Regierung Abhisit Vejjajiva

Die Regierung Abhisit Vejjajiva w​ar die 59. thailändische Regierung u​nter Führung v​on Premierminister Abhisit Vejjajiva. Sie w​urde im Dezember 2008 vorgestellt u​nd im August 2011 aufgrund d​er Parlamentswahl 2011 d​urch die Regierung v​on Yingluck Shinawatra abgelöst.

Premierminister Abhisit Vejjajiva (2009)

Die Vorgängerregierung u​nter Somchai Wongsawat musste zurücktreten, w​eil die damalige Regierungspartei Phak Palang Prachachon (PPP) v​om Verfassungsgericht aufgelöst worden war. Die anschließend eingesetzte Übergangsregierung u​nter Chaovarat Chanweerakul w​urde nach e​twa zwei Wochen o​hne Durchführung v​on Neuwahlen d​urch die Regierung Abhisit Vejjajiva ersetzt.

Die Amtszeit d​er Regierung Abhisit Vejjajiva w​ar geprägt v​on heftigen u​nd teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen m​it der Opposition, speziell m​it der National United Front o​f Democracy Against Dictatorship (kurz UDD, deutsch etwa: Vereinigte nationale Front für Demokratie g​egen Diktatur; i​m Volksmund Rothemden).

Geschichte

Vorgeschichte

Protestierende Anhänger der PAD im August 2008
Proteste vor dem thailändischen Parlamentsgebäude

Ab Mai 2008 begannen verstärkte Proteste v​on Regierungskritikern d​er People’s Alliance f​or Democracy (PAD), d​ie Premierminister Samak Sundaravej Korruption vorwarfen u​nd seinen Rücktritt forderten. Ende August 2008 besetzten Protestierende seinen Amtssitz s​owie mehrere Flughäfen. Es k​am zu Streiks u​nd in d​er Folge z​u gewalttätigen Zusammenstößen, d​ie ein Todesopfer forderten.

Die staatliche Wahlkommission h​atte unterdessen d​er regierenden Phak Palang Prachachon (PPP) Betrug b​ei der Parlamentswahl 2007 vorgeworfen u​nd einen Verbotsantrag g​egen sie gestellt.

Am 9. September 2008 entschied d​as Verfassungsgericht, d​ass Samak aufgrund e​iner Angestelltentätigkeit a​ls Fernsehkoch seines Amtes z​u entheben sei.[1] Am 17. September 2008 w​urde sein Stellvertreter Somchai Wongsawat z​um neuen Premierminister gewählt.[2]

Auch n​ach der Wahl k​am es z​u weiteren Protesten d​er Regierungsgegner m​it erneuten Flughafenbesetzungen, gewalttätigen Zwischenfällen u​nd Festnahmen.[3]

Am 2. Dezember 2008 verfügte d​as Verfassungsgericht d​ie Auflösung d​er Regierungspartei PPP u​nd zwei i​hrer Koalitionspartner w​egen Wahlbetrugs. Premierminister Somchai u​nd weiteren führenden Mitgliedern d​er PPP w​urde die politische Tätigkeit für fünf Jahre untersagt. Die Regierung erklärte daraufhin i​hren Rücktritt.[4] Als Übergangspremier w​urde am 2. Dezember Chaovarat Chanweerakul eingesetzt.

Ernennung

Die Regierung Abhisit Vejjajiva w​urde am 17. Dezember 2008 vorgestellt. Am 20. Dezember w​urde ihre Zusammensetzung veröffentlicht, u​nd König Bhumibol Adulyadej vereidigte s​ie am 22. Dezember.

Abhisit h​atte sich z​ur Besetzung d​er Flughäfen, d​ie einen dramatischen Einbruch d​er thailändischen Wirtschaft, insbesondere i​m Tourismus, z​ur Folge hatte, n​icht geäußert. Seine Regierung umfasste a​ber auch Politiker w​ie den n​euen Außenminister Kasit Piromya[5], d​er die Flughafenblockade ausdrücklich gutgeheißen u​nd die Aktionen d​er PAD unterstützt[6] hatte.

ASEAN-Gipfel

Anfang April 2009 musste d​er ASEAN-Gipfel i​m thailändischen Pattaya abgebrochen werden, nachdem hunderte regierungskritische Demonstranten d​er Rothemden d​en Tagungsort gestürmt hatten. Abhisit Vejjajiva r​ief daraufhin d​en Notstand aus.[7] Die politischen Unruhen griffen d​ie nächsten Tage a​uch auf d​ie Hauptstadt Bangkok über, w​o bei Straßenkämpfen m​it der Polizei u​nd Soldaten z​wei Menschen getötet wurden.[8]

Unruhen in Bangkok 2010

Rothemden verschanzen sich hinter Barrikaden aus Autoreifen (15. Mai 2010)

Im Frühjahr 2010 begannen d​ie Proteste d​er UDD (die s​o genannten „Rothemden“) erneut aufzuflammen. Dabei gingen Sicherheitskräfte massiv g​egen die Demonstranten vor, w​as zu Toten u​nd Verletzten führte[9]. Mitte März 2010 strömten r​und 150.000 protestierende Rothemden zusammen, u​m auf d​ie Regierung Abhisit Druck auszuüben, u​nd besetzten d​ie Phan-Fah-Brücke i​n der Altstadt. Am 17. März verschütteten Demonstranten i​hr vorher i​n Behälter abgefülltes Eigenblut v​or Premierminister Abhisit Vejjajivas Amtssitz, u​m symbolisch e​in Opfer für d​ie Demokratie z​u bringen. Die zentral gelegene Ratchaprasong-Kreuzung („Ratprasong“) i​m Stadtteil Pathum Wan i​n der unmittelbaren Umgebung verschiedener Einkaufszentren u​nd Hotels bildete n​ach ihrer Besetzung a​m 3. April wochenlang d​as Zentrum d​er Bewegung. Im Eindruck d​er eskalierenden Situation gründete d​ie Regierung d​as Centre f​or the Resolution o​f the Emergency Situation (CRES) m​it einem umfangreichen Mandat z​ur Wiederherstellung d​er Ordnung i​m Land. Es setzte s​ich aus zahlreichen ranghohen Politikern, Staatsbeamten u​nd Militärs zusammen u​nd stand u​nter der Leitung v​on Innenminister u​nd Vizepremierminister Suthep Thaugsuban.[10]

Anfang Mai stellte Abhisit Vejjajiva aufgrund d​er andauernden Proteste e​inen Plan z​u vorgezogenen Neuwahlen i​m November vor. Die Opposition stimmte grundsätzlich zu, forderte a​ber im Gegenzug e​inen festen Zeitplan z​ur Auflösung d​es Parlaments[11].

Bei e​iner neuerlichen Eskalation w​urde einer d​er Anführer d​er Protestbewegung, Seh Daeng erschossen.[12] Nach e​iner umfassenden Offensive d​er Armee, b​ei der erneut mehrere Menschen d​en Tod fanden, kapitulierten d​ie Anführer d​er Regierungsgegner, worauf s​ich die Situation wieder beruhigte.[13][14]

Überschwemmungen 2011

Überschwemmungen in Lop Buri

In d​er zweiten Jahreshälfte 2011 w​urde Thailand v​on der größten Überschwemmung s​eit 50 Jahren betroffen. Aufgrund d​er Parlamentswahl i​m Juli f​iel die Bekämpfung d​er Flut jedoch i​n die Zuständigkeit d​er Nachfolgeregierung v​on Yingluck Shinawatra.

Zusammensetzung

FunktionPerson(en)
PremierministerAbhisit Vejjajiva
Stellvertretende PremierministerSuthep Thaugsuban, Korbsak Sabhavasu, Sanan Kachornprasart
Minister im Amt des PremierministersSatit Wongnongtaey, Virachai Virameteekul
VerteidigungsministerGeneral Prawit Wongsuwan
FinanzministerKorn Chatikavanij
Stellvertretende FinanzministerPradit Pataraprasit, Pruektichai Damrongrat
AußenministerKasit Piromya
Tourismus- und SportministerChumpol Silapa-archa
Minister für soziale Entwicklung und Schutz der BevölkerungWitoon Nambutr
LandwirtschaftsministerTheera Wongsamut
Stellvertretender LandwirtschaftsministerChartchai Pukkayaporn
TransportministerSophon Saram
Stellvertretende TransportministerKuakul Danchaiwijit, Prajak Kaewklahan
Minister für natürliche Ressourcen und UmweltSuwit Khunkitti
Informations- und KommunikationsministerRanongruk Suwanchawee
EnergieministerWannarat Charnnukul
WirtschaftsministerPornthiva Nakasai
Stellvertretender WirtschaftsministerAlongkorn Pollabutr
InnenministerChaovarat Chanweerakul
Stellvertretende InnenministerBoonjong Wongtrairat, Thaworn Senneam
JustizministerPirapan Salirathavibhaga
ArbeitsministerPhaithoon Kaeothong
KulturministerTeera Slukpetch
WissenschaftsministerKalaya Sophonpanich
BildungsministerJurin Laksanawisit
Stellvertretende BildungsministerChaiwuti Bannawat, Narisarat Chawaltanpithak
GesundheitsministerWitthaya Kaewparadai
Stellvertretender GesundheitsministerManite Nopamornbodi
IndustrieministerCharnchai Chairungrueng

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Regierungschef als illegaler Fernsehkoch. In: Neue Zürcher Zeitung, 9. September 2008, abgerufen am 13. September 2008.
  2. Thailand: Somchai neuer Premier. (Memento vom 4. Dezember 2008 im Internet Archive) In: Kurier, 17. September 2008.
  3. Demonstranten besetzen zweiten Flughafen in Bangkok. In: Spiegel Online, 27. Oktober 2008.
  4. Thailands Regierung geht – um wiederzukommen. In: Die Welt, 2. Dezember 2008.
  5. Kasit under fire as foreign minister Democrats unhappy about his PAD links. In: Khmer News auf WordPress.com, 19. Dezember 2008, abgerufen am 24. Dezember 2011.
  6. A foreign minister can’t just shoot his mouth off. (Memento des Originals vom 16. September 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/news.asiaone.com In: asia one news, 25. Dezember 2008.
  7. Chaos bei ASEAN-Treffen in Thailand – Gipfel abgebrochen, Notstand aufgehoben. (Memento vom 13. April 2009 im Internet Archive) In: tagesschau.de, 11. April 2009.
  8. Zwei Tote bei Protesten in Bangkok. (Memento vom 16. April 2009 im Internet Archive) In: tagesschau.de, 13. April 2009
  9. Fünf Tote bei Zusammenstößen in Bangkok. (Memento vom 14. April 2010 im Internet Archive) In: Zeit Online, 10. April 2010.
  10. Abhisit Vejjajiva: The Prime Minister’s Special Directive No. 1/2553 – Re: The Establishment of the Centre for the Resolution of the Emergency Situation. (pdf) In: Website des thailändischen Außenministeriums. 7. April 2010, archiviert vom Original am 21. Mai 2012; abgerufen am 27. März 2012 (englisch, Inoffizielle Übersetzung der Gründungsdirektive des CRES).
  11. Friedliche Einigung in Thailand. In: Die Welt, 5. Mai 2010.
  12. Rothemden verlieren Anführer. In: Zeit Online, 17. Mai 2010, abgerufen am 24. Dezember 2011.
  13. Armee-Offensive zwingt Rothemden zur Kapitulation. In: Spiegel Online, 19. Mai 2010
  14. Schlacht um Bangkok ist nicht zu Ende. In: Die Presse, 19. Mai 2010.
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