Momentum (Chartanalyse)
Das Momentum (engl. für Wucht, Schwung, Impuls) bezeichnet in der Chartanalyse ein Konzept zur Messung der Stärke einer Kursbewegung. Dazu wird die Preisänderung innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf verschiedene Weisen gemessen. Als Kapitalmarktanomalie ist der Momentum-Faktor außerdem einer der bekanntesten Kapitalmarktfaktoren.
Momentum-Indikator
Der technische Indikator Namens „Momentum“ (oft als MOM abgekürzt) stellt die absolute Preisdifferenz zwischen zwei Zeitpunkten dar und entspricht somit dem Differenzenquotienten, multipliziert mit dem konstanten Faktor n. Der Indikator soll Aufschluss über die Stärke oder Schwäche des Trends geben.[1]
Der Indikator wird nach folgender Formel berechnet:
Folgende Ereignisse werden signalisiert:
- ein bestehender Aufwärtstrend beschleunigt sich: Momentum positiv und steigend
- ein bestehender Aufwärtstrend wird gebremst: Momentum positiv und fallend
- ein bestehender Abwärtstrend beschleunigt sich: Momentum negativ und fallend
- ein bestehender Abwärtstrend wird gebremst: Momentum negativ und steigend
Rate-of-Change (ROC)
Der Rate-of-Change-Indikator ist praktisch identisch zum Momentum-Indikator, nur werden hier die relativen Preisdifferenzen verwendet.[2]
Für Darstellungen, bei denen das Momentum oder der ROC um den Nullpunkt schwanken, wird der ROC folgendermaßen definiert[3]:
Dabei wird die Differenz aus aktuellem Schlusskurs und dem Schlusskurs vor n Tagen in Relation zum Schlusskurs vor n Tagen gesetzt und der Quotient ggf. mit 100 multipliziert, um eine relative Änderung in % zum Schlusskurs vor n Tagen zu erhalten. Es ist auch üblich, die Multiplikation mit 100 wegzulassen. In beiden Fällen schwankt der Wert um 0. Das Durchkreuzen dieser Achse führt bei ansteigender Kurve zu Kauf- und bei absteigender Kurve zu Verkaufssignalen.
Momentumfaktor
In der Kapitalmarkttheorie ist der Momentum-Faktor eine der bekanntesten Kapitalmarktanomalien. In Studien wurde beobachtet, dass Wertpapiere, die in den letzten Monaten gestiegen sind, dies tendenziell noch ein paar Monate weiter tun. Je nach dem welcher vergangene Zeitraum als Referenz genommen wurde und wie lange die Wertpapiere danach gehalten wurden, wurde ein unterschiedlich starker Effekt beobachtet. Das gleiche gilt im umgekehrten Sinne für Wertpapiere die zuletzt im Wert gefallen sind. Einen Erklärungsansatz liefert der sogenannte "Post-Earnings-Announcement-Drift", der vermutet, dass Anleger nach der Veröffentlichung besser als erwarteter Gewinnzahlen den höheren Unternehmenswert zunächst unvollständig einpreisen. Erst verzögert steigt der Aktienpreis nach und nach weiter an, bis der wahre höhere Wert erst nach ein paar Monaten erreicht wird.[4]
Da hiermit vergangene Kursinformationen Aufschluss über zukünftige Entwicklungen geben und sich daraus eine profitable Strategie generieren lässt, steht der Momentum-Faktor im Widerspruch zur schwachen Markteffizienz. Als durch ein außergewöhnliches Risiko begründeter Erklärungsversuch gelten sogenannte Momentum-Crashes, die meist in Erholungsphasen nach Finanzmarkt-Crashs auftauchen.[5] Alternativ stammen die meisten Erklärungsansätze für den Momentum-Faktor aus der Verhaltensforschung.
Mark Carhart erweiterte das Fama-French-Drei-Faktoren-Modell um den Momentum-Faktor, wodurch sein Modell als das Carhart-Vierfaktorenmodell bekannt wurde.[6]
Einzelnachweise
- Tradesignalonline Lexikon: Momentum
- Tradesignalonline Lexikon: Rate-of-Change
- https://www.boerse.de/technische-indikatoren/Rate-of-Change-(ROC)-38
- Victor L. Bernard, Jacob K. Thomas: Post-Earnings-Announcement Drift: Delayed Price Response or Risk Premium? In: Journal of Accounting Research. Band 27, 1989, ISSN 0021-8456, S. 1, doi:10.2307/2491062.
- Kent Daniel, Tobias Moskowitz: Momentum Crashes. National Bureau of Economic Research, Cambridge, MA August 2014, doi:10.3386/w20439.
- Mark M. Carhart: On Persistence in Mutual Fund Performance. In: The Journal of Finance. Band 52, Nr. 1, März 1997, ISSN 0022-1082, S. 57–82, doi:10.1111/j.1540-6261.1997.tb03808.x.