Radrennbahn Hürth
Die Hürther Radrennbahn war eine von 1938 bis 1990 genutzte 250 Meter lange Radrennbahn aus Beton. Sie wurde seinerzeit als „schönste deutsche Sommerbahn“ bezeichnet.[1]
Vorgeschichte
Der Radsport wird für die Zeit von der Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg von Historikern als die neben dem Boxen vielleicht bedeutendste und beliebteste Sportart überhaupt eingeschätzt. So gründeten sich in dieser Zeit auch hier zahlreiche Vereine. Die Spezialgemeinde Hürth (heute der Ortsteil Alt-Hürth) in der damaligen Bürgermeisterei Hürth war nach dem Ersten Weltkrieg, bedingt durch den Braunkohleabbau und die darauf aufbauende Industrie, eine der reichsten Gemeinden Deutschlands. So konnten hier bereits anfangs der 1930er Jahre Sportanlagen, weiterführende Schulen und ein Schwimmbad erbaut werden. Oberhalb des Ortes, an der Burbacher Straße, wurde 1930 ein Sportplatz mit kleiner Tribüne, Umkleideräumen, „Erfrischungsraum“ und einem Radunterstellraum gebaut. Rund um den Platz verlief eine Radrennbahn mit „Naturbelag“, die für entsprechende Verletzungen „gut war“.[2] In der 1930 gebildeten Großgemeinde gab es bei der Gründung der Radsportgesellschaft 1919 Hürth sechs, bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 noch vier Radsportvereine.[1] und nach dem Krieg dann noch drei, die RSG 1919 Hürth, den Morgenstern Berrenrath und die Schwalbe in Gleuel. Alle drei existieren noch heute, die Schwalbe jetzt mit dem Kölner Verein verbunden als „RCD Schmitter Gleuel Köln“. Die abgegangenen Vereine waren Rheingold Kendenich, Adler Burbach und der Efferner Radfahrverein.[3]
Da die Roddergrube das Braunkohlenfeld Theresia wieder in Betrieb nehmen und das Gelände des Sportplatzes abbaggern wollte, wurde das Gelände getauscht und im bereits ausgekohlten Gelände südlich der heutigen Straße Theresienhöhe gegenüber dem heutigen Einkaufszentrum Hürth Park ab 1930 ein neues Sportgelände errichtet.
Die Radrennbahn
Die reiche Gemeinde baute dort bis 1938 ein Fußballstadion mit überdachter Tribüne und Umkleideeinrichtungen, Tennisplätze, Schießstände und separat eine betonierte Radrennbahn hinter dem Stadion. Die Anlagen konnten 1938 eingeweiht werden. In der Folge fanden dort außer Radrennen auch Boxveranstaltungen statt. 1939 starteten hier im Zweier-Mannschaftsrennen Gustav Kilian und Heinz Vopel. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam der Radsportbetrieb wegen der vielen Einberufungen zur Wehrmacht 1940 gänzlich zum Erliegen und viele junge Talente mussten im Krieg ihr Leben lassen.
Nach dem Krieg war die Hürther Bahn eine der wenigen intakten Radrennbahnen im Rheinland und deshalb ein Magnet, der Publikum von weither anzog. Nachdem geringe Kriegsschäden beseitigt waren, konnte 1946 das erste öffentliche Bahnrennen der Nachkriegszeit durchgeführt werden. 1947 wurde die Zonenmeisterschaft aller drei westlichen Besatzungszonen, der sogenannten Trizone, auf der Hürther Bahn ausgetragen. Länderkämpfe gegen Großbritannien, Belgien und die Niederlande folgten. 1948 sah die Bahn im Zweier-Mannschaftsfahren das Duo Rudi Mirke/Hans Preiskeit. Mit kleineren Motorrädern, den Dernys, konnten auf der Bahn jetzt auch Steherrennen gefahren werden. Die Bahn zog so Tausende von Zuschauern an. 1955 wurde der frühere Hürther Amateur Manfred Donike, der spätere Doping-Fahnder der Deutschen Sporthochschule Köln, hinter dem Kölner Hans Zims zweiter beim Großen Steher-Industriepreis.[4] Bekanntester Nutzer der Bahn war der zweimalige Steheramateurweltmeister Jean Breuer aus Hürth. Aber auch die späteren Profis Sigi Renz und Rudi Altig nahmen 1960 als Amateure an einem Bahnländerkampf gegen Österreich teil. Letztmals wurde die Bahn nach einer Zwangspause nach diesem durch Stürze belasteten Rennen 1968 durch Mitarbeit von Vereinsmitgliedern gründlich überholt. Durch die Umringung mit Flutlichtmasten konnte die Bahn auch abends benutzt werden. Letzte Veranstaltung auf der Bahn war im Juli 1990 das Internationale Steherchampionat mit Fahrern aus Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland.[5] Leider war eine weitere notwendige Restaurierung nicht finanzierbar, und so wurde die Bahn danach stillgelegt.[6] Die RSG wich für Bahnrennen auf Kölner Bahnen und Hallen aus. Heute wird der gepflegte Raseninnenplatz von anderen Sportvereinen genutzt.
Einzelnachweise
- Änne Bischof: Der Sport und seine Pflege. In: Clemens Klug: Hürth – wie es war, wie es wurde, Steimel Verlag, Köln o. J. (1962), S. 239 f.
- Egon Conzen: 800 Jahre Alt-Hürth, OG. Alt-Hürth (Hrsg.) 1985, S. 91 ff.
- Franz Löwenich: Die Radsportgesellshaft 1919 Hürth und die Hürther Radrennbahn in Hürther Beiträge, Heft 91 (2012), S. 35–44.
- Löwenich, S. 39 f
- Löwenich, S. 41 ff
- Manfred Faust: Geschichte der Stadt Hürth, hg. vom Heimat und Kulturverein Hürth, Köln, J. P. Bachem Verlag, 2009, S. 221