Meuterei in der Schifffahrt
Die Meuterei in der Schifffahrt ist die Gehorsamsverweigerung von Schiffsbesatzungsmitgliedern. Sie wurde über Jahrhunderte hinweg fast immer mit dem Tode bestraft.
„Ein Befehl, den du ausführst, ist Dienst. Ein Befehl, den du nicht ausführst, ist Meuterei“, soll ein Spruch britischer Seeleute des 18. und frühen 19. Jahrhunderts gewesen sein.
Situation in Deutschland
Im Seemannsgesetz (SeemG) wurde als Meuterei bezeichnet, wenn Truppenteile oder Schiffsbesatzungen gegen einen oder mehrere Vorgesetzte bei der Durchführung von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung an Bord gemeinschaftlich Widerstand leisten und dabei Gewalt einsetzen oder androhen. Oftmals wurden als Meuterei jedoch alle Vergehen nach § 115 und § 116 SeemG bezeichnet, also die „Nichtbefolgung dienstlicher Anweisungen“ und „Widerstand“.[1]
Seit 2013 bestraft § 146 Abs. 1 in Verbindung mit § 145 Abs. 1 Nr. 16, § 124 Abs. 1 Satz 2 des Seearbeitsgesetzes (SeearbG) die vorsätzliche Nichterfüllung einer vollziehbaren Anordnung, die ein Vorgesetzter in Ausübung seiner Bordgewalt erteilt und die dazu dient, eine drohende Gefahr für Menschen, für das Schiff oder dessen Ladung abzuwehren, schwere Störungen des Schiffsbetriebs zu verhindern oder Vorschriften über die Schiffssicherheit zu erfüllen, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe.[2][3]
Das rechtswidrige Übernehmen der Herrschaft über ein im zivilen Seeverkehr eingesetztes Schiff bzw. das Einwirken auf dessen Führung wird als Angriff auf den Seeverkehr (§ 316c StGB) mit Freiheitsstrafe von fünf bis fünfzehn Jahren, in minder schweren Fällen von einem bis zu zehn Jahren, bestraft. Nach diesem Tatbestand können nicht nur Besatzungsmitglieder, sondern auch Dritte (z. B. Passagiere, Piraten) bestraft werden.
Situation in Österreich
In Österreich wird das gemeinschaftliche Begehen der Straftaten „Nötigung eines Vorgesetzten“ (§ 47 SeeSchFG) und „Misshandlung eines Vorgesetzten“ (§ 48 SeeSchFG) als Meuterei im Schiffsdienst bestraft (§ 49 SeeSchFG).[4]
Liste von Meutereien
Bekannte Meutereien fanden unter anderem auf folgenden Schiffen statt:
- 1520: Victoria, San Antonio, Conception auf der ersten Weltumsegelung von Ferdinand Magellan[5]
- 1628: Batavia
- 1763: Meuterei auf der Nijenburg
- 1789: Meuterei auf der Bounty
- 1797: Meutereien von Spithead und Nore
- 1842: USS Somers
- 1905: Knjas Potjomkin Tawritscheski
- 1917: SMS Prinzregent Luitpold und SMS Friedrich der Große (Matrosen Reichpietsch und Köbis)
- 1918: SMS Helgoland und SMS Thüringen, dann auf SMS König und vielen weiteren Schiffen der Hochseeflotte
- 1931: Invergordon-Meuterei in Großbritannien
- 1945: M 612, einem Minensuchboot der deutschen Kriegsmarine
- 1975: Storoschewoi (Сторожевой), Fregatte der Kriwak-Klasse der Sowjetischen Marine – Grundlage für den Film Jagd auf Roter Oktober.
Literatur
- Leonard F. Guttridge: Meuterei – Rebellionen an Bord. Urbes Verlag, Gräfelfing 1996. ISBN 3-924896-35-6.[6]
Weblinks
- Peter Blechschmidt: Marine unter Druck: „Meuterei“ auf der „Gorch Fock.“ Süddeutsche Zeitung, 20. Januar 2011.
- Patrick Schmidt: Seemännischer Ungehorsam in der Frühen Neuzeit – das Beispiel der Royal Navy in den Jahren 1669–1745 Forschungsprojekt der Gerda Henkel Stiftung, 2020.
Einzelnachweise
- Meuterei ist ein Straftatbestand Hamburger Abendblatt, 19. Januar 2012.
- Prozess um Meuterei bei der Marine Deutsche Welle, 24. September 2013.
- Meuterei auf Schiff: Marinesoldaten vor Gericht Augsburger Allgemeine, 24. September 2013.
- Bundesgesetz über die Seeschifffahrt (Seeschifffahrtsgesetz – SeeSchFG) RIS, abgerufen am 3. August 2020.
- Die Meuterei. 2. April 1520 – 7. April 1520 Stefan Zweig: Magellan: Der Mann und seine Tat, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1983, S. 159–177. zeno.org, abgerufen am 3. August 2020.
- Seefahrt: Schiff des Grauens. Der Spiegel, 13. Januar 1997.