Pompeiopolis (Paphlagonien)
Pompeiopolis (altgriechisch Πομπηιόπολις), auch Pompeioupolis (Πομπηιούπολις), war eine antike Stadt in der kleinasiatischen Landschaft Paphlagonien im Norden der heutigen Türkei.
Die Reste der antiken Stadt liegen auf einer Anhöhe beim heutigen Taşköprü am südlichen Ufer des Flusses Gökırmak (antiker Name „Amnias“) an einer Straßenverbindung vom westlichen Kleinasien nach Armenien. Sie wurde vom römischen Feldherrn Gnaeus Pompeius Magnus während seines Krieges gegen Mithridates VI. von Pontos im Jahr 64/63 v. Chr. gegründet. Offenbar siedelte Pompeius in der nach ihm benannten Stadt Römer an, wie Namen von Einwohnern und die Verwendung des römischen Kalenders zeigen. Pompeiopolis war zunächst Teil der Provinz Bithynia et Pontus und wurde von Marcus Antonius 39 v. Chr. galatischen Klientelherrschern unterstellt. Unter Augustus wurde Pompeiopolis wieder an das römische Reich eingegliedert und war Hauptort des Landtags (conventus) von Paphlagonien, das jetzt zur römischen Provinz Galatia gehörte. Aufgrund von Münzbeischriften wurde teilweise vermutet, die Stadt habe im späten 2. Jahrhundert n. Chr. zeitweilig den Namen Sebaste getragen; diese Annahme beruht jedoch auf einer falschen Lesung und Deutung der entsprechenden Legenden.[1]
In der Kaiserzeit stiegen mehrere Familien aus Pompeiopolis in die Reichsaristokratie auf, so die des Gaius Claudius Severus (Suffektkonsul 112), Gnaeus Claudius Severus Arabianus (Konsul 146) und Gnaeus Claudius Severus (Konsul 173) sowie möglicherweise Tiberius Claudius Subatianus Aquila (Präfekt von Ägypten 206–211) und Tiberius Claudius Subatianus Proculus (Statthalter von Numidien 208–210).[2]
In der Spätantike war Pompeiopolis Sitz eines Bischofs, seit dem 6. Jahrhundert eines Erzbischofs, ab dem 11. Jahrhundert eines Metropoliten. Aus dem Bistum ging das Titularerzbistum Pompeiopolis in Paphlagonia der römisch-katholischen Kirche hervor. In mittelbyzantinischer Zeit gehörte das Amniastal zunächst im 8. Jahrhundert zum Thema Armeniakon und seit dem frühen 9. Jahrhundert zum dann neugegründeten Thema Paphlagonia. In den Schriftquellen der Zeit findet die Stadt aber keine Erwähnung mehr; erst wieder im Jahre 1390, als der spätere Kaiser Manuel II. Palaiologos das Gebiet passierte und in einem Brief die Stadt als verlassen und zerstört beschreibt.
Zwischen 2006 und 2016 wurde Pompeiopolis durch ein Forschungsteam unter der Leitung von Lâtife Summerer erforscht, bis 2012 im Rahmen eines Forschungsprojektes der Ludwig-Maximilians-Universität München.[3] Anhand der geophysikalischen Prospektionen konnten mehrere Bauten und Areale identifiziert und teilweise ausgegraben werden, darunter das Theater, Teile der Agora, und ein spätantikes Haus mit aufwendigen Bodenmosaiken. Ein ursprünglich als Tholos eines Macellums gedeutete Rundbau hat sich als ein Martyrion erwiesen.
Literatur
- Christian Marek: Pompeiopolis. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 10, Metzler, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01480-0, Sp. 98–99.
- Julie Dalaison: L’atelier monétaire de Pompeiopolis en Paphlagonien. In: Fabrice Delrieux, François Kayser (Hrsg.): Hommages offerts à François Bertrandy. Band 1: Des déserts d’Afrique au pays des Allobroges (= Laboratoire Langages, Littératures, Sociétés, Collection Sociétés, Religions, Politiques. Band 16). Chambéry 2010, S. 45–81.
- Latife Summerer, Alexander von Kienlin: Pompeiopolis. Metropolis of Paphlagonia. In: Hadrien Bru, Guy Labarre (Hrsg.): L'Anatolie des peuples, des cités et des cultures (IIe millénaire av. J.-C. - Ve siècle ap. J.-C.). Colloque international de Besançon – 26-27 novembre 2010. 2 Bände, Presses universitaires de Franche-Comté, Besançon 2014, ISBN 9782848674735, S. 115–126.
- Latife Summerer (Hrsg.): Pompeiopolis I: Eine Zwischenbilanz aus der Metropole Paphlagoniens nach fünf Kampagnen (2006-2010) (= Schriften des Zentrums für Archäologie und Kulturgeschichte des Schwarzmeerraumes. Band 21). Beier & Beran, Langenweißbach 2011, ISBN 978-3-941171-63-3.
- Lâtife Summerer, Alexander von Kienlin, Georg Herdt: Frühe Forschungen in Paphlagonien – Neue Grabungen in Pompeiopolis. In: Anatolian Metal IV (= Der Anschnitt. Beiheft 25). Deutsches Bergbau-Museum, Bochum 2013, ISBN 978-3-937203-67-6, S. 257–266.
- Peri Johnson: How did the landscape of Pompeiopolis become Roman? In: Kristina Winther-Jacobson, Lâtife Summerer (Hrsg.): Landscape Dynamics and Settlement Patterns in northern Anatolia during the Roman and Byzantine Period (= Geographica Historica. Band 32). Franz Steiner, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-515-11214-7, S. 61–82.
- Lâtife Summerer: Pompeiopolis-Taşköprü. 2000 Years from Metropolis to County Town. Istanbul 2017, ISBN 978-605-9680-67-7.
- Lâtife Summerer: Revisiting Strabo 12.3.40: Along the Amnias Valley toward Pompeiopolis, Pimolisa and Sandracurgium. In: Geographia Antiqua. Band 28, 2019, S. 113–125.
Weblinks
- Projektseite an der LMU München (ältere Version der Seite im Webarchiv mit Informationen zur Geschichte und Forschungsgeschichte von Pompeiopolis)
- Jährliche Grabungsberichte (2006–2016) von Lâtife Summerer in der Zeitschrift „Kazı Sonuçları Toplantısı“: https://kvmgm.ktb.gov.tr/TR-238493/kazi-sonuclari-toplantisi-02---35.html
- Inschriften von Pompeiopolis
- Münzen von Pompeiopolis (englisch)
Einzelnachweise
- Julie Dalaison: L’atelier monétaire de Pompeiopolis en Paphlagonien. In: Fabrice Delrieux, François Kayser (Hrsg.): Hommages offerts à François Bertrandy. Band 1: Des déserts d’Afrique au pays des Allobroges. Chambéry 2010, S. 45–81, hier S. 46.
- Olli Salomies: Die Herkunft des numidischen Legaten T. Claudius Subatianus Proculus. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. Band 119, 1997, S. 245–248 (PDF online).
- Abgeschlossene Forschungsprojekte: Pompeiopolis in Paphlagonien (Summerer). Website der LMU München, abgerufen am 27. September 2020.