Musikalische Straße
Eine musikalische Straße (englisch: musical road) – bisweilen auch als singende Straße bezeichnet – ist eine Straße, die beim Befahren eine Vibration erzeugt, die wiederum über die Räder als hörbare Tonfolge ins Fahrzeuginnere übertragen wird. Auf diese Weise kann eine musikalische Straße Lieder „spielen“. Während manche musikalische Straße zum Vergnügen angelegt wurde, sollten andere die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer unterstützen, um Unfälle zu vermeiden.
Technik
Zur Erzeugung der Vibration gibt es unterschiedliche Techniken: entweder werden kleine Erhebungen auf der Straße angebracht (etwa Markierungsknöpfe oder Rüttelstreifen), oder aber es werden Rillen in den Straßenbelag geritzt oder gedrückt. Der wechselnde Abstand der Erhebungen oder Rillen bewirkt unterschiedliche Tonhöhen. Die vorgesehene Melodie klingt meist bei einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit am Angenehmsten; so kann der Effekt auch zur Geschwindigkeitsregelung eingesetzt werden.
Verbreitung
Musikalische Straßen gibt es in mehreren Ländern, darunter Dänemark, Japan, Südkorea, die Vereinigten Staaten, China, San Marino, Taiwan, die Niederlande und die Ukraine. Im Folgenden einige Beispiele.
Dänemark
Die erste bekannte musikalische Straße, das „Asphaltophon“ (dänisch: Asfaltofon), wurde im Oktober 1995 in Gylling, Østjylland, Denmark, von Steen Krarup Jensen und Jakob Freud-Magnus, zwei dänischen Künstlern, angelegt. Das Asphaltophon besteht aus Markierungsknöpfen.[1]
Japan
Als Shizuo Shinoda unbeabsichtigt mit einer Planierraupe den Straßenbelag zerkratzte, fiel ihm auf, dass man je nach Tiefe und Abstand der Kratzer Melodien erzeugen konnte. 2007 verfeinerte das Hokkaido National Industrial Research Institute Shinodas Konzept zur Schaffung einer „Melody road“.[2]
In der Folge entstanden mehrere 250 m lange Melody roads: die erste in Hokkaido, eine andere in der Stadt Kimino in Wakayama, eine weitere in der Präfektur Shizuoka auf der Straße zum Fuji, und eine vierte in dem Dorf Katashina in der Präfektur Gunma. Alle diese musikalischen Straßen bestehen aus Rillen im Straßenbelag, deren Breite und Abstand variiert. Einige dieser Straßen bieten Stereoton, indem die Rillen für die linken und die rechten Räder der Fahrzeuge unterschiedlich sind.
2016 gab es bereits über 30 Melody roads in Japan.
Niederlande
Bei Jelsum in Friesland wurde zur Geschwindigkeitsbegrenzung eine „singende Straße“ eingerichtet, welche die friesische Hymne De âlde Friezen erklingen ließ. Nach Beschwerden der genervten Anwohner wurde das Experiment nach einer Woche beendet.[3]
Südkorea
Die erste südkoreanische „Singing road“ befindet sich bei Anyang. Ähnlich wie in Japan wurden Rillen in den Straßenbelag geritzt. Ziel war es, die Verkehrsteilnehmer wach und aufmerksam zu halten und so Unfälle zu vermeiden. Die singende Straße spielt das Lied Mary Had a Little Lamb.[4]
2010 gab es drei singende Straßen in Südkorea.
Vereinigte Staaten
Die „Civic Musical Road“ in Lancaster (Kalifornien) wurde am 5. September 2008 angelegt. Die Rillen im Asphalt erzeugten das Finale der Ouvertüre aus Rossinis Oper Wilhelm Tell. Am 23. September 2008 wurden die Rillen jedoch nach Beschwerden der Anwohner entfernt.[5]
Nach erneuten Beschwerden wegen der Entfernung der Rillen wurde die „Civic Musical Road“ an anderer Stelle wieder angelegt. Die Aktion wurde benannt nach dem Honda Civic und diente Werbezwecken für das Auto. Allerdings wurden die Rillenabstände nicht korrekt berechnet, daher ist das Musikstück nur undeutlich zu erkennen.[6]
Ungarn
2019 entstand zum Gedenken an den verstorbenen Sänger Cipő, der dort populären Pop-Band Republic ein 500 Meter langes Teilstück auf der R67 zwischen Mernye und Mernyeszentmiklós. Bei 80 km/h erzeugt es die Melodie des Liedes A 67-es út der Band.
Einzelnachweise
- The Asphaltophone – road melodies auf YouTube. Irene Thyrri, Oktober 1995
- Japan's melody roads play music as you drive. Bobbie Johnson, The Guardian, 13. November 2007 (englisch)
- „Das ist seelische Folter“. Spiegel Online, 10. April 2018
- Singing Streets and Melody Roads. Joohee Choo, Rebecca Lee, ABC News, 29. November 2007 (englisch)
- Musical Road Hits Sour Notes With Neighbors (Memento vom 5. Januar 2010 im Internet Archive). CBS Los Angeles, 20. September 2008 (englisch)
- Why California's Musical Road Sounds Terrible auf YouTube. Tom Scott, 16. Oktober 2017