Richard Ramírez
Ricardo Leyva Muñoz „Richard“ Ramírez (* 28. Februar 1960 in El Paso, Texas; † 7. Juni 2013 in Greenbrae, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Serienmörder, Vergewaltiger, Einbrecher, Entführer und Kinderschänder. Er ermordete zwischen 1984 und 1985 13 Menschen und vergewaltigte mindestens 11 seiner Opfer. Vor seiner Verhaftung wurde Ramírez in den Medien als der Night Stalker bezeichnet.
Leben
Jugend
Richard Ramírez wurde als jüngstes von fünf Kindern des Ehepaars Julian und Mercedes Ramírez geboren. Zwei seiner älteren Geschwister waren mit Geburtsfehlern auf die Welt gekommen, und seiner Mutter wurde zu Beginn ihrer Schwangerschaft mit Richard abgeraten, das Kind auszutragen. Sie setzte sich aber über den ärztlichen Rat hinweg. In der Schule erlitt Ricky epileptische Anfälle, welche möglicherweise in Zusammenhang mit zwei Kopfverletzungen stehen, die er als Kind erlitt. Als Ramírez neun Jahre alt war, wurde einer seiner Brüder und vermutlich auch er von einem Sonderschullehrer sexuell missbraucht. Einer seiner Cousins war ein Green Beret im Vietnamkrieg und prahlte vor dem zwölfjährigen Ramírez damit, vietnamesische Frauen gequält, verstümmelt und vergewaltigt zu haben. Er zeigte ihm grausame Polaroid-Fotos seiner Opfer und erklärte ihm, wie man mit einem Messer tötet. Ramírez war außerdem anwesend, als sein Cousin seine eigene Frau ermordete. Der Cousin wurde nach seiner Festnahme für unzurechnungsfähig erklärt und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen.
Ramírez’ Mutter war tief religiös, was seine Erziehung prägte. Sein Vater war den Kindern und sich selbst gegenüber gewalttätig. Davor floh Ramírez häufig und verbrachte Nächte auf Friedhöfen, zu denen er sich hingezogen fühlte. Er entwickelte in dieser Zeit für sich eine Art Satanismus, als Gegensatz zu seiner religiösen Erziehung. 1976 zog er nach Los Angeles.
Kriminelle Laufbahn
Noch bevor er sein Elternhaus verließ, versuchte er, eine Frau zu vergewaltigen. Der Ehemann der Frau kam aber kurze Zeit später in das Hotelzimmer und verprügelte ihn. Bei der Polizei wollte das Ehepaar dann jedoch nicht mehr aussagen, da es mit dem Vorfall nichts mehr zu tun haben wollte.
In Los Angeles beging Ramírez dann mehrere Drogendelikte und Autodiebstähle. Sein erstes bekanntes Mordopfer war die neunjährige Mei Leung, die am 10. April 1984 tot im Keller eines Hotels aufgefunden wurde. Allerdings konnte Ramírez mit diesem Mord erst 2009 durch einen DNA-Abgleich in Verbindung gebracht werden.[1] Das erste Mordopfer, das dem sogenannten Night Stalker zugeordnet wurde, war eine 79 Jahre alte Frau. Diese hatte er am 29. Juni 1984, nach Einbruch in ihre Wohnung, sexuell missbraucht und erstochen. Am 17. März 1985 beging er seinen zweiten bekannten Mord, bei dem er zudem versuchte, die Mitbewohnerin des Opfers zu töten. Sie konnte allerdings entkommen und der Polizei eine Beschreibung des Täters liefern. Später am selben Tag zerrte er eine 30 Jahre alte Frau aus ihrem Auto und erschoss sie. Durch diese beiden am selben Tag verübten Taten wurden die Medien auf die Fälle aufmerksam, und in der Bevölkerung breitete sich Panik aus. Die Medien nannten den Angreifer, der als jemand mit langen Locken, wulstigen Augen und sehr schlechten Zähnen beschrieben wurde, The Walk-in Killer, Come-In-Killer und The Valley Intruder. Drei Tage später entführte Ramírez ein Mädchen aus Eagle Rock und missbrauchte es. Am 27. März 1985 tötete er in Whittier den 64-jährigen Vincent Zazzara und dessen 44-jährige Ehefrau Maxine, der Ramírez die Augen herausschnitt. Laut Obduktion der in der Wohnung gefundenen Leiche wurde ihr diese Verletzung nach dem Tod zugefügt. Die Augäpfel wurden nie gefunden.
Von da an begann eine countyübergreifende Polizeiermittlung, die allerdings den gesamten April hindurch ergebnislos blieb, zumal Ramírez in dieser Zeit keine weiteren Verbrechen beging. Dann drang Ramírez in die Wohnung eines 65-jährigen Mannes und dessen Frau in Monterey Park ein und schoss dem Mann in den Kopf. Während Ramírez im Begriff war, die Frau zu töten, konnte der sterbende Ehemann den Täter durch das Wählen der Notrufnummer in die Flucht schlagen. Als die Polizei eintraf, war der Mann bereits tot.
Etwas mehr als eine Woche später verletzte Ramírez zwei über 80-jährige Frauen in ihrer Wohnung so schwer, dass eine von ihnen später ihren Verletzungen erlag. Bevor er die Wohnung verließ, malte er mit einem Lippenstift umgedrehte Pentagramme an die Wände.
Im Juni und Juli wurden drei weitere Frauen in ihren Wohnungen ermordet; eine von ihnen wurde erschlagen, den anderen beiden wurde die Kehle durchgeschnitten. Am 20. Juli 1985 tötete er in Sun Valley einen 32 Jahre alten Mann, schlug und vergewaltigte die Frau des Opfers und missbrauchte den achtjährigen Sohn des Paares in Gegenwart der Mutter. Noch am selben Tag erschoss Ramírez ein älteres Ehepaar in Glendale, Kalifornien. Etwa zwei Wochen später schoss er in Northridge auf ein Paar in dessen Wohnung und verletzte beide schwer. Ihre Beschreibung des Täters passte auf die des Walk-in Killers.
Danach verließ Ramírez die Gegend um Los Angeles und erschoss am 17. August 1985 einen 66-jährigen Mann in San Francisco. Er schoss auch auf die Ehefrau des Opfers, diese überlebte und konnte später der Polizei gegenüber den Angreifer als den Walk-in Killer identifizieren. Nachdem der Name The Walk-in Killer nicht mehr dem Modus Operandi des Angreifenden entsprach, benannten die Medien ihn in Night Stalker um.
Der große Durchbruch im Night-Stalker-Fall gelang der Polizei, nachdem Ramírez am 24. August 1985 einem 29 Jahre alten Mann in den Kopf geschossen und dessen Verlobte vergewaltigt hatte. Der Mann überlebte schwer verletzt und seine Verlobte konnte eine Beschreibung des Täters abgeben.[2] Ein Jugendlicher, der ein paar Blocks entfernt wohnte, bemerkte etwa eine Stunde vorher einen Mann auf seinem Grundstück, der anscheinend nach einer Möglichkeit suchte, in das Haus der Familie einzubrechen. Der Einbrecher bemerkte den Jungen und floh. Der Jugendliche sah den Wagen, in dem der Mann davonfuhr, und konnte sich einen Teil des Kennzeichens notieren.[3] Das Auto war gestohlen worden und wurde am 28. August 1985 aufgefunden. Die Polizei stellte darin einen Fingerabdruck am Rückspiegel sicher. Der Abdruck konnte einem 25-jährigen Texaner namens Ricardo Muñoz Ramírez zugeordnet werden, dessen Fingerabdrücke von einer früheren Verhaftung wegen Autodiebstahls bekannt waren. Zwei Tage später wurde sein Polizeifoto im landesweiten Fernsehen ausgestrahlt und erschien auf den Titelseiten jeder großen Tageszeitung in Kalifornien. Am nächsten Tag wurde Ramírez wiedererkannt und von einer Gruppe aus einem Latino-Viertel in Los Angeles zusammengeschlagen, als er versuchte, ein Auto zu stehlen. Die Polizei musste den Mob auflösen, um zu verhindern, dass Ramírez gelyncht wird.
Verfahren und Verurteilung
Am 22. Juli 1988 begann die Auswahl der Jury, und am 20. September 1989 wurde Ramírez des dreizehnfachen Mordes, des fünffachen versuchten Mordes, der elffachen Vergewaltigung und des vierzehnfachen Einbruchs für schuldig befunden. Am 7. November 1989 wurde er 19-fach zum Tode in der Gaskammer verurteilt. Das Strafverfahren war eines der kompliziertesten und längsten in der amerikanischen Justizgeschichte. Fast 1600 angehende Jurymitglieder wurden angehört und 165 Zeugen befragt. Einige Zeugen hatten aufgrund der seit den Taten verstrichenen Zeit Gedächtnislücken, andere konnten Ramírez sehr sicher identifizieren.
Am 3. August 1988 berichtete die Los Angeles Times, dass einige Gefängniswärter mitbekommen haben wollten, dass Ramírez plane, eine Waffe in den Gerichtssaal zu schmuggeln, um den Staatsanwalt zu erschießen. Daraufhin wurden Metalldetektoren vor dem Gerichtssaal aufgestellt und jeder Besucher intensiv durchsucht. Am 14. August wurde das Verfahren unterbrochen, nachdem das Jurymitglied Phyllis Singletary nicht im Gerichtssaal erschienen war. Sie wurde später tot in ihrem Appartement aufgefunden. Die anderen Jurymitglieder waren schockiert und befürchteten, dass Ramírez diese Tat aus seiner Zelle heraus angewiesen habe und so auch andere Mitglieder der Jury erreichen könnte. Ramírez war nachweislich nicht verantwortlich für Singletarys Tod. Sie war von ihrem Freund erschossen worden, der sich später in einem Hotel das Leben nahm.
Während des Verfahrens hatte Ramírez viele, vor allem weibliche Fans, die ihm schrieben und ihn besuchten. Ab 1985 schrieb die freiberufliche Redakteurin des Freelance Magazine, Doreen Lioy, dem Inhaftierten 75 Briefe. 1988 machte er ihr einen Heiratsantrag. Am 3. Oktober 1996 heirateten sie im San Quentin State Prison.
Tod
Da Ramírez jahrelang immer wieder Aufschub erhielt, wurde das Todesurteil nie vollstreckt. Am 7. Juni 2013, nach beinahe 28 Jahren im Todestrakt, starb er im Marin General Hospital unweit von San Quentin an Leberversagen.[4][5]
Filme
- 1989 erschien mit Manhunt – Eine Stadt jagt einen Mörder die erste Verfilmung, die auf seiner Biografie basiert. Richard Ramírez wurde im Film von Gregory Cruz dargestellt.[6]
- 2002 folgte mit Nightstalker – Die Bestie von L.A. ein Psychothriller, der auf Ramírez’ Biografie basiert. Die Rolle des Richard Ramírez übernahm Bret Roberts.[7]
- 2009 erschien eine weitere Verfilmung unter dem Namen The Valley Intruder. Die Rolle des Richard Ramírez spielte Adolph Cortez.[8]
- 2009 wurde die Geschichte von Richard Ramírez in der 4. Folge der Dokumentarfilmreihe Amerikas Albtraum – Die gefährlichsten Serienkiller der USA behandelt.[9]
- 2015 wurde Ramírez in der Fernsehserie American Horror Story: Hotel (5. Staffel) neben anderen Serienmördern (Jeffrey Dahmer, John Wayne Gacy und Aileen Wuornos) porträtiert.[10]
- 2019 war die Figur des Ramírez, gespielt von Zach Villa, eine Hauptrolle in der Serie American Horror Story: 1984 (9. Staffel).[10]
- 2021 erschien unter dem Namen Night Stalker: Auf der Jagd nach einem Serienmörder eine vierteilige True-Crime-Miniserie beim Streaminganbieter Netflix.[11][12]
Literatur
- Philip Carlo: The Night Stalker. The Life and Crimes of Richard Ramirez. Kensington Books, New York 1996, ISBN 1-57566-030-X (englisch).
Weblinks
- Richard Ramírez in der Internet Movie Database (englisch)
- The Night Stalker (Memento vom 22. Dezember 2014 im Internet Archive) . In: Crime Library (englisch)
Einzelnachweise
- Ruben Vives: San Francisco police link 'Night Stalker' Richard Ramirez to girl's 1984 slaying. Los Angeles Times, 23. Oktober 2009, abgerufen am 12. Februar 2014.
- KEITH SHARON: After 3 bullets in the head, he still can't escape the 'Night Stalker'. In: The Orange County Register. (ocregister.com [abgerufen am 26. März 2017]).
- ArchiveNewsFootage: Man Who Helped Catch Night Stalker Talks 25 Years Later. 24. September 2015, abgerufen am 26. März 2017.
- Condemned Inmate Richard Ramirez Dies. In: California Department of Corrections and Rehabilitation. 7. Juni 2013, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 8. Januar 2022 (englisch).
- "Night Stalker" Ramirez gestorben. In: Spiegel.de. 7. Juni 2013, abgerufen am 8. Januar 2022.
- Manhunt – Eine Stadt jagt einen Mörder. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 8. Januar 2022 (englisch).
- Nightstalker – Die Bestie von L.A. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 8. Januar 2022 (englisch).
- The Valley Intruder. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 8. Januar 2022 (englisch).
- Amerikas Albtraum – Die gefährlichsten Serienkiller der USA (Folge 4: Richard Ramírez). In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 8. Januar 2022.
- Markus Trutt: Richard Ramírez in American Horror Story. In: Filmstarts.de. 30. November 2020, abgerufen am 8. Januar 2022.
- Richard Ramírez bei Netflix, abgerufen am 8. Januar 2022.
- Night Stalker: Auf der Jagd nach einem Serienmörder. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 8. Januar 2022.