Netsuke
Netsuke (japanisch 根付) sind kleine geschnitzte Figuren aus Japan. Sie dienten als Gegengewicht bei der Befestigung eines Sagemono (‚hängendes Behältnis‘) wie z. B. eines Inrō, einer flachen, kleinen, mehrteiligen Lackholzdose am Obi des taschenlosen Kimono.[1]
Bevorzugtes Material war ursprünglich Wurzelholz, Elfenbein, aber auch Wal- und Walrosszähne, Holz, insbesondere Buchsbaum, Bambus, Hirschhorn und weitere.[2]
Sie entstanden im ausgehenden 17. Jahrhundert mit dem Erstarken des Bürgertums[3] und hielten sich bis in die 1880er Jahre, als der Kimono als Alltagskleidungsstück außer Gebrauch geriet.[1] Als Kunstobjekte werden sie jedoch bis in die Gegenwart hergestellt.
Dargestellt wurden mythologische Figuren, insbesondere die Sieben Glücksgötter, Tiere, Blumen, Früchte sowie Gegenstände und Szenen aus dem Alltag.[4] Einer der berühmten Netsuke-Schnitzer (Netsukeshi) war Masanao aus der Kyōto-Schule.[5]
2010 wurde Edmund de Waals Familiengeschichte The Hare with the Amber Eyes: a Hidden Inheritance veröffentlicht. Der Titel bezieht sich auf eine der 264 Netsuke-Figuren, die de Waal von seinem Großonkel Iggy (Ignaz/Ignace) Leo Ephrussi geerbt hatte. 2011 erschien das Werk auf Deutsch unter dem Titel Der Hase mit den Bernsteinaugen. Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi und wurde ein Bestseller.[6]
Formen
Es werden mehrere Formen unterschieden, beispielsweise
- katabori (形彫) – kompakte, rundliche Skulpturen (weit verbreitet)
- anabori (穴彫) – hohle, muschelartige Skulpturen
- men (面) – Kopf- oder Masken-Netsuke, oft Verkleinerungen von Nō-Masken (weit verbreitet)
- sashi (差) – lange, stab- oder nadelförmige Netsuke
- manjū (饅頭) – runde, knopfartige Netsuke mit Reliefs
- ryūsa (柳左) – ähnlich wie manjū, jedoch durchbrochen geschnitzt
- kagamibuta (鏡蓋) – wie ein kleiner Napf mit einem Deckel aus verziertem Metall
- karakuri (からくり) – alle Netsuke mit beweglichen Teilen oder verstecktem Inhalt
- Katabori-Netsuke
- Anabori-Netsuke
- Men-Netsuke
- Sashi-Netsuke
- Manjū-Netsuke
- Ryūsa-Netsuke
- Kagamibuta-Netsuke
- Karakuri-Netsuke
Einzelnachweise
- Trude Klefisch: Netsuke. In: Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (Hrsg.): OAG Notizen. Nr. 02/2010. Tokio 2010, S. 25 (PDF).
- Klefisch, S. 32
- Klefisch, S. 26
- Klefisch, S. 29
- Klefisch, S. 31
- Oliver vom Hofe, Unersetzliche Kulturgeschichte. Vor zehn Jahren erschienen – und bald als Gratisbuch in Wien verteilt: „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ von Edmund de Waal. Eine Wiederlektüre, in: Wiener Zeitung, 30./31. Oktober 2021, S. 31–32; https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/reflexionen/geschichten/2126098-Edmund-de-Waals-Bestseller.html
Literatur
- Richard Wolf: Die Welt der Netsuke. Einführung für Sammler und Liebhaber, F. A. Brockhaus, Wiesbaden 1970
- Wolfmar Zacken: Netsuke. Eine Ausstellung mit über zweihundert Netsukes, sowie Inrōs, Ojimes, Kinchakus und Tonkotsus. Edition Zacke, Wien
- S. Noma (Hrsg.): netsuke. In: Japan. An Illustrated Encyclopedia. Kodansha, 1993. ISBN 4-06-205938-X, S. 1076.
- Edmund de Waal: Der Hase mit den Bernsteinaugen. Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2011. (Das Buch erzählt die Geschichte der jüdischen Bankiersfamilie Ephrussi anhand von 264 Netsuke.)
- Wolfmar Zacken: Netsuke, Okimono und Inro. Eine Ausstellung mit über 113 Netsukes in Bild und Text. Edition Zacke, Wien 2005. http://www.zacke.at/de/auktion/netsuke-okimono-und-inro-ausstellung-2005
- Dieter R. Fuchs: Unterhaltsam in das Netsuke-Thema einführender Romanzyklus "Der Tanz der Häsin", "Hannya" und "Der Masanao Adler",Dieter R. Fuchs im Autorenlexikon. Abgerufen am 1. August 2021.
Weblinks
- International Netsuke Society (englisch)
- Netsuke (Memento vom 9. Dezember 2008 im Internet Archive)
- Netsuke, die japanischen Handschmeichler