Rassel
Rasseln sind mittelbar geschlagene Schüttelidiophone, also selbstklingende Musikinstrumente, bei denen durch Schüttelbewegungen des Spielers kleine Rasselkörper angeregt werden, die einen meist geräuschhaften, gelegentlich auch einen in der Höhe bestimmten Ton hervorbringen.
Etymologie
Zum hochdeutschen Wort rassel gehört in oberdeutschen Dialekten rodel und in der niederdeutschen Sprache ratel, was dem englischen rattle nahekommt. Der gemeinsame Ursprung ist die germanische Sprachwurzel hrat. Hiervon ist auch das französische Wort für Rassel, hochet, abgeleitet, das bereits im 13. Jahrhundert als hocete, „Kinderrassel“, vorkommt. Die griechische Entsprechung ist das Verb chradaino in der zugrundeliegenden, passenden Bedeutung „schütteln“, „schwenken“, „schwingen“.[1]
Einteilung und Verbreitung
Bei mittelbar geschlagenen Idiophonen, zu denen auch Klöppelglocken gehören, sind die Schläge nicht ebenso völlig vom Spieler kontrollierbar wie bei direkt angeschlagenen Idiophonen, weshalb Rasseln für präzise rhythmische Betonungen ungeeignet sind. Rasseln kommen seit alter Zeit in zahlreichen Varianten vor. Sie werden nach der Hornbostel-Sachs-Systematik wie folgt klassifiziert, wobei es teilweise zu Überschneidungen kommt:
- Reihenrasseln (112.11): Die aufgereihten Rasselkörper schlagen gegeneinander. Zimbelstern, Schellenbaum (die Schellen sind Gefäßrasseln)
- Rahmenrasseln (112.12): Die Rasselkörper schlagen an den Gegenstand, an dem sie befestigt sind. Sistrum, Schellenring (Schellenring am Tamburin), Chocalho (im brasilianischen Samba)
- Gefäßrasseln (112.13): Maracas, Cabasa, Eggshaker und andere Shaker, Schüttelrohr, Kayamba
- Folienrassel: Donnerblech
Gefäßrasseln bestehen aus einem mit harten Rasselkörpern von Sandkorn- bis Nussgröße gefüllten Hohlkörper. Wird dieser rhythmisch geschüttelt, erzeugen die gegen die Wandung und gegen sich selbst schlagenden Teilchen ein spezifisches prasselndes Geräusch. Rasseln, bei denen die Rasselkörper an einem das Gefäß umgebenden Netz befestigt sind und von außen auf jenes einwirken, zählen ebenfalls zu den Gefäßrasseln. Eine besondere Gruppe sind die weit verbreiteten Kalebassenrasseln, die aus einer ausgehöhlten Kalebasse bestehen. Hierzu gehören die shékere in Mittel- und Südamerika, die axatse in Ghana und die daghumma in Mauretanien. Zu den aus einer Kokosnussschale bestehenden Gefäßrasseln gehört die auf der ostafrikanischen Insel Sansibar verwendete cherewe. Eine beispielsweise ein Zentimeter hoch mit Plastikkügelchen gefüllte runde Blechdose mit einem hölzernen Handgriff wird in Malawi auf Chichewa maseche genannt und produziert paarweise mit beiden Händen geschüttelt die rhythmische Grundstruktur (time-line pattern).[2] Gefäßrasseln werden heute unter anderem im Cha-Cha-Cha, Tango und Jazz verwendet.
Metallene Gefäßrasseln heißen Schellen; im arabisch-persischsprachigen Raum sind Schellen als zang oder zanj bekannt.
Bei den Rahmenrasseln sind kleine Körper außen an einem größeren Gegenstand befestigt und schlagen gegen ihn; bei Reihenrasseln schlagen nebeneinander angeordnete eigenklingende Körper gegeneinander. Ein Beispiel für eine Reihenrassel in der Musik Neuguineas besteht aus einer Anzahl Nussschalen, die durch Pflanzenfasern gebündelt sind.[3]
Der Schellenring, bei dem kleine Metallscheiben (Zimbeln) gegeneinanderschlagen, ist eine Kombination von beidem. Bei Gleitrasseln gleiten die Körper (häufig sind es Samen) wie beim angklung in einem Hohlkörper. Sind sie außen befestigt, werden sie Pendelrasseln genannt. Pendelrasseln finden sich auch als Anhängsel von Melodieinstrumenten, wenn sie deren Klang verändern sollen. Mit Metallringen am Rand behängte Eisenplättchen (Rasselbleche) produzieren bei einigen westafrikanische Binnenspießlauten vom Typ der ngoni während des Spiels ein Geräusch. Eine typologische Mischform zwischen idiophonen Rasseln und Membranophonen sind die Rasseltrommeln.
Bei Folienrasseln wird durch die Materialspannung im Gefüge von Metallfolien oder Metallblechen durch Biegen, Aufschlagen oder Schütteln ein Knistern oder ein anhaltender lauter Klang erzeugt.
Verwendet werden Rasseln seit jeher allgemein in der kultischen Musik. Im Voodoo dient die asson als Symbol des Priestertums der Mambos und Houngans.[4]
Auch in der sinfonischen Musik finden Rasseln Verwendung, etwa in Ludus de nato Infante mirificus (Weihnachtsspiel) von Carl Orff, 1960, und Ode an den Westwind von Hans Werner Henze, 1953.
Als Kinderrassel werden Rasseln in unterschiedlichster Form Säuglingen und Kleinkindern als Spielzeug gegeben, um deren sensomotorische Fähigkeiten zu entwickeln. Rasselbande ist eine umgangssprachliche oder auch scherzhafte Bezeichnung für eine lärmende Kinderschar.
Siehe auch
Literatur
- James Blades, John M. Schechter. Rattle. In: Grove Music Online, 2001
Weblinks
Einzelnachweise
- Curt Sachs: Handbuch der Musikinstrumentenkunde. 2. Auflage. 1930, Nachdruck Georg Olms, Hildesheim 1960, S. 48.
- Moya Aliya Malamusi: Samba N’goma Eight – The Drum Chime of Mário Sabuneti. In: African Music. Band 7, Nr. 1, 1991, S. 55–71, hier: S. 59
- Rattle, Sepik River Region, Papua New Guinea. Late 19th/Early 20th Century. National Music Museum. University of South Dakota
- Milo Rigaud: Secrets of Voodoo. Arco, New York 1969, S. 36 f, ISBN 978-0872861718 (bei Google Books)