Paul Ludwig Troost
Paul Ludwig Troost (* 17. August 1878 in Elberfeld; † 21. Januar 1934 in München) war ein deutscher Architekt und Innenarchitekt. Unter anderem errichtete er ab 1933 den „Führerbau“ am Königsplatz in München und war verantwortlich für den Umbau des „Braunen Hauses“ in München.
Leben
Troost studierte an der Technischen Hochschule Darmstadt Architektur, wo er unter anderem Schüler von Karl Hofmann war; nach dem Studium arbeitete er zunächst bei dessen Bruder, dem Konsistorialbaumeister Ludwig Hofmann und danach im Büro von Heinrich Metzendorf. Ab ca. 1901/02 war er Bürochef bei Martin Dülfer in München. Ab 1904 (nach anderen Quellen: 1906) arbeitete er als selbständiger Architekt in München. Troost war zudem Mitglied im Deutschen Werkbund. Im Jahr 1917 wurde Troost zum Professor ernannt.[1] Zwischen 1912 und 1930 richtete er etliche Transatlantik-Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyds, wie zum Beispiel die Europa ein und prägte den sogenannten Dampferstil. Die Zusammenarbeit mit dem NDL war auf die Kooperation der Reederei mit dem Deutschen Werkbund zurückzuführen.[2] Troost war wesentlich an der Innengestaltung von Schloss Cecilienhof in Potsdam beteiligt.
Elsa und Hugo Bruckmann waren es, die im Herbst 1930 den privaten Kontakt zwischen Troost und Adolf Hitler vermittelten.[3][4] Troost war vor Albert Speer der Lieblingsarchitekt Hitlers, für den er 1933 mit dem Umbau der „Führerwohnung“ in der alten Reichskanzlei in Berlin begann. Dabei griff Troost vielfach auf Stilelemente und Motive seiner Dampfereinrichtungen und eines monumentalisierten Art Déco zurück.
Da Troost bereits im Januar 1934 überraschend starb, blieb seine Tätigkeit als NS-Baumeister weitgehend auf München beschränkt.[5] Er war jedoch zusammen mit dem im selben Jahr verstorbenen Ludwig Ruff weit mehr als Albert Speer stilbildend für die Architektursprache des „Dritten Reichs“. Sein bekanntestes Bauwerk ist das erst lange nach seinem Tod fertiggestellte „Haus der Deutschen Kunst“ (heute „Haus der Kunst“) in München, das Veranstaltungsort der Großen Deutschen Kunstausstellung war.
Hitler ehrte Troost am 30. Januar 1938 (der Tag der Machtübernahme wurde damals gefeiert) postum mit dem 1937 gestifteten Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft.[6] Seine Witwe Gerdy Troost hatte weiterhin großen Einfluss auf die Architektur im Nationalsozialismus und erhielt 1943 von Hitler eine Dotation in Höhe von 100.000 Reichsmark.[7]
Troosts Grab befindet sich auf dem Münchner Nordfriedhof.
Bauten (Auswahl)
- 1902: Familiengruft Becker auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee (als Mitarbeiter von Martin Dülfer)
- um 1903: Wohnhaus für den Landschaftsmaler Benno Becker in München-Bogenhausen (als Mitarbeiter von Martin Dülfer) (1968 abgerissen)
- 1905–1906: Umbau eines Wohnhauses für Felix vom Rath in München-Schwabing, Georgenstraße 3
- um 1907: Wohnhaus in Schwerin
- 1907–1909: Villa Chillingworth in Nürnberg
- 1909–1911: Wohnhaus mit Atelier für Robert Böninger in München-Bogenhausen[8][9][10]
- vor 1914: Landhaus Kuppelwieser in München[10]
- 1914–1917: Innenräume des Schlosses Cecilienhof in Potsdam
- 1917: Ausgestaltung Haus Heineken in Bremen[11]
- 1925: Ausgestaltung Jacobihalle in Bremen
- 1933–1936: „Verwaltungsbau“ und „Führerbau“ der NSDAP in München
- 1933–1937: „Haus der Deutschen Kunst“ in München
Literatur
- Sabine Brantl: Haus der Kunst München. Ein Ort und seine Geschichte im Nationalsozialismus. Allitera Verlag, München 2007, ISBN 978-3-86520-242-0 (Edition Monacensia).
- Sonja Günther: Design der Macht. Möbel für Repräsentanten des „Dritten Reichs“. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1992, ISBN 3-421-03029-4.
- Hartmut Mayer: Paul Ludwig Troost: „germanische Tektonik“ für München. Wasmuth, Tübingen/Berlin 2007, ISBN 978-3-8030-0678-3.
- Winfried Nerdinger (Hrsg.): Bauen im Nationalsozialismus. Bayern 1933–1945. Klinkhardt und Biermann, München 1993, ISBN 3-7814-0360-2.
- R. Kain: Paul Ludwig Troost und die Raumkunst an Bord. In: Die Güldenkammer, 1944.
- Timo Nüßlein: Paul Ludwig Troost – das architektonische Frühwerk 1902–1913; Wohnhäuser, Projekte und Wettbewerbsentwürfe. Magisterarbeit, Freiburg 2004.
- Timo Nüßlein: Paul Ludwig Troost (1878–1934) (= Hitlers Architekten. Historisch-kritische Monographien zur Regimearchitektur im Nationalsozialismus. Hrsg. von Winfried Nerdinger u. Raphael Rosenberg. Bd. 1), Böhlau, Wien u. a. 2012, ISBN 978-3-205-78865-2.
- Robert Scholz: Paul Ludwig Troost. In: Nationalsozialistische Monatshefte, Heft 161 – (1. Doppelheft 1944)
Weblinks
Einzelnachweise
- Sebastian Brüninghaus: Das Wort aus Stein. Bauen im Nationalsozialismus. Diplomica, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8366-8940-3, S. 16–18.
- vgl. Joan Campbell: Der Deutsche Werkbund, 1907–1934. München 1989, S. 59f.
- Wolfgang Martynkewicz: Salon Deutschland. Geist und Macht 1900–1945. Aufbau Verlag, Berlin 2009 S. 90.
- Karl Arndt: Die Münchner Architekturszene 1933/34 als ästhetisch-politisches Konfliktfeld. In: Martin Broszat, Elke Fröhlich und Anton Grossmann (Hrsg.): Bayern in der NS-Zeit. Veröffentlicht im Rahmen des Projekts „Widerstand und Verfolgung in Bayern 1933-1945“. Band 3. Oldenbourg, München 1981, ISBN 3-486-42381-9, I. „Das Haus der Deutschen Kunst“. ein Symbol der neuen Machtverhältnisse, S. 444 (Google Books [abgerufen am 28. August 2012] Anmerkung 2)).
- http://www.tagesspiegel.de/kultur/hitlers-architekten-karo-und-klassizismus/13995648.html
- Paul Bruppacher: Adolf Hitler und die Geschichte der NSDAP Teil 2: 1938 bis 1945 (S. 16)
- Gerd R. Ueberschär, Winfried Vogel: Dienen und Verdienen. Hitlers Geschenke an seine Eliten. Frankfurt 1999, ISBN 3-10-086002-0.
- Villa von Robert Gerhard Böninger (Oberföhringer Straße 24), Webseite im Portal nordostkultur-muenchen.de, abgerufen am 19. Juli 2019
- Eugen Kalkschmidt: Neue Baukunst in München. In: Architektonische Rundschau – Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst 31/1914 (Digitalisat)
- Wasmuths Monatshefte für Baukunst Heft 1/1914 (Digitalisat)
- http://www.uni-heidelberg.de/imperia/md/content/fakultaeten/phil/zegk/iek/dokoranden/nuesslein.pdf