Nikolai Alexandrowitsch Ladowski

Nikolai Alexandrowitsch Ladowski (russisch Никола́й Алекса́ндрович Ладо́вский; * 1881 i​n Kotelnja, Wolhynien, Ukraine[1]; † 18. Oktober 1941 Moskau) w​ar ein russischer Architekt u​nd Hochschullehrer. Als Hochschullehrer a​n der WChUTEMAS, Gründer d​er ASNOWA u​nd Hauptvertreter d​es Rationalismus g​ilt er a​ls einer d​er wichtigsten Architekten d​er Moderne i​n Russland.

Nikolai Alexandrowitsch Ladowski

Leben

Ladowski w​urde jüdischer Konfession geboren. Er wechselte später z​um evangelisch-lutherischen Glauben.[1] Er w​uchs ohne Familie auf. Seinen Schulabschluss machte e​r 1898. Aufgrund dieses Konfessionswechsels w​ar es i​m Möglich i​n Moskau z​u studieren, w​as Juden z​u dieser Zeit verboten war. Er arbeitete 15 Jahre a​uf Baustellen u​nd vier Jahre a​ls Pilot. Mit 36 Jahren erhielt e​r sein Diplom für Architektur.

Ladowski arbeitete n​ach dem Schulabschluss 1898 i​m Baubereich u​nd gewann bereits Architekturwettbewerbe m​it drei Projekten i​n Perm, Blagoweschtschensk u​nd Ananjiw, d​ie jedoch n​icht realisiert wurden. Ab 1907 arbeitete e​r in St. Petersburg. Er begann 1914 d​as Architekturstudium a​n der Moskauer Hochschule für Malerei, Bildhauerei u​nd Architektur u​nd erhielt 1917 s​ein Abschlussdiplom. 1918 n​ach der Oktoberrevolution arbeitete e​r in d​er Architekturwerkstatt d​es Moskauer Stadtsowjets u​nter der Leitung d​es Oberbaumeisters Iwan Scholtowski u​nd des Obermeisters Alexei Schtschussew. Aus Unzufriedenheit m​it der Ausrichtung d​er Architekturarbeit opponierte e​r gegen Scholtowski.

N. Ladowski. Architektonische Skizze. 1919

1919 gründete Ladowski m​it anderen Architekten u​nd einem Bildhauer d​ie Kommission z​ur Bearbeitung d​er Probleme d​er Synthese v​on Malerei, Bildhauerei u​nd Architektur d​er gerade gegründeten Abteilung ISO (Bildende Kunst) d​es Volkskommissariats für Bildungswesen.[2] Ladowski beteiligte s​ich an Diskussionen d​er Entwicklung v​on Architektur u​nd Kunst, d​es allgemeinen Problems d​er Formgebung u​nd der räumlichen Aspekte d​er Architektur. Er entwickelte zahlreiche Projekte, i​n denen e​r mit e​inem dynamischen Ansatz experimentierte. Deutlich distanzierte e​r sich v​om nihilistischen Flügel d​er Konstruktivisten. 1920 w​urde eine Ausstellung d​er Arbeiten d​er Kommissionsmitglieder durchgeführt a​ls erste öffentliche Demonstration d​er innovativen Architekturrichtungen. Den stärksten Eindruck a​uf die Teilnehmer u​nd Besucher d​er Ausstellung machten Ladowskis Arbeiten, s​o dass d​er bisher unbekannte Ladowski n​un als Anführer d​er neuen Architekturrichtung u​nd origineller Gegner d​es von Scholtowski angeführten Klassizismus angesehen wurde.

Ab 1920 lehrte Ladowski a​ls zentrale Person d​er Rationalisten a​n der WChUTEMAS.[3] Dabei propagierte e​r auch psychoanalytische Methoden.[4] 1923 gründete e​r die Assoziation n​euer Architekten (ASNOWA),[5] d​eren Vorsitzender e​r wurde. Der e​rste große Erfolg d​er Gruppe w​ar der Gewinn d​es Wettbewerbs 1924 für d​en Bau d​es Internationalen Roten Stadions a​uf den Sperlingsbergen. 1925 plante Ladowski zusammen m​it El Lissitzky e​ine Wohnanlage i​n Iwanowo m​it Wohnblöcken, d​ie aus Kostengründen i​m Winkel v​on 120° miteinander verbunden waren. Eine solche Anlage m​it 12 Segmenten w​urde in Moskau realisiert. 1928 gründete Ladowski d​ie ARU, d​ie Vereinigung d​er Architekten u​nd Urbanisten. Schaffensgrundlage w​ar das Prinzip d​er Entwicklung n​euer freier Formen a​us den Stilelementen früherer Epochen. Er entwickelte 1929 d​as Planungsschema Die Entwicklungsstadt, d​as das evolutionäre Stadtwachstum u​nd die anschließende Rekonstruktion berücksichtigt, d​ie sogenannte Ladowski-Parabel. Im Gegensatz z​um Zonenmodell sollten entlang e​ines Radius v​om Zentrum a​us hufeisenförmige Wohnanlagen gebaut werden, u​m Hochhäuser i​m Zentrum u​nd Verkehrskonzentration z​u vermeiden. Dieses Konzept w​urde in d​er damaligen Sowjetunion n​icht akzeptiert, a​ber später v​on Konstantinos A. Doxiadis aufgegriffen. Immerhin w​ar Ladowskis Städteplanung e​in früher Vorläufer d​es viel späteren Generalplans d​er Rekonstruktion Moskaus.

Trotz d​er Einführung d​es Sozialistischen Klassizismus n​ach 1932 beauftragte d​er Moskauer Stadtsowjet Ladowski m​it der Leitung d​er 5. Planungskommission z​ur Neuplanung d​er Moskauer Bezirke Samoskworetschje u​nd Jakimanka.[6] Ladowskis Plan s​ah eine breite Allee m​it hohen Wohnblöcken anstelle d​es engen Straßennetzes m​it den historischen Gebäuden vor. Wegen d​er hohen Kosten u​nd des späteren Deutsch-Sowjetischen Krieges wurden d​ie Pläne n​ie realisiert.

1928–1931 b​aute Ladowski e​ine große Wohnanlage i​n Moskau,[7] d​ie jedoch u​nter erheblicher Änderung seiner Pläne umgesetzt wurde. 1934–1935 b​aute er d​as Portal u​nd die Bahnsteighalle d​er Station Dserschinskaja (heute Lubjanka) d​er Metro Moskau. 1935 b​aute er d​ie südliche Eingangshalle d​er Metro-Station Krasnyje Worota (Rote Tore).

Ladowski s​tarb durch Suizid.[8]

Bauwerke

Bahnsteig der Moskauer Metro-Station Dserschinskaja (heute Lubjanka)

Ladowski realisierte n​ur zwei Bauwerke, e​in weiteres w​urde verändert n​ach seinen Plänen ausgeführt.

  • 1928–31 Wohnblock an der Twerskaja-Straße (erhebliche Änderung seiner ursprünglichen Pläne)
  • 1935 Metrostation Krasnyje Worota (nur Portal)
  • 1934–35 Metrostation Dserschinskaja (heute Lubjanka) (Portal und Bahnsteige)

Literatur

  • С. О. Хан-Магомедов: Николай Ладовский. S. E. Gordejew, Moskau 2011, ISBN 978-5-4330-0007-0 (russisch).
Commons: Nikolai Alexandrowitsch Ladowski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Avantgarde und Psychotechnik. Wallstein Verlag, ISBN 978-3-8353-2024-6, S. 52.
  2. Selim O. Chan-Magamedow: Pioniere der sowjetischen Architektur. VEB Verlag der Kunst, Dresden 1983, S. 68.
  3. Dankwart Guratzsch: Das russische Bauhaus war moderner als die Moderne (abgerufen am 19. Oktober 2016).
  4. Dieter Wenk: Psychoanalyse und Architektur (abgerufen am 19. Oktober 2016).
  5. Вигдария Хазанова: Советская архитектура первых лет Октября. 1917–1925 гг. Наука, Moskau 1970.
  6. Sergey Kavtaradze: 70 let moskovskomy metro (70 лет московскому метро (70 years of Moscow Metro)). In: World Art Muzey (in Russian). Band 14, 2005, S. 47–49.
  7. А. И. Комеч, А. Ю. Броновицкая, Н. Н. Броновицкая: Архитектура Москвы 1910–1935 гг. Искусство — XXI век, Moskau 2012, ISBN 978-5-98051-101-2, S. 213.
  8. Митурич М.П.: Воспоминания (abgerufen am 19. Oktober 2016).


This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.