Paul Sailer-Wlasits
Paul Sailer-Wlasits (* 24. April 1964 in Wien) ist ein österreichischer Philosoph und Politikwissenschaftler.
Leben
Sailer-Wlasits studierte Philosophie, Politikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Wirtschaftswissenschaft in Wien. Parallel zu seinen begleitenden wirtschaftswissenschaftlichen Studien absolvierte er ein geisteswissenschaftliches Doppelstudium aus Politik- und Theaterwissenschaft sowie Philosophie. Er promovierte in Philosophie mit Schwerpunkt Sprachphilosophie und Ästhetik (Dr. phil.) an der Universität Wien. Er ist Verfasser mehrerer sprachphilosophischer und philosophisch-historischer Monografien, zahlreicher politischer Essays und Theaterkritiken sowie Autor von Texten zur Ästhetik und zu zeitgenössischer bildender Kunst.[1][2]
In seinen Publikationen, Vorträgen und Stellungnahmen prägte er Begriffe wie Hybrider Populismus[3][4] sowie Neue Normalität, wobei er 2018 die Bezeichnung des "Neuen Normalen" zunächst mit der 45. US-Administration unter Donald Trump als neuer globaler Normalität kritisch kontextualisierte.[5][6] Im Zuge der Corona-Pandemie 2020 warnte er davor, dass aus einer deskriptiven Feststellung, d. h. aus einem "Sein" wie der Covid-19-Krise, keine präskriptive Norm, kein "Sollen", im Sinne der politischen Aufforderung "Gewöhnt Euch daran!" abgeleitet werden dürfe, da diese Sein-Sollen-Barriere weder ethisch noch rechtsphilosophisch überwunden werden könne.[7][8]
Forschung
Seit über 20 Jahren forscht Sailer-Wlasits zu sprachphilosophischen Phänomenen im Kontext von Sprache und Gewalt, Hassrede und Verbalradikalismus sowie zu sprachlichen Aspekten des Populismus.[9] In zahlreichen Publikationen widmet er sich der kritischen Auseinandersetzung mit Rhetorik, Metaphorik und der Sprache in der Politik.[10][11] Seine 2001 begonnenen Untersuchungen zur Geschichte von Sprache und Gewalt mündeten in sein 2012 vorgelegtes Werk Verbalradikalismus. Kritische Geistesgeschichte eines soziopolitisch-sprachphilosophischen Phänomens.[12] Darin werden u. a. die innergesellschaftlichen, sprachlichen Bruchlinien als "Vorbereiter-Funktion" von Sprache im Bezug auf physische Gewalt analysiert und als sprachliche Übergangspunkte definiert, an denen schließlich "die Tat das Wort überschreitet".[13]
Seine weiteren Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten:
Werke (Auswahl)
- Monographien
- Uneigentlichkeit. Philosophische Besichtigungen zwischen Metapher, Zeugenschaft und Wahrsprechen. Ein Essay. Würzburg (Königshausen & Neumann) 2020, ISBN 978-3826067334
- Minimale Moral. Streitschrift zu Politik, Gesellschaft und Sprache. Wien (new academic press) 2016, ISBN 978-3700319603
- Verbalradikalismus: Kritische Geistesgeschichte eines soziopolitisch-sprachphilosophischen Phänomens. Wien-Klosterneuburg (Edition Va Bene) 2012, ISBN 978-3851672688
- Hermeneutik des Mythos. Philosophie der Mythologie zwischen Lógos und Léxis. Wien-Klosterneuburg (Edition Va Bene) 2007, ISBN 978-3851671902
- Die Rückseite der Sprache. Philosophie der Metapher. Wien-Klosterneuburg (Edition Va Bene) 2003, ISBN 978-3851671445
- Herausgeberschaft
- Zeitzeuge an Kreuzwegen. Autobiographische Bekenntnisse. Wien (Holzhausen Verlag) 2003, ISBN 978-3854930754
- 1927 – Als die Republik brannte. Von Schattendorf bis Wien. Wien-Klosterneuburg (Edition Va Bene) 2002, ISBN 978-3851671285
Weblinks
- Literatur von und über Paul Sailer-Wlasits im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Offizielle Website
- Hate Speech: Die Metastasen des Hasses, Zeit Online, 31. Dez. 2019
- Was ist „hybrider Populismus“?, The European, 15. Mai 2017
- Hass-Rede. Zur Geschichte von Sprache als Mittel der Gewalt, ORF, Ö1, Betrifft: Geschichte, 29. Aug.–2. Sep. 2016
- Wahlkampfphrasen im Test, Interview zum Thema Sprache in der Politik, ORF Science, 20. Mai 2016
- Hinhalten und Täuschen - Die Geschichte von Wahrheit und Lüge in der Politik, ORF, Ö1, Betrifft: Geschichte, 22.–26. Jun. 2015
- Verschmutzte Sprache, verschmutztes Denken, Der Standard, 24. Apr. 2015
- Zwischen Wort und Tat - Zur Bestandsaufnahme von Sprache und Gewalt, ORF Science, 15. Jan. 2015
- Missbrauch der Worte: Neue, alte Sprache des Hasses, Die Presse, 1. Aug. 2014
- Politiker radikalisieren unsere Sprache, Interview zum Thema Verbalradikalismus, Salzburger Nachrichten, 18. Jan. 2013
- Wenn Sprache zur Gewalt wird, Wiener Zeitung, 24. Okt. 2008
Einzelnachweise
- Rezension zu Hermeneutik des Mythos. Philosophie der Mythologie zwischen Lógos und Léxis, von Thomas G. Casey S. J., pp. 905–906. Gregorianum 2008, n. 89/4
- Rezension zu Hermeneutik des Mythos, von Norbert Leser, Wiener Zeitung, 18. Apr. 2008
- Was ist „hybrider Populismus“? In: The European, 16. Mai 2017
- Der Populismus wird hybrid Interview in: ORF Science, 12. Okt. 2017
- The New Normal: Woran wir uns gewöhnen müssen. In: Der Standard, 7. Sep. 2018
- Folgen der Pandemie: Wie Corona die deutsche Sprache beeinflusst. In: Deutschlandfunk, 30. Jul. 2020
- Die neue Normalität: "Gewöhnt Euch dran" Interview in: Telepolis, 10. Mai 2020
- Corona Sprache: Wie verrückt ist das Normale? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Mai 2020
- Tondokument Vom Wort zur Tat - Zur Geschichte des politischen Verbalradikalismus, ORF, Ö1, Betrifft: Geschichte, 12.–16. Nov. 2007
- Die Wegbereiter rechter Herren. In: Der Standard, 17. Apr. 2018
- Politische Sprache und Verantwortung. Zur gesellschaftlichen Relevanz eines (digitalen) Topos, Impulsreferat anlässlich der parlamentarischen Enquete gegen "Hass im Netz", Parlament der Republik Österreich, 16. Nov. 2016
- Verbalradikalismus: Kritische Geistesgeschichte eines soziopolitisch-sprachphilosophischen Phänomens. Wien-Klosterneuburg (Edition Va Bene) 2012, ISBN 978-3-85167-268-8
- Was ist Hatespeech - Begriffserklärung, LMZ Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, abgerufen am 30. Dez. 2020