhandlungen/Erfurter Genealogischer Abend; 4)
- Der nordische Sippengedanke. Leipzig: Eichblatt 1940 (Bildung und Nation; 76/77)
Literatur
- Matthias Loeber: Völkische Bewegung zwischen Weser und Ems. Richard von Hoff und die Nordische Gesellschaft in Bremen und Nordwestdeutschland (= Zivilisationen & Geschichte. Nr. 43). Peter Lang Edition, Frankfurt am Main u. a. 2016, ISBN 978-3-631-67701-8, doi:10.3726/978-3-653-07189-4.
- Matthias Loeber: Richard von Hoff. Der spätere NS-Bildungssenator als völkischer Ideologe. In: Bremisches Jahrbuch 96, 2017, S. 144–160.
Weblinks
- Literatur von und über Richard von Hoff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Julius Bamberger, Emil Felden und Richard von Hoff von GEW Bremen (Memento vom 24. Februar 2013 im Internet Archive)
- https://www.spurensuche-bremen.de/spur/bildungssenator-richard-von-hoff-foerdert-die-idee-einer-vorherrschaft-der-germanischen-rasse/
Einzelnachweise
- Jörg Wollenberg, Das dunkle Kapitel der Bremer Volkshochschule", in: Weser-Kurier vom 15.06.2017, s. https://www.weser-kurier.de/bremen/das-dunkle-kapitel-der-bremer-volkshochschule-doc7e4hb2lyzib1ks8v2b82, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2021
- Jörg Wollenberg, Das dunkle Kapitel der Bremer Volkshochschule", in: Weser-Kurier vom 15. Juni 2017, s. https://www.weser-kurier.de/bremen/das-dunkle-kapitel-der-bremer-volkshochschule-doc7e4hb2lyzib1ks8v2b82, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2021
- Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 258.
- Jörg Wollenberg, Das dunkle Kapitel der Bremer Volkshochschule", in: Weser-Kurier vom 15. Juni 2017, s. https://www.weser-kurier.de/bremen/das-dunkle-kapitel-der-bremer-volkshochschule-doc7e4hb2lyzib1ks8v2b82, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2021
- Frank Hethey, Als Bremen „Stadt der Kolonien“ sein wollte, s. https://wkgeschichte.weser-kurier.de/als-bremen-stadt-der-kolonien-sein-wollte/
- Die Rasse : Monatsschrift der Nordischen Bewegung
- Jörg Wollenberg, Das dunkle Kapitel der Bremer Volkshochschule", in: Weser-Kurier vom 15. Juni 2017, s. https://www.weser-kurier.de/bremen/das-dunkle-kapitel-der-bremer-volkshochschule-doc7e4hb2lyzib1ks8v2b82, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2021
- Bildungssenator Richard von Hoff fördert die Idee einer „Vorherrschaft der germanischen Rasse“ auf spurensuche-bremen.de vom 5. März 2019.
- http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-h.html
- Bremische Biographie 1912-1962, hrsg. von der Historischen Gesellschaft zu Bremen und dem Staatsarchiv Bremen, Bremen, Hauschild 1969, S. 239ff.