Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum
Das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum (arabisch مركز محمد بن راشد للفضاء, DMG Markaz Muḥammad bin Rāšid li-l-Faḍāʾ), wegen der englischen Bezeichnung Mohammed Bin Rashid Space Centre im Ausland auch unter der Abkürzung „MBRSC“ bekannt, ist eine staatliche Einrichtung des Emirats Dubai, die einen großen Teil des Raumfahrtprogramms der Vereinigten Arabischen Emirate bestreitet, unter anderem das Astronautenprogramm der VAE und die Marsmission al-Amal. Das Raumfahrtzentrum hat seinen Sitz im Stadtbezirk al-Khwaneej 1 von Dubai, sein Generaldirektor ist seit 2013 Yousuf Hamad asch-Schaibani.[1]
Institut der Emirate für fortschrittliche Wissenschaft und Technologie
Am 4. Januar 2006 wurde Muhammad bin Raschid al-Maktum nach dem Tod seines ältesten Bruders Emir von Dubai und Vizepräsident der Vereinigten Arabischen Emirate. Einen Monat später, am 6. Februar 2006, gründete er per Dekret das Institut der Emirate für fortschrittliche Wissenschaft und Technologie (arabisch مؤسسة الإمارات للعلوم والتقنية المتقدمة, DMG Muʾassasat ul-Imārāt lil-ʿUlum wal-Taqniat il-Mutaqadima), wegen der englischen Bezeichnung Emirates Institution for Advanced Science and Technology im Ausland auch unter der Abkürzung „EIAST“ bekannt. Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich hier nicht um eine Initiative der Vereinigten Arabischen Emirate, sondern allein von Dubai. Generaldirektor des Instituts wurde Ahmed Obaid al-Mansuri.[2] Wenn auch in der Selbstdarstellung des Instituts viel von weitreichenden Zielen wie nachhaltiger Entwicklung und dem Aufbau einer Wissensgesellschaft die Rede war, ging es in der Praxis zunächst nur um Erdbeobachtungssatelliten zur Erlangung von präzisen geografischen Informationen für verschiedene Anwendungen.[3]
Das Institut war von Anfang an eine Raumfahrtbehörde. Im September 2007 wurde angekündigt, im folgenden Jahr den Erdbeobachtungssatelliten DubaiSat 1 zu starten; der Satellit sollte Dubai zu einer der weltweit führenden Nationen bei Wissenschaft und Technologie machen. Das Emirat Dubai mit einer Bevölkerung von damals knapp 1,5 Millionen Einwohnern verfügte jedoch in keinster Weise über eine industrielle Basis, um Raumfahrt betreiben zu können. Daher wurde im Mai 2006 ein Vertrag mit der südkoreanischen Satrect Initiative GmbH in Daejeon geschlossen,[4] eine 1999 von Raumfahrtingenieuren des Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) gegründete Firma, die auf Kleinsatelliten und Technologietransfer spezialisiert war.[2] Eine Gruppe von Ingenieuren des EIAST wurde nach Korea geschickt, um an Entwicklung und Bau des rund 200 kg schweren, auf dem SI-200-Bus der Satrec basierenden Satelliten teilzunehmen. Die Bodenstation mit einer Antenne von 11,3 m Durchmesser hinter dem Hauptgebäude des Instituts in Dubai wurde von der kalifornischen Viasat Inc. gebaut,[5] die Datenverarbeitungssysteme im Kontrollzentrum,[6] ebenfalls am Hauptsitz des Instituts, wurden von Satrec geliefert.[7][4] Ursprünglich war der Start für Ende 2008 geplant,[2] tatsächlich wurde DubaiSat 1 dann am 29. Juli 2009 von der ISC Kosmotras mit einer ukrainischen Trägerrakete vom Typ Dnepr vom Kosmodrom Baikonur gestartet.[4] Am 21. November 2013 folgte der ebenfalls von Satrec gebaute, auf dem etwas größeren SI-300-Bus der Firma basierende DubaiSat 2. Der Satellit wog mit 300 kg rund 100 kg mehr als sein Vorgänger, seine Kamera hatte eine mehr als doppelt so hohe Auflösung. Der Start wurde wieder von der Kosmotras organisiert, erneut mit einer Dnepr-Rakete, diesmal aber vom russischen Kosmodrom Jasny.[8]
Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum
Im Zusammenhang mit der heute unter dem Namen „al-Amal“ bekannten Marsmission, einem von Muhammad bin Raschid al-Maktum initiierten Projekt, gründete Chalifa bin Zayid an-Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, am 6. August 2014 mit Bundeserlass Nr. 1/2014 die Raumfahrtbehörde der Emirate. Knapp acht Monate später, am 17. April 2015 gründete Muhammad bin Raschid al-Maktum per Dekret das Mohammed bin Rashid Space Centre (MBRSC), am folgenden Tag wurde das EIAST per Dekret in das neue Raumfahrtzentrum integriert.[9] Hierbei handelte es sich um einen reinen Verwaltungsvorgang. Das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum war keine neu geschaffene Einrichtung, sondern nur ein neuer Name für das alte Institut; die alten Gebäude mit dem Kontrollzentrum und der Parabolantenne im Hof wurden weiterbenutzt. Im Juni 2015 ernannte Muhammad bin Raschid al-Maktum seinen zweitältesten Sohn Hamdan bin Muhammad al-Maktum, den Kronprinzen von Dubai, zum Leiter des Raumfahrtzentrums, im Juli 2015 wurde Hamad Obaid al-Mansuri, Generaldirektor der Regulierungsbehörde für Telekommunikation der Vereinigten Arabischen Emirate und stellvertretender Leiter der Raumfahrtbehörde der Emirate,[10] zusätzlich zum Vorsitzenden des Direktorats des Raumfahrtzentrums ernannt.[11][12] Sein Stellvertreter wurde Yousef Ahmed asch-Schaibani. Generaldirektor blieb Yousuf Hamad asch-Schaibani, der diesen Posten bereits seit 2013 beim EIAST innegehabt hatte.[1]
KhalifaSat
Bereits 2013 wurde das damals auf vier Jahre angelegte Projekt zur Entwicklung von Dubais drittem Erdbeobachtungssatelliten gestartet. Anders als bei seinen beiden Vorgängern, die komplett in Korea gebaut worden waren, sollte nun die Endmontage des zunächst „DubaiSat 3“ genannten, 330 kg schweren Satelliten in Dubai stattfinden. Im Februar 2014 stellte das damalige EIAST die Pläne für den mittlerweile zu Ehren von Chalifa bin Zayid an-Nahyan in „KhalifaSat“ umbenannten Satelliten auf einer Raumfahrtkonferenz in Singapur öffentlich vor.[13][14] Parallel dazu wurden am Sitz des EIAST in Dubai zunächst einige kleinere Reinräume und Laboratorien eingerichtet, die im November 2014 fertig waren. Der große Reinraum für die Endmontage des Satelliten war Ende 2015 einsatzbereit.[15][16]
Ursprünglich war angekündigt, dass KhalifaSat zu 100 % von Ingenieuren der Vereinigten Arabischen Emirate entwickelt werden würde,[14][9] eine Fiktion, die vom Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum noch bis 2020 aufrechterhalten wurde. In Wahrheit kamen nur 30 % der Ingenieure aus den Emiraten, 70 % waren Koreaner.[17] In einer ersten Phase reisten die Ingenieure des EIAST Anfang 2014 nach Daejeon, um zusammen mit ihren Kollegen von der Satrec GmbH, die erneut den Auftrag erhalten hatte, an den Entwürfen zu arbeiten. Wie DubaiSat-2 basierte KhalifaSat auf dem SI-300-Bus der Satrec und hatte mit 330 kg ein ähnliches Gewicht. Am 15. Oktober 2014 waren die Entwurfsarbeiten abgeschlossen, und im Februar 2015 kehrte das EIAST-Team nach Dubai zurück.[15]
In einer zweiten Phase schickte die Satrec GmbH die in Korea gebauten Komponenten für den Bus, die Elektrik und die Optik des Satelliten sukzessive nach Dubai.[7] Im Frühjahr 2015 hatten die EIAST-Ingenieure einen Prototyp des Gehäuses zusammengebaut und begannen, die restlichen Komponenten einzufügen, um an diesem Modell mittels ausführlicher Tests das Konzept des Satelliten zu überprüfen.[15] Diese sogenannte Critical Design Review war im Dezember 2015 abgeschlossen. Bereits im März 2015 hatte das EIAST mit Mitsubishi Heavy Industries einen Vertrag über den Start des Satelliten mit einer Trägerrakete vom Typ H-2A im ersten Quartal 2018 geschlossen.[9] Tatsächlich fand der Start vom Tanegashima Space Center dann am 29. Oktober 2018 statt. Die Systeme für Empfang und Verarbeitung der Bilder des Erdbeobachtungssatelliten wurden von Satrec aus Korea geliefert,[7] als Antenne wurde die alte 11,3-m-Parabolantenne der Viasat Inc. aus Kalifornien verwendet. Dubai verfügt über keine eigenen Trackingstationen; die Bahnelemente für die 3-achsig stabilisierten Satelliten liefert das North American Aerospace Defense Command (NORAD) als sogenannte Two Line Elements (TLE).[15]
Hier ein Vergleich der drei von Dubai finanzierten Erdbeobachtungssatelliten:[9][15]
DubaiSat 1 | DubaiSat 2 | KhalifaSat | |
---|---|---|---|
Hersteller | Satrec, Korea | Satrec, Korea | Satrec, Korea |
Bus | SI-200 | SI-300 | SI-300 |
Masse | 200 kg | 300 kg | 330 kg |
Orbit | SSO 680 km; 98,1° | SSO 600 km; 97,1° | SSO 613 km; 97,1° |
Auflösung | panchromatisch 2,5 m multispektral 5 m | panchromatisch 1 m multispektral 4 m | panchromatisch 0,75 m multispektral 3 m |
Schwadbreite | 20 km | 12 km | 12 km |
Bordspeicher | 64 Gbit | 256 Gbit | 512 Gbit |
Downloadgeschwindigkeit | 30 Mbit/s | 160 Mbit/s | 320 Mbit/s |
Startdatum | 29. Juli 2009 | 21. November 2013 | 29. Oktober 2018 |
Startplatz | Kosmodrom Baikonur Kasachstan | Kosmodrom Jasny Russland | Tanegashima Space Center Japan |
Trägerrakete | Dnepr, Ukraine | Dnepr, Ukraine | H-2A, Japan |
al-Amal
Die am 16. Juli 2014 in die Wege geleitete Marsmission al-Amal läuft zwar offiziell unter dem Dach der Raumfahrtbehörde der Emirate, ist aber eine Initiative von Muhammad bin Raschid al-Maktum[18] und wird auf emiratischer Seite allein vom Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum durchgeführt:[19][20]
- Omran Anwar Scharaf, der Projektleiter der Mission, war 2006 einer der ersten Angestellten des EIAST[21] und ist heute Leiter der Abteilung für Projektabwicklung am MBRSC[22]
- Suhail Buti al-Mheiri, stellvertretender Projektleiter, war 2006 ebenfalls einer der ersten Angestellten des EIAST und ist heute Leiter der Sektion Raumfahrtsysteme am MBRSC[23]
- Sarah al-Amiri, stellvertretende Projektleiterin und Chefwissenschaftlerin der Mission, begann ihre berufliche Laufbahn 2009 am EIAST als Software-Entwicklerin für DubaiSat 1 und DubaiSat 2 und war bis zu ihrem Wechsel ins Kabinett der Vereinigten Arabischen Emirate im Jahr 2017 Leiterin des Drohnenprogramms am MBRSC[24][25][23]
Hierbei war das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum nur für die Projektleitung zuständig. Die tatsächliche Entwicklung und der Bau der Sonde fanden wieder im Ausland statt, diesmal am Labor für Hochatmosphären- und Weltraumwetterforschung (Laboratory for Atmospheric and Space Physics) der University of Colorado Boulder, mit Unterstützung von Wissenschaftlern des Labors für Weltraumwissenschaften (Space Sciences Laboratory) der University of California, Berkeley und des Instituts für Erd- und Weltraumforschung (School of Earth and Space Exploration) der Arizona State University.[19]
Ab 2014 arbeiteten 250 amerikanische Techniker und Ingenieure unter der Leitung von Pete Withnell in Boulder zusammen mit einigen dutzend Kollegen aus Dubai an der Sonde.[26][27] Nachdem die Sonde im Dezember 2019 im Labor für Hochatmosphärenforschung die Temperatur- und Vakuumtests bestanden hatte,[28][29] wurde sie nach Dubai gebracht, um die Kommunikation zwischen Sonde und Kontrollzentrum zu erproben. Diese Kommunikationstests im Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum sollten an sich bis Mai 2020 dauern. Da man jedoch befürchtete, dass die Zahl der COVID-19-Fälle in Japan, von wo aus die Sonde gestartet werden sollte, und den Vereinigten Arabischen Emiraten weiter zunehmen könnte, wurde der kombinierte Luft- und Seetransport nach Tanegashima auf die vierte Aprilwoche vorgezogen, bevor alle Tests durchgeführt werden konnten.[22][30] Die Sonde sollte unbedingt zum 50. Geburtstag der Vereinigten Arabischen Emirate 2021 beim Mars eintreffen, und das nächste Startfenster ergab sich erst im Jahr 2022. Am 19. Juli 2020 hob die Sonde an Borde einer H-2A-Trägerrakete von Mitsubishi Heavy Industries vom Tanegashima Space Center ab.[31] Nach knapp sieben Monaten Flugzeit trat sie am 9. Februar 2021 in eine Umlaufbahn um den Mars ein.
Astronautenprogramm
Das Astronautenprogramm der Vereinigten Arabischen Emirate wurde im April 2017 von Muhammad bin Raschid al-Maktum zusammen mit Muhammad bin Zayid an-Nahyan, Kronprinz von Abu Dhabi und stellvertretender Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate gegründet. Das Ziel war, ein sogenanntes „Astronautenkorps“ für wissenschaftliche Raumfahrtmissionen aufzustellen, wobei dieses nicht unter dem Dach der Raumfahrtbehörde angesiedelt war, sondern der Regulierungsbehörde für Telekommunikation unterstellt wurde.[32]
In der Praxis wird das Astronautenprogramm vom Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum durchgeführt. Nach Bekanntgabe des Programms hatten sich bis März 2018 genau 4022 Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate für eine Astronautenlaufbahn beworben, 34 % davon Frauen. 22 % der Bewerber waren Piloten, 60 % Wissenschaftler und Ingenieure.[1] Aus den 4022 Bewerberinnen und Bewerbern wurden nach Durchsicht der Unterlagen 95 einer näheren Begutachtung nach medizinischen und psychometrischen Kriterien sowie ihrer beruflichen Fähigkeiten unterzogen. Nach dieser Begutachtung, die allein nach Aktenlage erfolgte, wurden 39 Bewerber im Juni 2018 ins MBRSC eingeladen, wo sie von Spezialisten des Raumfahrtzentrums eingehend befragt wurden und sich einer ärztlichen Untersuchung sowie zahlreichen psychologischen Tests zu unterziehen hatten. Am 3. Juli 2018 begann die nächste Auswahlrunde, mit Gesprächen, an denen nicht nur die Experten des MBRSC teilnahmen, sondern auch Vertreter ausländischer Raumfahrtbehörden.
Mittlerweile hatte das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum ein Übereinkommen mit der russischen Weltraumorganisation Roskosmos unterzeichnet, dass ein Astronaut der Vereinigten Arabischen Emirate an Bord eines Raumschiffs von Typ Sojus MS zur internationalen Raumstation ISS fliegen und dort an wissenschaftlichen Forschungen teilnehmen sollte.[33] Die internationale Kommission in Dubai wählte aus den ursprünglich 39 Bewerbern zunächst 18, dann in einer zweiten Runde 9 Kandidaten aus, die an das Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum bei Moskau geschickt wurden, um über einen Zeitraum von drei Wochen mittels Zentrifuge, Unterdruckkammer etc. auf ihre tatsächliche Eignung zum Raumfahrer geprüft zu werden (das MBRSC verfügt über keinerlei weltraummedizinische Einrichtungen).[34][35] Aus diesen neun Kandidaten wurden nun die vier Männer ausgewählt, die das Astronautenkorps der Vereinigten Arabischen Emirate bildeten.[1]
Am 3. September 2018 gab Muhammad bin Raschid al-Maktum schließlich bekannt, dass der Kampfpilot Hassa al-Mansuri sowie Sultan an-Nejadi, Informatiker bei den Streitkräften der VAE, für den Flug zur ISS ausgewählt worden seien.[36] Da für die beiden kein Außenbordeinsatz vorgesehen war, durchliefen sie ein stark verkürztes Training – die reguläre Raumfahrerausbildung dauert vier Jahre – und einer von ihnen sollte bereits im April 2019 mit Sojus MS-12 zur ISS fliegen.[35] Aus technischen Gründen musste Roskosmos bei der Mannschaftsplanung jedoch umdisponieren. Am 12. April 2019 verkündete das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum, dass es Hassa al-Mansuri für das Primärteam der Mission Sojus MS-15 ausgewählt hatte.[37] Am 25. September 2019 hob er schließlich als erster Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate und nach Sultan bin Salman bin Abdulaziz Al Saud aus Saudi-Arabien 1985 sowie Muhammed Achmed Faris aus Syrien 1987 als dritter Araber überhaupt ins All ab.[38]
Bei einer zweiten Rekrutierungsrunde wurden ab Mai 2020 aus 4305 Bewerbern zunächst nach Aktenlage 122 Kandidaten ausgewählt, die über Videokonferenz-Gespräche – man befand sich gerade beim ersten Höhepunkt der COVID-19-Pandemie – auf 61 reduziert wurden. Nach weiteren Selektionsrunden blieben schließlich die Maschinenbauingenieurin Nura al-Matruschi und der Polizeipilot Mohammed al-Mulla übrig, die in den USA zusammen mit der NASA-Gruppe 23 ausgebildet werden sollen.[39]
Drohnenprogramm
Anfang 2014 startete das damalige EIAST unter der Leitung der Informatikerin Sarah al-Amiri ein Drohnenprogramm, das sogenannte „Advanced Aerial Systems Programme“. Hierbei griff man auf Airbus Defence and Space und deren mit Strom aus Solarzellen angetriebene Höhenplattform (High Altitude Pseudo Satellite bzw. „HAPS“) Zephyr 6 zurück. Ab März 2014 arbeiteten Ingenieure des EIAST zusammen mit ihren Kollegen von Airbus an einem Demonstrationsmodell. Im August jenen Jahres wurden die Komponenten nach Dubai geliefert, wo sie zusammengebaut und getestet wurden. Das 34 kg schwere Fluggerät mit einer Spannweite von 18 m trug als Nutzlast eine Videokamera, die bei einer Flughöhe von 18 km eine Auflösung von 10 cm bot. Am 11. September 2014 um 06:31 wurde das Gerät auf dem Ölfeld Margham im Osten des Emirats gestartet und landete nach 23 Stunden und 47 Minuten ununterbrochenen Flugs am folgenden Tag um 06:18.[40]
Im September 2014 sprach man davon, dass das EIAST zusammen mit Airbus die nächste Generation des Zephyr entwickeln und Komponenten dafür ab 2016 in Dubai hergestellt werden könnten.[41] Nach der Gründung des Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrums wurden diese Pläne jedoch nicht weiter verfolgt; es blieb bei dem einen Prototyp.[42] Das Drohnenprogramm an sich wurde noch eine Weile auf niedrigem Niveau weiterbetrieben. So unterstützte das MBRSC ab Oktober 2015 den UAE Drones for Good Award, einen von der Dubai Future Foundation ausgelobten Bastelwettbewerb für Studenten.[43][44]
Mondprojekt
Am 29. September 2020 verkündete Muhammad bin Raschid al-Maktum, dass das MBRSC beabsichtigte, einen Mondrover zu bauen. Ursprünglich war ein Start im Jahr 2024 vorgesehen, am 14. März 2021 gab jedoch die japanische Firma ispace bekannt, dass sie den Rover bereits 2022 mit ihrem Lander Hakuto-R auf der Mondoberfläche absetzen will, der mit einer Rakete vom Typ Falcon 9 der amerikanischen Firma SpaceX gestartet werden soll.[45] Als Landeort ist der Lacus Somniorum vorgesehen, ein relativ ebener erstarrter Lavasee im Nordosten der erdzugewandten Seite des Mondes. Drei weitere Stellen wurden als alternative Landeorte festgelegt. Der Start der Mission ist für Oktober 2022 geplant.[46] Da nur wenig Treibstoff zur Verfügung steht, wird es etwa drei Monate dauern, bis Hakuto-R beim Mond ankommt. Danach sind noch weitere Bahnkorrekturmanöver nötig.[47]
Der vierrädrige, 10 kg schwere Rover, der nach Raschid bin Said al-Maktum, dem 1990 verstorbenen Vater des Eimirs, „Raschid“ genannt wurde, ist 53,5 cm lang, 53,85 cm breit und mit voll ausgefahrenem Instrumententurm 84,9 cm hoch. Er soll mit zwei Hauptkameras, einer für 3D-Aufnahmen geeigneten plenoptischen Kamera und einer Wärmebildkamera ausgerüstet werden, dazu noch mit Sensoren, um die Bodenzusammensetzung, Strahlenbelastung sowie die thermischen Eigenschaften des Oberflächenmaterials zu erforschen. Die Stromversorgung des Rovers erfolgt über an seinen dachartig abgeschränkten Flanken montierte Solarmodule. Er ist mit einem Differentialgetriebe ausgestattet, hat eine Höchstgeschwindigkeit von 10 cm/s, kann Steigungen von bis zu 20° bewältigen und Hindernisse von bis zu 10 cm Höhe überklettern.[48]
Eine Gruppe von Ingenieuren und Wissenschaftlern des Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrums arbeitet seit 2018 am Konzept des Rovers,[49] das 2021 fertig ausgearbeitet war. Anschließend wurden, ähnlich wie beim Drohnenprogramm, die aus dem Ausland gelieferten Komponenten in Dubai zu einem Prototyp zusammengebaut, laut Muhammad bin Raschid nur von emiratischen Ingenieuren. Im Sommer 2021 wurde der Prototyp getestet. Im April 2022 soll der für den Einsatz bestimmte Rover in den japanischen Lander eingebaut werden.[46] Der Schwerpunkt der Aktivitäten auf dem Mond liegt bei der Fotografie. Das Muhammad-bin-Raschid-Raumfahrtzentrum hofft, dass der Rover während der zunächst für einen Mondtag (14 Erdtage) angesetzten Mission[49] mindestens 1000 Bilder zur Erde funken kann, beginnend mit der Landung bei Sonnenaufgang, Selbstporträts, Aufnahmen von der Mondoberfläche und der vom Mond aus gesehenen Erde sowie Wärmebilder.[50] Daneben soll aber mittels einer Langmuir-Sonde auch der photoelektrische Effekt auf der Mondoberfläche studiert werden, der für das Aufsteigen von Staubpartikeln verantwortlich ist, sowie die Empfänglichkeit verschiedener Materialien für Staubablagerungen.[51]
Weitere Mondprojekte sind angedacht.[52]
Asteroidenmission
Am 5. Oktober 2021 kündigte Muhammad bin Raschid al-Maktum an, dass die Vereinigten Arabischen Emirate eine Sonde zur Venus und zum Asteroidengürtel schicken wollten. Sarah al-Amiri, Leiterin der Raumfahrtbehörde der Emirate, erläuterte, dass die Sonde 2028 starten sollte. Mitte 2028 soll sie an der Venus vorbeifliegen, dabei beschleunigen und wieder zur Erde zurückfliegen. Nach einem weiteren Swing-by-Manöver an der Erde soll die Sonde 2030 den Asteroidengürtel jenseits der Marsbahn erreichen. Dort soll sie sieben Asteroiden beobachten und schließlich 2033 auf einem von ihnen landen.[53]
Weblinks
- Website des MBRSC (englisch/arabisch)
Einzelnachweise
- Space and Beyond. In: thebusinessyear.com. Abgerufen am 3. August 2020 (englisch).
- Mark Holmes: EIAST Sets Lofty Goals For DubaiSat Project. In: satellitetoday.com. 11. Januar 2008, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Emirates Institution for Advanced Science and Technology. In: itu.int. Abgerufen am 28. Juli 2020 (englisch).
- DubaiSat-1. In: directory.eoportal.org. Abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Gunter Dirk Krebs: DubaiSat 1. In: space.skyrocket.de. Abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Command and Control Center. In: my.matterport.com. Abgerufen am 5. August 2020 (englisch). Virtueller Rundgang durch den Kontrollraum.
- Key Space Programs & Experience. In: satreci.com. Abgerufen am 29. Juli 2020 (englisch).
- DubaiSat-2. In: directory.eoportal.org. Abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Mohammed Bin Rashid Space Centre. In: unoosa.org. 15. November 2017, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- Board of Directors. In: space.gov.ae. 29. Juli 2020, abgerufen am 31. Juli 2020 (englisch).
- Know the Director General. In: tra.gov.ae. 8. Juli 2020, abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- VP establishes Mohammed bin Rashid Space Centre. In: khaleejtimes.com. 11. Juli 2015, abgerufen am 2. August 2020 (englisch).
- EIAST showcases DubaiSat-2 results, plans for KhalifaSat at space conference in Singapore. In: spacedaily.com. 26. Februar 2014, abgerufen am 2. August 2020 (englisch).
- Salem al-Marri: KhalifaSat: Mission Overview. In: dlr.de. 29. April 2015, abgerufen am 2. August 2020 (englisch).
- KhalifaSat Earth Observation Satellite Mission. In: directory.eoportal.org. Abgerufen am 2. August 2020 (englisch).
- MBRSC Space Labs. In: my.matterport.com. Abgerufen am 5. August 2020 (englisch). Virtueller Rundgang durch die Einrichtung.
- KhalifaSat. In: mbrsc.ae. Abgerufen am 2. August 2020 (englisch).
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- Hazzaa AlMansoori chosen to become first Emirati in space. In: gulfnews.com. 12. April 2019, abgerufen am 4. August 2020 (englisch).
- Chris Gebhardt: Soyuz MS-15 Soyuz-FG retirement; Last launch from Gagarin’s Start lofts first Emirati astronaut. In: nasaspaceflight.com. 24. September 2019, abgerufen am 4. August 2020 (englisch).
- Jeff Foust: UAE selects new astronauts, including first woman. In: spacenews.com. 12. April 2021, abgerufen am 29. Oktober 2021 (englisch).
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- The UAE Drones for Good Award. In: dubaifuture.gov.ae. Abgerufen am 4. August 2020 (englisch).
- UAE partners with Japan’s ispace to send rover to the moon in 2022. In: reuters.com. 14. April 2021, abgerufen am 16. April 2021 (englisch).
- Sarwat Nasir: UAE's Moon mission on track for October launch. In: thenationalnews.com. 25. Januar 2022, abgerufen am 25. Januar 2022 (englisch).
- Sarwat Nasir: Lunar landing site of UAE’s Rashid rover revealed. In: thenationalnews.com. 19. August 2021, abgerufen am 26. Januar 2022 (englisch).
- VIDEO: UAE starts Lunar Mission project, names rover as ‘Rashid’. In: gulftoday.ae. 29. September 2020, abgerufen am 29. September 2020 (englisch).
- Elizabeth Gibney: UAE ramps up space ambitions with Arab world’s first Moon mission. In: nature.com. 12. November 2020, abgerufen am 14. November 2020 (englisch).
- Esraa Ismail und Rasha Abubaker: Mohammed bin Rashid launches Emirates Lunar Mission. In: wam.ae. 29. September 2020, abgerufen am 29. September 2020 (englisch).
- Sarwat Nasir: UAE to send lunar lander named Rashid to unexplored regions of Moon by 2024. In: thenational.ae. 29. September 2020, abgerufen am 29. September 2020 (englisch).
- Sarwat Nasir: UAE reveals long-term Moon exploration plan at global space conference. In: thenationalnews.com. 17. Juni 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021 (englisch).
- Sarah Forster: UAE sets sights on Venus with new five-year space mission. In: thenationalnews.com. 5. Oktober 2021, abgerufen am 5. Oktober 2021 (englisch).