Mukoziliäre Clearance
Mukoziliäre Clearance, auch mukoziliäre Reinigung, mukoziliarer Transport, mukoziliärer Apparat oder Mucociliar Clearance (MCC) genannt, abgeleitet von mucus (lat. Schleim), Zilie (Flimmerzelle des Oberflächenepithels im Atmungstrakt) und clearance (engl. Reinigung), bezeichnet den Selbstreinigungsmechanismus des Atmungstraktes und ist der Abwehrmechanismus der Atemwege.[1]
Die mukoziliäre Clearance stellt einen der beiden Abwehrmechanismen der gesamten Atemwege, also Nasen, Nasennebenhöhlen und Lunge dar. Durch sie werden eingeatmete Partikel, z. B. Staub, Pollen einschließlich Krankheitserreger wie Bakterien und Viren aus der Nase bzw. der Lunge abtransportiert, bevor sie das empfindliche Lungengewebe erreichen können. Der andere Clearance-Mechanismus wird durch den Hustenreflex bereitgestellt, die sogenannte Husten-Clearance.[2]
Die Effektivität der mukoziliären Clearance hängt von den korrekten Eigenschaften der produzierten Atemwegsoberflächenflüssigkeit (ASL, airway surface liquid) ab. Zusätzlich spielen die Anzahl und Qualität der Zilien, haarförmige Strukturen, die sich auf der Atemwegsschleimhaut befinden, eine entscheidende Rolle bei der Reinigung der Atemwege.
Jede Störung der eng regulierten Funktion der Zilien oder der Beschaffenheit der ASL kann eine Krankheit verursachen oder verschlimmern. Störungen in der strukturellen Bildung der Zilien können beispielsweise eine Reihe von Ziliopathien verursachen, insbesondere die primäre Zyliardyskinesie kann hier genannt werden.[3] Auch können äußere Faktoren wie eine Exposition mit Zigarettenrauch zu einer Verkürzung der Zilien führen.[4] Änderungen der ASL kann zu zähem Mukus, der eine Phase der ASL ausmacht, führen. Dieser kann dann zu einer Verlegung der Bronchien führen und so eine Atemwegsobstruktion hervorrufen.
Funktion
Die Hauptbronchien bis zu den Bronchioli terminales (Ende des luftleitenden Abschnittes) sind mit einem respiratorischen Epithel ausgekleidet, ebenfalls Luftröhre, Kehlkopf, Nase und weite Abschnitte des Pharynx. Auf ihm befinden sich Flimmerzellen, die an ihrer Oberfläche haarförmige Strukturen (Zilien) tragen. Die Zilien sind umgeben von einer dünnflüssigen Schleimschicht. Darauf befindet sich eine zweite dickflüssige Schleimschicht, in der Fremdpartikel und Mikroorganismen, teilweise auch immobilisiert durch in der Schleimschicht befindliches Immunglobulin A, haften bleiben. Innerhalb der dünnflüssigen Schleimschicht führen die Zilien koordiniert Bewegungen mit einer Frequenz von 15 bis 25 pro Sekunde in Richtung Pharynx aus. Dadurch wird die dickflüssige Schleimschicht mitsamt ihrer Fracht mit einer Geschwindigkeit von 1 Millimeter bis 2 Zentimeter pro Minute in Richtung Mund abtransportiert, wo sie verschluckt oder abgehustet wird.
Eine optimale Funktion der Reinigung setzt eine Temperatur von 37 °C und eine absolute Feuchtigkeit von 44 mg/l entsprechend einer relativen Feuchtigkeit von 100 % voraus. Bei unzureichender Wärme und Feuchtigkeit stellen die Flimmerzellen ihre Transportfunktion nach kurzer Zeit ein. Auch durch giftige Gase (z. B. Schwefeldioxid), Tabakrauch und Entzündungen wird der mukoziliare Transport gestört. Eine bakterielle Keimbesiedlung wird unter diesen Bedingungen erleichtert. Infektionen der Lunge und eine Schädigung des Lungengewebes können die Folge sein.
Hohe Luftfeuchtigkeit verbessert die Funktion der mukoziliären Reinigung. Zwei Methoden zur Unterstützung der Reinigung sind die aktive und passive Atemgasbefeuchtung, welche insbesondere bei der maschinellen Beatmung angewendet werden.
Siehe auch
Literatur
- Peter Lotz: Anatomie und Physiologie des Respirationstrakts. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, S. 3–45; hier: S. 8 f.
- W. Oczenski, H. Andel und A. Werba: Atmen - Atemhilfen. Thieme, Stuttgart 2003. ISBN 3-13-137696-1
- J. Rathgeber: Grundlagen der maschinellen Beatmung. Aktiv Druck, Ebelsbach 1999. ISBN 3-932653-02-5
- S. Schäfer, F. Kirsch, G. Scheuermann und R. Wagner: Fachpflege Beatmung. Elsevier, München 2005. ISBN 3-437-25182-1
Einzelnachweise
- Marcelo B Antunes, Noam A Cohen: Mucociliary clearance - a critical upper airway host defense mechanism and methods of assessment. In: Daniel Hyde (Hrsg.): Current Opinion in Allergy and Clinical Immunology. Band 7, Nr. 1. Wolters Kluwer Health, Februar 2007, S. 5–10, doi:10.1097/ACI.0b013e3280114eef, PMID 17218804.
- Steven E Weinberger: Principles of Pulmonary Medicine. 7. Auflage. Elsevier - Health Sciences Division, 2018, ISBN 978-0-323-52371-4, S. 286–287.
- Amjad Horani, Thomas W Ferkol: Advances in the Genetics of Primary Ciliary Dyskinesia: Clinical Implications. In: American College of Chest Physicians (Hrsg.): CHEST Journal. Band 154, Nr. 3, 22. Mai 2018, S. 645–652, doi:10.1016/j.chest.2018.05.007, PMID 29800551.
- Virginia De Rose, Kevin Molloy, Sophie Gohy, Charles Pilette, Catherine M. Greene: Airway epithelium dysfunctions in cystic fibrosis and COPD. In: Hindawi Limited (Hrsg.): Mediators of Inflammation. Band 2018, Nr. 1309746, 8. April 2018, doi:10.1155/2018/1309746, PMID 29849481.