Merz & Benteli
Merz & Benteli ist ein mittelgrosses Schweizer Unternehmen in der Region Bern, welches in seiner mehr als hundertjährigen Geschichte Pionierleistungen vollbracht hat.[1]
Zwei Studenten von Volkmar Kohlschütter, Professor der Chemie an der Universität Bern, interessierten sich für Leuchteffekte radioaktiver Substanzen. Sowohl Jakob Walter Merz wie auch Wilhelm Albert Benteli besuchten seine Vorlesungen während ihrer Ausbildung als Chemiker. Walter Merz verfasste bei Kohlschütter seine Doktorarbeit auf diesem Gebiet. Seine Dissertation trug den Titel Photo- und Radiolumineszenzerscheinungen beim Zinksulfid, welche 1922 angenommen wurde[1] (S. 66). Der Vater von Wilhelm Albert Benteli, Ludwig Wilhelm Albert Benteli[2], war seit 1903 Besitzer des Neuen Schlosses Bümpliz. Schon während ihrer Studienzeit begannen Merz und Benteli im Keller dieses Schlosses mit Experimenten zur Herstellung von Leuchtfarben. Im Oktober 1918 gründeten sie die Kollektivgesellschaft Chemisches Laboratorium in Bern-Bümpliz.[1] (S. 33) Es bestand bereits eine lebhafte Nachfrage nach Leuchtstoffen, wobei es sich zumindest in der Schweiz noch um fluoreszierende oder phosphoreszierende Stoffe handelte, welche durch Lichteinstrahlung Licht abgeben. Im Gegensatz dazu wollten Merz und Benteli durch Radioaktivität angeregte Schichten zum Leuchten bringen (sogenannte Radiolumineszenz). Die Lumineszenz von Uran wurde bereits 1896 durch Antoine Henri Becquerel, diejenige von Radium 1898 durch Marie Curie und Pierre Curie entdeckt, wofür die sie 1904 den Nobelpreis für Physik erhielten.[1] (S. 36) Noch gab es in der Schweiz keine Hersteller geeigneter Materialkompositionen. Die Schweizer Uhrenindustrie hatte Interesse an solchen Lösungen für die Zifferblätter, um Nachtablesbarkeit zu erreichen. Merz und Benteli hatten Salz des Schwermetalls Radium mit selbst hergestelltem Zinksulfid kombiniert und für ihre Herstellungsart im März 1918 ein Patent angemeldet. Die Qualität ihrer Leuchtfarben war derjenigen ausländischer Anbieter überlegen.[1] (S. 44). Mesothorium I 228Ra, ein Isotop von Radium, war der bevorzugte Strahler. Für die Herstellung wurden mehrere benachbarte Gebäude auf dem Areal des Schlosses genutzt. Die Gesellschaft wurde 1942 in die Aktiengesellschaft Merz & Benteli AG umgewandelt. Während des Zweiten Weltkriegs gab es Beschaffungsschwierigkeiten. Deshalb wurde auch Radiothorium als Ersatz verwendet[1] (S. 46). Nach dem Zweiten Weltkrieg war sich die Bevölkerung die Gefahr radioaktiver Strahlung bewusst geworden. Ab 1962 wurden anstelle von Radiumsalz Promethium- und Tritiumsalze verwendet, welche Betastrahler sind[1] (S. 73). Während dieser Zeit wurden besonders dünne Tritiumgaslichtquellen entwickelt und ab 1967 unter dem geschützten Markennamen trigalight verkauft[1] (S. 74).[3] Nachdem schon seit 1930 für das Auftragen von Leuchtfarben Kleber aus Kunstharz entwickelt wurden und dieses zweite Standbein der Firma seit 1947 den grösseren Umsatzanteil ausmacht, wurde 1969 das Leuchtfarbengeschäft in die neu gegründete Merz & Benteli Nuklear AG ausgelagert, welche später unter dem Namen MB-Microtec AG weitergeführt wurde.[4]
Weil die Neubauten auf dem Schlossareal für die produzierten Mengen nicht mehr genügten und es nun zwei getrennte Firmen gab, wurden 1974 Fabrikneubauten in Niederwangen BE gebaut und bezogen.
Der Schweizer Öffentlichkeit ist der Allzweckklebstoff Cementit aus dem Hause Merz & Benteli wohlbekannt.[5] Von über 30 durch die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) getesteten wasserfesten Klebstoffen führte Cementit bereits 1934 die Rangliste an. Spätere Auszeichnungen folgten[1] (S. 56). Das Sortiment an Klebern wurde für unterschiedliche industrielle Anwendungen erweitert, wobei für den Kleber Merbenit zum Verkleben von PVC 1954 ein Patent erteilt wurde[1] (S. 76).
Als weiteres Tätigkeitsfeld wurde das Abdichten von Spalten und Fugen in Bauten ab den 1950er-Jahren bearbeitet. Merz & Benteli wurde zu einem Pionierunternehmen für elastische Kleb- und Dichtstoffe auf der Basis organischer Polysulfide. Dichtstoffe aus Polysiloxanen waren 1958 die ersten gummielastischen Fugenkitte, welche in der Schweiz hergestellt wurden[1] (S. 77). Umsatzmässig wurden diese Dichtstoffe rasch bedeutender als die bekannteren Klebstoffe wie Cementit.
Sowohl merz+benteli ag wie auch mb-microtec ag sind weiterhin in Familienbesitz. mb-microtec ag bezeichnet sich als Marktführer bei selbstleuchtenden Gaslichtquellen mit einem Exportanteil von 90 %.[6] Für das Recycling von Tritiumgas wurde eine spezielle Anlage entwickelt.[7]
Einzelnachweise
- Walter Thut: Merz & Benteli. Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik. Verein für wirtschaftshistorische Studien (Hrsg.), Band 111, Zürich 2018, ISBN 978-3-909059-74-4, Buchbeschreibung abgerufen am 9. August 2021.
- Christoph Zürcher: Albert Benteli. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 6. Juni 2002. Abgerufen am 9. August 2021.
- Traser H3 Watches. traserh3watches.de, abgerufen am 9. August 2021.
- mb-microtec ag. Swiss Venture Club, abgerufen am 9. August 2021.
- Flavian Cajacob: Merz+Benteli: Der klebrige Klassiker in Rot-Gelb. In: Handelszeitung, 6. Oktober 2004, abgerufen am 9. August 2021.
- Treffpunkt für die BERNER Wirtschaft. mbmicrotec.com, Januar 2020, abgerufen am 9. August 2021.
- Helmut Fuchs: mb-microtec nimmt einzigartige Recyclinganlage in Betrieb. moneycab.com, 4. Dezember 2020, abgerufen am 9. August 2021.