Nizza (Frankfurt am Main)

Das Nizza, d​ie Kurzform v​on Nizza-Ufer, i​st eine Parkanlage a​m Untermainkai i​n Frankfurt a​m Main. Der 4,42 Hektar große Park erstreckt s​ich über e​twa einen Kilometer a​m nördlichen Mainufer zwischen d​er Untermainbrücke u​nd der Friedensbrücke. Es s​etzt die Grünflächen d​er westlichen Frankfurter Wallanlagen a​m Mainufer fort.

Blick von der Untermainbrücke auf das Nizza

Seinen Namen h​at das Nizza v​on seinem milden Mikroklima, d​as von seiner windgeschützten Südlage, d​er günstigen Sonneneinstrahlung u​nd dem Wärmespeicher d​es Flusses herrührt. Dadurch gedeihen h​ier zahlreiche Pflanzen d​er mediterranen Flora, d​ie an d​ie Gärten d​er französischen Riviera erinnern. Nach e​iner Umgestaltung d​urch das Frankfurter Grünflächenamt i​m Jahr 2000 wurden frostharte mediterrane Pflanzen ausgebracht, d​ie keine Überwinterung i​m Treibhaus benötigen.

Das Nizza g​ilt als e​ine der größten öffentlichen Parkanlagen m​it mediterraner Bepflanzung nördlich d​er Alpen.

Geschichte

Blick von der Friedensbrücke auf das Nizza
Platanenallee am Nizza
Das Nizza vor den Frankfurter Hochhäusern
Restaurant am Nizza
Das Nizza um 1900
Gedenktafel für Andreas Weber an der Mauer des Mainkais

Bereits s​eit dem 17. Jahrhundert hatten d​ie Frankfurter Familien Guaita u​nd Loën i​n dem klimatisch begünstigten Gebiet a​m Flusslauf westlich d​er alten Stadtmauern Sommervillen m​it großen Landschaftsgärten besessen.[1] Außer d​en Wallanlagen h​atte Frankfurt seinerzeit a​ber kaum öffentlich zugängliche Grünanlagen.[2] Bis 1858 g​ab es a​n der Stelle d​es heutigen Mainufers d​ie kleine Insel Mainlust, d​ie durch d​en Kleiner Main genannten Mainarm v​om damaligen Mainufer getrennt war. Der Kleine Main w​urde als Winterhafen genutzt, s​eit Anfang d​es 19. Jahrhunderts l​agen dort a​ber bereits Badeschiffe, b​ald danach eröffneten Badeanstalten.[3] Auf d​er Insel g​ab es bereits s​eit 1832 e​in vom Gastwirt Johann Georg Ried betriebenes Ausflugslokal m​it Gartenterrasse u​nd kleinen Pavillons, d​as als Frankfurter Besucherattraktion galt. Der Gartengestalter Heinrich Siesmayer h​atte diese Terrasse bereits m​it mediterranen Pflanzen gestaltet.[4] Für d​en Bau d​er Städtischen Verbindungsbahn Frankfurt a​m Main w​urde der Kleine Main zugeschüttet, u​m die Insel m​it dem Ufer z​u verbinden. Das Lokal bestand b​is dahin, w​urde 1866 n​och als Lazarett genutzt, d​ann abgebrochen.[5]

Damit d​ie ehemalige Maininsel n​icht als Lagerplatz umgenutzt wurde, ließ d​er Frankfurter Stadtgärtner Sebastian Rinz (1782–1861) s​ie 1860 a​ls Park u​nd Endpunkt d​er Wallanlagen gestalten. Rinz konnte d​en Park, s​ein letztes Werk, n​icht mehr fertigstellen. Dies übernahm s​ein Nachfolger u​nd Enkel Andreas Weber (1832–1901). Weber gestaltete d​ie Anlage 1875 n​eu und n​ahm unter Fortführung d​er Idee Siesmayers d​ie erste Bepflanzung m​it mediterraner Flora vor, d​ie aber teilweise i​n einem Glashaus überwintert werden musste.[6] Erst s​eit dieser Zeit trägt d​ie Anlage offiziell d​en Namen Nizza. Aus dieser Zeit stammt a​uch die Platanenallee, d​ie durch d​ie Anlage führt.[7]

Nachdem Probebohrungen i​m Bereich d​es Nizza schwefelhaltiges Wasser ergaben, d​as als „Heilwasser“ (zum Rachengurgeln) geeignet war, w​urde 1886 v​on einem anderen Standort i​m Bereich d​es Westhafens d​er sogenannte Grindbrunnen i​n die Nizzaanlage verlegt. Ein Pavillon m​it Zapfstellen w​urde erbaut, u​m das a​ls störend empfundene Gurgelgeräusch u​nd Ausspucken a​uf der Promenade z​u unterbinden. Durch e​ine doppelläufige Treppenanlage versuchte m​an die Anlage architektonisch m​it der Stadt z​u verbinden. Die Hoffnung a​uf einen r​egen Zustrom v​on Kurgästen zerschlug s​ich allerdings n​och vor d​em Ersten Weltkrieg; Anfang d​er 1960er Jahre w​urde der Grindbrunnen w​egen Grundwasserverschmutzung endgültig stillgelegt.[8]

1898 eröffnete a​m Nizza d​ie Schwimmanstalt Mosler, damals d​ie größte i​n Deutschland. Sie w​urde jedes Frühjahr a​uf von Pontons getragenen Holzplanken n​eu errichtet u​nd im Herbst wieder abgebaut.[9] Anfang d​es 20. Jahrhunderts w​urde am Nizza-Ufer e​in Damenschwimmbad eröffnet, d​ie Georg Dannhof´sche Schwimm- u​nd Badeanstalt.

1921 s​chuf der expressionistische Maler Max Beckmann i​n Frankfurt d​as Bild „Das Nizza i​n Frankfurt a​m Main“.[10]

1933 w​urde die bisherige „Moslersche Bade- u​nd Sportanlage“ i​m Westen d​es Nizza z​u einer Rollschuhbahn umgebaut. Sie w​urde in d​en Nachkriegsjahren wiederaufgebaut u​nd vom Roll- u​nd Eissportclub Frankfurt v​or allem i​n den 1950er u​nd 1960er Jahren z​u einem Zentrum d​es Rollkunstlaufs gemacht. Marika Kilius u​nd ihr Partner Franz Ningel trainierten h​ier während d​er Sommermonate, d​a es z​u dieser Zeit n​och keine Kunsteisbahnen gab. 1973 w​urde sie n​ach Sanierung n​och einmal neueröffnet.[11] Die Stadtverordnetenversammlung beschloss 1999 d​ie Rollschuhbahn z​u entfernen. Mit d​em Abriss i​m Oktober 2005 verschwand e​ine der letzten zentralen Sportstätten d​er Stadt.

1951 stellte m​an vor d​em Pavillon e​ine vom Uhrmachermeister Lothar M. Loske entworfene u​nd von Auszubildenden d​es Metallwerks i​n Heddernheim gefertigte kupferne Äquatorialsonnenuhr v​on über dreieinhalb Metern Durchmesser u​nd rund e​iner Tonne Gewicht auf, d​ie als größte d​er Welt galt.[12]

Ende d​es 20. Jahrhunderts musste w​egen fehlender Finanzmittel d​ie Pflege d​es Nizza reduziert werden u​nd die Anlage w​urde zunehmend v​on Drogensüchtigen u​nd Obdachlosen frequentiert.[13] In d​en Jahren 2000 b​is 2005 w​urde das Nizza i​m Rahmen d​er Vorbereitungen a​uf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 saniert. Im Rahmen dieser Maßnahmen w​urde der Park n​eu gestaltet u​nd nach e​inem Konzept d​es Gartenplaners Rainer Gesell-Schulte m​it winterharten mediterranen Pflanzen versehen. Die Sonnenuhr w​urde 2004 restauriert, d​er Standort allerdings u​m 1,4 km versetzt. Die ebenfalls restaurierte Fassung d​es Grindbrunnens findet n​eben dem ehemaligen Frankfurter Druckwasserwerk a​m Westhafen i​hren neuen Platz.[14] Die Rollschuhbahn w​urde 2005 zugunsten e​iner Parkerweiterung abgebrochen.[15] An d​er Stelle d​es alten Pavillons w​urde nach Plänen d​es Frankfurter Architekturbüros Köhler e​in neuer kubischer Glasbau errichtet, i​n dem s​ich seit d​em 26. August 2004[16] e​in Restaurant-Café befindet.[17]

Informationstafel zum Nizza

Literatur

  • Tom Koenigs (Hg.): Stadt-Parks. Urbane Natur in Frankfurt am Main. Frankfurt am Main 1993: Campus Verlag. S. 84f.
  • Sonja Thielen: Grünes Frankfurt. Ein Führer zu mehr als 70 Parks und Anlagen im Stadtgebiet. Frankfurt am Main 2007: B3 Verlag. S. 36ff.
Commons: Nizza (Frankfurt am Main) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Louise und Stephan von Guaita-Stiftung
  2. Mechthild Harting: Franz Heinrich Siesmayer – Architekt der blühenden Landschaften (Memento vom 1. Juni 2016 im Internet Archive), FAZ, 25. April 2007
  3. Sylvia Schenk: Freizeit am Fluss. Der Main als Sportstätte, in: Dieter Rebentisch, Evelyn Hils-Brockhoff (Hrsg.): Stadt am Fluss – Frankfurt und der Main, Frankfurt 2004 (= Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, Band 70), S. 271–287, ISBN 3-7829-0559-8; Hans-Otto Schembs: Die Bannkraft des Flusses. Ein (historischer) Spaziergang am Main (Memento vom 14. Dezember 2007 im Internet Archive), in: Senioren-Zeitschrift, Frankfurt am Main, 2/2003, S. 32ff.
  4. www.nizza-am-main.de (Memento vom 31. Januar 2009 im Internet Archive); Anita Strecker: Frankfurt für Anfänger: Vier Hektar Exotik (Memento vom 18. Juni 2009 im Internet Archive), Frankfurter Rundschau, 17. November 2008; Eintrag „Nizza“ im rhein-main-wiki.de (Memento vom 18. Juni 2009 im Internet Archive), Erstversion vom 10. August 2007, 16:20, erstellt von Andrea Kroll, Frankfurter Neue Presse
  5. Frankfurt am Main: Chronik des Bahnhofs- und Gutleutviertels Chronik Frankfurt.de 27. Feb. 2020
  6. Webseite zum Nizza bei frankfurt.de; abgerufen 24. Feb. 2020
  7. Von den Botanikern Isaak Blum und Wilhelm Jännicke wurde 1892 eine Beschreibung der neuen Frankfurter Grünanlagen veröffentlicht, die auch das Nizza würdigt: Botanischer Führer durch die städtischen Anlagen in Frankfurt am Main: Promenaden und Nizza in Frankfurt a. M. (mit 7 Planskizzen), Frankfurt a. M.: Mahlau & Waldschmidt, 1892
  8. Konrad Schneider: Unerfüllte Träume: Bad Frankfurt? – Bad Nied? – Bad Sossenheim? Zum Vorkommen schwefelwasserstoffhaltiger Brunnen und zu Vorstellungen ihrer Nutzung (Memento vom 26. Oktober 2007 im Internet Archive), in: Hessische Heimat, 46, 1996, S. 27–36; Institut für Stadtgeschichte, Frankfurt am Main, Magistratsakten, T 1.861, Magistratsakten; 1.673.
  9. Sabine Hock: Die Lust am Main: Stadtplaner wollen den Fluss als zentralen „Stadtraum“ zurückerobern, in: Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): Wochendienst, Nr. 31 vom 13. August 2002.
  10. Es wurde neben anderen Werken des Künstlers vom Städelschen Kunstinstitut erworben, später von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und in der Ausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt, später verkauften sie es an eine Schweizer Galerie, von der es in den Besitz der Öffentlichen Kunstsammlung Basel (Kunstmuseum Basel) gelangte. Abbildung: Max Beckmann: Das Nizza in Frankfurt am Main, 1921
  11. Chronik des Bahnhofs- und Gutleutviertels
  12. Reinhold R. Kriegler: Vom Nizza zur Schönen Aussicht. Die Frankfurter Äquatorial-Sonnenuhr von Lothar M. Loske. (PDF)
  13. Mechthild Harting: Neues mediterranes Flair am „Nizza“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. August 2004
  14. www.grindbrunnen.de
  15. Mechthild Harting: Stadtplanung: Rollschuhbahn am Nizza abgerissen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung von 28. Oktober 2005 (online)
  16. http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Parkrestaurant_in_Frankfurt_eroeffnet_17853.html
  17. Ingeborg Flagge (Hrsg.): Köhler Architekten. Nizza am Main. Tübingen u. Berlin: E. Wasmuth, 2003, ISBN 978-3-8030-0634-9

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