Paul Egede
Paul oder Poul Hansen Egede (* 9. September 1708 in Kabelvåg, heute zu Vågan auf der Lofoten-Insel Austvågøya; † 6. Juni 1789 in Kopenhagen) war ein dänisch-norwegischer Grönland-Missionar, Sprachwissenschaftler und Übersetzer.
Leben
Das erste der vier Kinder von Hans Egede, des ersten Missionars Grönlands, und seiner Frau Gertrud Rask, gelangte mit seinen Eltern 1721 nach Grönland, wo der Junge in Godthåb schnell die grönländische Sprache erlernte und sich mit der Lebensweise und Kultur der einheimischen Inuit vertraut machte. 1728 schickte ihn sein Vater zum Studium nach Kopenhagen, bereits mit dem Plan, in Paul seinen Nachfolger für die Grönland-Mission zu finden. Der Sohn, der ursprünglich Offizier zur See werden wollte, beugte sich schließlich dem Willen des Vaters.
König Friedrich IV. und der dänische Hof zeigten sich interessiert an Paul Egede. 1734, nach seiner Ordinierung als Missionar, kehrte Paul Egede in kirchlicher Mission nach Grönland zurück. Er begann in der von Jacob Severin gegründeten Siedlung Christianshåb (Qasigiannguit) mit seinen wichtigen Missions- und Übersetzungsarbeiten. Durch seine Kenntnis der grönländischen Gesellschaft, Kultur und Mentalität gelangen ihm zahlreiche Fortschritte in der Missionstätigkeit.
1740 zwang ihn ein Augenleiden zur Rückkehr nach Dänemark. 1741 wurde er Pfarrer in Kopenhagen, 1747 Leiter des dortigen Grönländischen Seminars. 1758 wurde er zum Propst und Inspekteur über die grönländische Mission ernannt, 1761 promovierte er zum Doktor Theologiae naturalis und Professor. 1779 erhielt Paul Egede zusätzlich den Titel und Rang eines Titularbischofs von Grönland. Seit 1785 war er Mitglied der Königlich Norwegischen Wissenschaftlichen Gesellschaft.
Paul Egede verehelichte sich in seinem Leben dreimal: 1742 mit Maria Elisabeth Frauen (1718–1752), 1753 mit Marie Christine Thestrup (1735–1768) und 1771 mit deren Schwester Christiane Amalie Thestrup (1744–1795). Er starb 1789 hoch angesehen als „Lehrer Grönlands“ in Kopenhagen.
Literarisches Werk
Da der sprachbegabte Paul Egede zusammen mit seinem Bruder Niels in einem dänisch-grönländischen Umfeld aufgewachsen war, und die Eltern die Begegnung mit der einheimischen Inuit-Kultur förderten, kommt seinen Übersetzungen ins Grönländische bahnbrechende Bedeutung zu. 1739 lagen die ersten drei Bücher Mose vor, 1742 erschien der erste Katechismus in grönländischer Sprache, 1744 die vier Evangelien. 1766 beendete Egede seine Übersetzung des gesamten Neuen Testaments, die sich auf Vorarbeiten des Vaters stützte. 1750 publizierte er das grönländisch-dänisch-lateinische Wörterbuch, 1760 eine Grammatik zur grönländischen Sprache, die bis zu den Arbeiten Samuel Kleinschmidts über einhundert Jahre lang maßgeblich war. 1787 war seine grönländische Übersetzung von Thomas a Kempis' De imitatione Christi fertiggestellt. Egede zeigte bei seiner Übersetzungstätigkeit großes missionarisches Geschick, die Texte der Vorstellungswelt der Inuit anzupassen.
Seine Erlebnisse in der Missionsarbeit schilderte er anschaulich in Tagebuchform in den Büchern Continuation af Relationerne betræffende den Grønlandske Missionens Tilstand og Beskaffenhed, forfattet i Form af en Journal fra Anno 1734 til 1740 (erschienen 1741) und Efterretninger om Grønland, uddragne af en Journal, holden fra 1721 til 1788 (erschienen 1788), das in mehrere Fremdsprachen übersetzt wurde und großen Einfluss auf das Grönlandbild des 19. Jahrhunderts hatte.
Wichtigste Arbeiten
- Evangelium okausek tussarnersok Gub Niarnik Innungortomik akausianiglo, Usornartuleniglo, tokomello umarmello, Killaliarmello, Innuin annauniartlugit, aggerromartomiglo, tokorsut tomasa umartitsartortlugit. karalit okausiet attuartlugo aglekpaka Paul Egede. Kongib Iglorpersoarne, Kiôbenhavnme 1744.
- Dictionarium Grönlandico-Danico-Latinum: complectens primitiva cum suis derivatis, qvibus interjectae sunt voces primariae è Kirendo Angekkutorum adornatum. Gottm. Frid. Kise, Hafniae 1750.
- Grammatica Grönlandica Danico-Latina. Kisel, Havniae 1760.
- Kristusimik Mallingnaursut / pivdlugit Thomasib â Kempisib; aglegá Kaladlin okauzeenut nuktersimarsok Pelesiunermit Paviamit Egedimit; illegeegnerublo ussornartórsub “Det Danske Missions-Selskabimik” taïutiglub ama nakittarkomago; nárkingniarkiksarallóarà A. F. Hönnib. 1824
Literatur
- Hother Ostermann: Poul og Niels Egede: Continuation af Hans Egedes relationer fra Grønland samt Niels Egede: Beskrivelse over Grønland. Kopenhagen 1939 (= Meddelelser om Grønland, Band 120).
- Friedrich Wilhelm Bautz: Egede, Paul. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 1468.
- L.B-n: Egede, Paul Hansen. In: Christian Blangstrup (Hrsg.): Salmonsens Konversationsleksikon. 2. Auflage. Band 6: Demeter–Elektriske Sikringer. J. H. Schultz Forlag, Kopenhagen 1917, S. 753 (dänisch, runeberg.org).
- Paul Egede. In: Carl Frederik Bricka (Hrsg.): Dansk biografisk Lexikon. Tillige omfattende Norge for Tidsrummet 1537–1814. 1. Auflage. Band 4: Clemens–Eynden. Gyldendalske Boghandels Forlag, Kopenhagen 1890, S. 431 (dänisch, runeberg.org).