Renate Baumgärtel-Fleischmann
Renate Baumgärtel-Fleischmann (* 4. Mai 1937 in Dresden; † 17. Februar 2010) war eine deutsche Kunsthistorikerin. Sie war von 1991 bis 2002 Leiterin des Bamberger Diözesanmuseums.
Leben und Wirken
Die in Dresden geborene Renate Fleischmann hatte eine fränkische Herkunft. Ihr Vater war Arzt und stammte aus Forchheim. Er war Bamberger Gymnasiast. Dabei wurde sie maßgeblich vom Interesse des Vaters für Geschichte und speziell für die Geschichte Bambergs beeindruckt. Sie wuchs in Großröhrsdorf auf und legte 1956 das Abitur ab. Ein Studium blieb ihr im Arbeiter-und-Bauern-Staat verwehrt. Sie studierte ab 1956 Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Neuere Geschichte an der Universität Erlangen. Ihr akademischer Lehrer war Karl Oettinger. Statt auf die zur damaligen Zeit vorherrschenden kunstwissenschaftlichen Methode der Stilkritik konzentrierte sie sich auf die archivalischen Quellen. Mit einer Arbeit über die Bamberger Plastik zwischen 1470 und 1520 wurde sie 1963 promoviert. Nach dem Studium heiratete sie und zog mit ihrem Mann nach Bamberg. Aus der Ehe gingen 1965 und 1968 zwei Söhne hervor. Ihr Mann unterrichtete an einem Bamberger Gymnasium. Sie wurde 1978 auf Honorarbasis im Bamberger Diözesanmuseum angestellt. Zwei Jahre später arbeitete sie auf einer Halbtagsstelle, die 1984 zu einer Dreiviertelstelle aufgestockt wurde. Zum 1. September 1991 trat sie die Nachfolge von Bruno Neundorfer an und übernahm die kommissarische Leitung des Diözesanmuseums. Als Protestantin war sie damit Leiterin eines Museums in katholischer Trägerschaft. Bis 2002 leitete sie das Museum. Ihr wurde zum 65. Geburtstag eine Festschrift gewidmet.[1] Ihr wissenschaftlicher Nachlass befindet sich in der Staatsbibliothek Bamberg.
Sie erwarb sich große Verdienste bei der Neugestaltung des Museums und dadurch, dessen Schätze durch Ausstellungen der Öffentlichkeit näher zu bringen. Das Bamberger Diözesanmuseum wurde von ihr zu einer angesehenen Ausstellungs- und Forschungsstätte ausgebaut. Sie trat auch als Verfasserin mehrerer Ausstellungskataloge und Untersuchungen zu Detailproblemen sakraler Kunst hervor. Ihre Dissertation zur Bamberger Plastik wurde ein Standardwerk. Der wissenschaftliche Wert der Arbeit liegt nach Tilmann Breuer in der „Neubewertung der bambergischen Kunst des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, die sie damit aus dem Schatten Nürnbergs heraustreten lassen konnte“.[2] Sie vertrat 1988 in ihrer Untersuchung der „Inschriften“ auf dem Sternenmantel Heinrichs II. die Auffassung, dass dieser in einer Regensburger Werkstatt entstanden und erst nach 1020 fertiggestellt worden sei. Sie begründete dies mit stilistischen Parallelen in Initialen von Handschriften Regensburger Provenienz.[3] Bis dahin wurden gewebte, gestickte oder auf Stoff applizierte Inschriften noch nicht einer epigraphischen Untersuchung unterzogen.[4] Dagegen nahm Horst Enzensberger eine Entstehung in Süditalien an. Nach Enzensberger lassen sich solche Parallelen in Handschriften sowohl nördlich als auch südlich der Alpen beobachten. Angesichts der Herkunft des Stifters Meles von Bari sei eine Entstehung südlich der Alpen die wahrscheinlichere Möglichkeit.[5]
Schriften (Auswahl)
Ein Schriftenverzeichnis erschien in: Maria Kunzelmann: Veröffentlichungen von Renate Baumgärtel-Fleischmann. In: Werner Taegert (Hrsg.): Hortulus floridus Bambergensis. Studien zur fränkischen Kunst- und Kulturgeschichte. Renate Baumgärtel-Fleischmann zum 4. Mai 2002. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-935590-71-7, S. 14–18.
Monographien
- Die Altäre des Bamberger Domes von 1012 bis zur Gegenwart (= Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg. Bd. 4). Bayerische Verlags-Anstalt, Bamberg 1987, ISBN 3-87052-383-2.
- Bamberger Plastik von 1470 bis 1520 (= Bericht Historischer Verein Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums. Bd. 104). Erlangen-Nürnberg 1969.
Herausgeberschaften
- Bamberg wird bayerisch. Die Säkularisation des Hochstifts Bamberg 1802/03. Historisches Museum, Bamberg 2003, ISBN 3-9807730-3-5.
- 300 Jahre Jesuitenkirche, St. Martin Bamberg. 1693–1993 (= Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg. Bd. 5). Bayerische Verlags-Anstalt, Bamberg 1993, ISBN 3-931432-04-1.
- Ein Leben für den Bamberger Dom. Das Wirken des Subkustos Graff (1682–1749) (= Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg. Bd. 11). Bamberg 1999, ISBN 3-931432-04-1.
- Fürstbischof Johann Philipp von Gebsattel und die Kirche in Schlüsselau (= Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg. Bd. 10). Bamberg 1997, ISBN 3-931432-03-3.
Literatur
- Werner Taegert: Dr. Renate Baumgärtel-Fleischmann. 1937–2010. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums 146 (2010), S. 18–22.
- Werner Taegert: Wie eine geistige Heimat. Eine Erkundung zu Renate Baumgärtel-Fleischmann. In: Ders. (Hrsg.): Hortulus floridus Bambergensis. Studien zur fränkischen Kunst- und Kulturgeschichte. Renate Baumgärtel-Fleischmann zum 4. Mai 2002. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-935590-71-7, S. 11–13.
Weblinks
- Literatur von und über Renate Baumgärtel-Fleischmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Veröffentlichungen von Renate Baumgärtel-Fleischmann im Opac der Regesta Imperii
- Andreas Kuschbert: Kompetente Ansprechpartnerin in Sachen Kunst. Dr. Renate Baumgärtel ist im Alter von 72 Jahren gestorben. Bamberg, 23. Februar 2010.
Anmerkungen
- Vgl. dazu die Besprechungen von Erich Schneider in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 67/3, 2004, S. 891 (Digitalisat); Eduard Isphording in: Bericht des Historischen Vereins Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums 141 (2005), S. 536–542; Peter Kolb in: Mainfränkisches Jahrbuch für Geschichte und Kunst 56 (2004), S. 457–460; Erik Soder von Güldenstubbe in: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 67 (2005), S. 396 f; Christina Hofmann-Randall in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürrberg 92 (2005), S. 559–561; Silvia Glaser in: Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 99 (2009), S. 386–391.
- Zitiert nach Werner Taegert: Dr. Renate Baumgärtel-Fleischmann. 1937–2010. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg für die Pflege der Geschichte des Ehemaligen Fürstbistums 146 (2010), S. 18–22, hier: S. 20.
- Renate Baumgärtel-Fleischmann: Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. und seine Inschriften. In: Walter Koch (Hrsg.): Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik. Graz 10.–14. Mai 1988. Wien 1990, S. 105–125; Renate Baum Gärtel-Fleischmann: Die Kaisermäntel im Bamberger Domschatz. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 133 (1997), S. 93–126; Josef Kirmeier, Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter u. a. (Hrsg.): Heinrich II. 1002–1024. Begleitband zur Bayerischen Landesausstellung 2002 (Bamberg, 9. Juli bis 20. Oktober 2002). Stuttgart 2002, S. 382 f.
- Renate Baumgärtel-Fleischmann: Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. und seine Inschriften. In: Walter Koch (Hrsg.): Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik. Graz 10.–14. Mai 1988. Wien 1990, S. 105–125, hier: S. 105. Vgl. dazu Tanja Kohwagner-Nikolai: Inschriften auf Textilien oder: Wie läuft der Faden? Versuch einer Annäherung an materialspezifische Eigenheiten. In: Archiv für Diplomatik 55 (2009), S. 225–262, hier: S. 225.
- Horst Enzensberger: Bamberg und Apulien. In: Christine und Klaus van Eickels (Hrsg.): Das Bistum Bamberg in der Welt des Mittelalters. Vorträge der Ringvorlesung des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg im Sommersemester 2007. Bamberg 2007, S. 141–150, hier: S. 148 (Volltext).