Michael Grossmann (Maler)

Michael Grossmann (* 22. Februar 1965 i​n Stuttgart-Bad Cannstatt) i​st ein deutscher Maler u​nd Druckgraphiker. Er l​ebt und arbeitet i​n München.

Michael Grossmann in New York.

Leben und Werk

Michael Grossmann h​at Philosophie, Bühnenbild u​nd Malerei studiert. Seine Arbeiten lassen s​ich in d​rei Phasen einteilen.

1993 bis 1999

Die frühen Arbeiten ergründen spielerisch d​ie Möglichkeiten d​er Rezeption v​on Ereignissen i​n Form v​on Videoinstallationen u​nd suchen Möglichkeiten d​er Klarheit i​n der Aussage d​er Malerei, z. B. i​n seinen Streifen- u​nd Linienbildern.

1999 bis 2004

Nun wird ein Wechsel sichtbar, vor allem durch die beiden für Michael Grossmanns wichtigen Ausstellungen rottürkis I und rottürkis II im Grazer Museum der Wahrnehmung in den Jahren von 1998 bis 2000. Die Faszination mit naturwissenschaftlichen Problemen, sowie Ludwig Wittgensteins Sprachspielen und rein multiplen Arbeiten bringt Grossmann, zusammen mit seiner Aussage, dass pluralistische Wahrnehmung pluralistische Ethik verlangt, in die Nähe des radikalen Konstruktivismus und endet in dem ungefähr 100 Blätter fassenden Zeichnungskonvolut babel[1]. Die Studien über die Laws of Form von George Spencer-Brown aus den Jahren 2003/04 und vor allem die Zweikörpersimulation seeking yellow[2], in Zusammenarbeit mit dem Physiker Ralph Mönchmeyer, fassen für Grossmann die Problematik zusammen, die ihm die Verschiedenheit in den Aussagemöglicheiten von Wissenschaft und Kunst als unvereinbar zeigten, da sie zwei verschiedenen semantischen Räumen angehören. Dieses Konzept der Semiosphäre ist aus dem literaturwissenschaftlichen Werk von Juri Lotman zur Raumsemantik abgeleitet und spielt für die weitere Entwicklung von Grossmanns Kunst eine wichtige Rolle.

2004 bis heute

Daraufhin beginnt Grossmann sich wieder auf die Möglichkeiten des semantischen Raumes der Malerei zu konzentrieren. Als inhaltliche Folie und formale Brücke dient ihm ab nun die Literatur, da sie als Kunstform der Malerei näher ist als die Wissenschaft. Als Erstes entstehen daraus der Bilderzyklus Finnegans Wake[3] und dann 2007 der ebenfalls an James Joyce angelehnte große Zyklus 18 Tafelbilder für Ulysses.[4][5][6][7] Daraus entwickelten sich in den Jahren 2009 und 2010 die Studien zu Samuel Beckett mit der 32 Blätter fassenden Radiermappe Le Salaud! Il n’existe pas![8][9] und dem großformatigen Bild Losigkeit/Lessness/Sans sowie zahlreichen weiteren Studien.[10] Zentrales inhaltliches Thema beider Zyklen ist nun klar ausformuliert die Semiosphäre, was nun in der Konzeptarbeit Kontrariposte auf Lotmans und C.S. Peirces Arbeiten bezogen wird.[11] Losigkeit führt über den Zyklus Fensterbilder (2011)[12][13] direkt hin zu den aktuellen Arbeiten smithereens,[14][15] in denen die Problematik der verschiedenen semantischen Räume als positive Vielheit betrachtet dargestellt wird und eine neue Zusammenfassung seiner Arbeiten zu einem Bilderatlas ist. Diese Vielfalt bringt er mit dem Begriff der Postmoderne nach Lyotard zusammen und führt ihn aus den Tafelbildern und der allegorischen Arbeitsmethode hin zur, laut Ellen Markgraf, „assoziativen Arbeitsweise“. Dargestelltes sind ab den Fensterbildern nur noch Zitate aus der Kunstgeschichte, aus der Literatur und Wissenschaftsgeschichte, die zueinander in Bezug gebracht werden müssen. Die Zersplitterung, im englischen Begriff smithereens[16] ausgedrückt, zeigt sich auch formal. Die erste Ausstellung der smithereens in München wird vor allem von smithereens: theatrum mundi I[15] mit seinen zitathaften Verweisen auf Arno Schmidt und Morton Feldman, die er beide als postmodern bzw. der Postmoderne sehr nahestehend begreift, geprägt. Die Zitate aus Druckgraphik, Malerei, Fotografie und Musik werden noch loser, aber nicht mehr konkret zusammengefügt, dargestellt; vielmehr verknüpft sich das inhaltliche Netz einzig außerhalb des Gezeigten: „Aus smithereens wird kein Mosaik mehr.“ Diese Art der Grenzüberschreitung wird zur Arbeitsmethode, wofür sich Grossmann von Aby Warburg den Begriff der Hilfswissenschaften leiht, der für Warburg nicht weniger als den gesamten Komplex der Geistes- und der Naturwissenschaften umfasst.[17]

Einzelnachweise

  1. Michael Grossmann: Maps of Maps in: Kybernetes, Vol. 36, Iss. 7/8, 2007.
  2. Michael Grossmann, Ralph Mönchmeyer, seeking yellow@1@2Vorlage:Toter Link/www.anracom.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , 2003
  3. Michael Grossmann, Finnegans Wake, 2004
  4. Michael Grossmann, 18 Tafelbilder für Ulysses, 2007
  5. Michael Grossmann, 18 Leinwände für Ulysses (Memento des Originals vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/grossmann.anracom.com, 2007
  6. Galerie in Gelsenkirchen zeigt „Ulysses“-Werke des Malers Michael Grossmann in: Der Westen vom 14. Februar 2011.
  7. Christin Wähner: 18 Tafelbilder für Ulysses von Michael Grossmann – eine Einführung. In: Parallaxe. S. 8–24, Zurich James Joyce Foundation & Verlag R, München, 2011
  8. Michael Grossman, Le Salaud! Il n’existe pas!@1@2Vorlage:Toter Link/michael-grossmann.anracom.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 4,7 MB), 2010
  9. Kurt Jauslin, Fragmentarische Ordnungen in Michael Grossmanns Beckettstudien, In: Graphische Kunst, Ausgabe 1/2010, Edition Curt Visel, Memmingen
  10. Michael Grossmann, Beckettstudien: Partitur; Impromptus; Materialpräparation I (Studienbücher I - III) (Memento des Originals vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/grossmann.anracom.com, 2008–2010
  11. Michael Grossmann, Kontrariposte@1@2Vorlage:Toter Link/michael-grossmann.anracom.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,4 MB)
  12. Michael Grossmann, Schmidt/Feldman/Büchner (Memento des Originals vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/grossmann.anracom.com, 2010
  13. Michael Grossmann, Georg Büchner/Arno Schmidt/Lenz/Berechnungen@1@2Vorlage:Toter Link/michael-grossmann.anracom.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,8 MB), 2010–2011
  14. Michael Grossmann, smithereens (Memento des Originals vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/michael-grossmann.anracom.com, 2012
  15. Michael Grossmann, von Kalypso zu Smithereens (Memento des Originals vom 17. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/michael-grossmann.anracom.com, 2012
  16. Friedhelm Rathjen, Smithereens, In: Robert Weninger, Hrsg.: Wiederholte Spiegelungen, S. 129–154, edition text + kritik, München, 2003
  17. Aby Warburg (Aut.), Martin Warnke (Hrsg.): Gesammelte Schriften – Studienausgabe Bd. II.1: „Der Bilderatlas MNEMOSYNE“, 3. (gegenüber der 2. unveränderte) Auflage, Akademie Verlag, 2008
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