Richard Linsert
Richard Christian Carl Linsert (* 17. November 1899 in Berlin[1]; † 3. Februar 1933 in ebendort) war ein deutscher Publizist und Sexualwissenschaftler.
Leben
Linsert wurde als Sohn eines Handlungs-Correspondenten im Wedding geboren. Er wuchs in München auf und absolvierte dort eine kaufmännische Ausbildung.[2] Er wurde Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Zudem war er politisch im Rotfrontkämpferbund und im geheimen Nachrichtendienst der KPD (AM-Apparat)[3] tätig. Mit 22 Jahren engagierte er sich in München für die Etablierung eines Homosexuellenvereins, einem Ortsverband des „Deutschen Freundschaftsverbands - Bund für Menschenrecht“. Er scheiterte jedoch an der restriktiven Haltung der autoritären bayerischen Behörden.[4] In München lernte er Kurt Hiller kennen, der ihm eine Anstellung als Hilfssekretär im Wissenschaftlich-humanitären Komitee bei Magnus Hirschfeld vermittelte.[5] Ab 1926 war er Schriftführer beim Wissenschaftlich-humanitären Komitee. Er wurde zum Experten in sexualwissenschaftlichen Themen und schrieb am Gegenentwurf zum Entwurf des Sexualstrafrechts von 1927.[6] Im Dezember 1929 verließ Linsert das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee und gründete mit den Ärzten Max Hodann, Bernd Götz und dem Juristen Fritz Flato das Archiv für Sexualwissenschaft, das aber kaum große Bedeutung erreichte.[7] Gleichwohl schrieb er noch 1929 und 1930 gemeinsam mit Magnus Hirschfeld Bücher über Empfängnisverhütung und Aphrodisiaka. Zudem publizierte er 1929 einen Sammelband über männliche Prostitution.[8] 1929 ist es hinsichtlich eines ersten Schrittes zur Abschaffung des § 175 vermutlich „seiner Überzeugungsarbeit zu danken, daß sich die KPD das sexualpolitische Ziel des WhK zu eigen machte und im Strafrechtsausschuss des Reichstags durchzusetzen vermochte.“[9] 1931 veröffentlichte Linsert eine Monographie Kabale und Liebe. Als sein Lebensgefährte galt Peter Limann, der zweite Sekretär des Wissenschaftlich-humanitären Komitee.[10] Linsert starb im Februar 1933 an einer verschleppten Lungenentzündung im Stubenrauch-Krankenhaus in Berlin-Lichterfelde.[11]
Einzelnachweise
- Geburtsregister StA Berlin XIII Nr. 4181/1899
- Hirschfeld in Berlin: Richard Linsert
- Bernd Kaufmann u. a.: Der Nachrichtendienst der KPD 1919–1937. Dietz, Berlin 1993, ISBN 978-3-320-01817-7, S. 227 (Fn. 166).
- Staatsarchiv München, Pol.Dir. München 3573. „Das Sittlichkeitsreferat der Münchner Polizei hatte sich schon ab 1920 bemüht, alle Ansätze zu einer schwulen Subkultur möglichst frühzeitig zu bekämpfen.“ (Peter Jungblut: Ein Streifzug durch die schwule Geschichte Münchens 1813–1945, Splitter 3 des forum homosexualität und geschichte münchen e.V., München 2005, S. 64).
- Bernd-Ulrich Hergemöller: Mann für Mann. Biographisches Lexikon. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-39766-4, S. 471f.
- Bodo Mende: Die antihomosexuelle Gesetzgebung in der Weimarer Republik, in: Geschichte des § 175. Strafrecht gegen Homosexuelle. Katalog zur Ausstellung in Berlin und in Frankfurt am Main. Verlag Rosa Winkel, Berlin 1990, ISBN 3-921495-46-6, S. 82–104
- Manfred Herzer, Magnus Hirschfeld. Leben und Werk eines jüdischen, schwulen und sozialistischen Sexologen. Campus Verlag, Frankfurt/M., New York 1992 (= Herzer)
- Richard Linsert: Paragraph 297, 3 "Unzucht zwischen Männern". Neuer Deutscher Verlag, Berlin 1929
- Herzer, S. 178
- Kurt Hiller: Leben gegen die Zeit. Band 2: Eros. Autobiografie, hrsg. von Horst H. W. Müller. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg. 1973, S. 107f., 113
- Sterberegister StA Lichterfelde Nr. 128/1933