Musselin
Der Musselin (auch der Mousselin; in der Schweiz die Mousseline) ist ein lockeres, feinfädiges und glattes Gewebe. Der Musselin wird aus Baumwolle oder Wolle – seit Anfang des 20. Jahrhunderts auch aus Viskose-Spinnfasern – in Leinwandbindung gewebt. Durch die weich gedrehten Fäden entsteht ein fließender Stoff mit weichem Griff. In sehr hochwertiger Ausführung wird Musselin auch aus Seide hergestellt.[1]
Herkunft
Marco Polo begegnete dem Stoff zum ersten Mal in der Stadt Mosul im heutigen Irak und bezeichnete ihn als Mossolina. Nach heutiger Erkenntnis stammt der Stoff jedoch aus der Region Bengalen, insbesondere Dhaka, wo bis ins 19. Jahrhundert die feinsten und besten Musselins aus einer speziellen Baumwollsorte (Gossypium arboreum var. neglecta) hergestellt wurden. Durch die Industrialisierung und die Politik der East India Company wurde die Produktion in Bangladesch verdrängt.[2] Veraltete Bezeichnungen für Musselin sind Chaly, Chalinet, Vapeur, Zephir, Ornis, Milaine, Lainette, Muslinet und Doreas.[3] Im 19. Jahrhundert wurde Musselin auch als Nesseltuch bezeichnet.
Verwendung
Der Musselin wird seit dem 17. Jahrhundert gefertigt und erlebte seine Blütezeit Ende des 18. beziehungsweise Anfang des 19. Jahrhunderts: Frauenkleider der während des Empire und Directoire beliebten Mode à la grecque wurden nach klassisch-griechischem Vorbild vorzugsweise aus weißem Musselin gefertigt. Erkältungskrankheiten wurden zu dieser Zeit unter dem Scherznamen „Musselinkrankheit“ zusammengefasst, da viele Frauen dieser Mode selbst im Winter folgten.[4] Eine mittelbare Folge der Mode war das Aufkommen großer, häufig mit orientalischem Muster (Paisley) versehener Kaschmirschals.
Je nach Einsatzgebiet ist Musselin stückgefärbt oder bedruckt. Leichter Musselin wird vor allem für Blusen und Sommerkleider sowie für Gardinen verwendet, grober Musselin als Grundbezug für Polstermöbel (Weißpolster).
Die Gebrüder Wright verwendeten 1903 bei ihrem Wright Flyer, dem ersten motorisierten Luftfahrzeug mit Piloten, Musselin als Bespannung für Tragflächen und Leitwerk.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Glafey (Hrsg.): Textil-Lexikon – Handwörterbuch der gesamten Textilkunde. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart/ Berlin 1937, S. 538.
- | Artikel Muslin in Banglapedia
- Eberhard Wadischat: Expert-Praxislexikon Textilkunde. 3. Auflage. expert verlag, Renningen 2008, ISBN 978-3-8169-2748-8, S. 102. (online)
- Erika Thiel: Geschichte des Kostüms. Berlin 1982, S. 294.