Meißner Fummel
Die Meißner Fummel g.g.A. ist ein Feingebäck mit geschützter Herkunftsbezeichnung aus Meißen. Seine urkundlich erste Erwähnung liegt im Jahr 1747, in dem aus der Stadt Meißen ein Gebäck mit dem Namen Fommel niedergelegt ist. Verkauft werden Fummeln in Meißen immer noch.
Form und Inhalt
Es handelt sich um einen Hohlkörper aus sehr dünnem, einfachem Teig. Die Form entspricht der eines unregelmäßigen runden „Ballons“. Das Gebäck ist äußerst spröde und daher zerbrechlich. Meißner Fummeln haben keinen besonderen Geschmack und wegen der nur hauchdünnen Teigschale um die innen befindliche Luft besitzen sie keinen nennenswerten Nährwert. Die Fummel ist ein Backwerk mit enormen Ausmaßen und ohne Inhalt. Sie ist ein Blätterteig, der nichts als Luft enthält. „[…] Meißner Fummeln. Allerdings ist hierbei der Spaßfaktor höher als der Nährwert.“[1]
Eine Legende besagt, dass die Meißner Fummel von einem sächsischen Kurfürsten in der Stadt Meißen in Auftrag gegeben wurde, und das aus einem einfachen Grund. Die vom König verschickten Boten, die, meist auf Pferden, die Nachrichten in andere Städte, teilweise auch andere Bundesländer oder Staaten überbringen sollten, ließen sich oftmals dazu hinreißen, eine Pause in Meißen einzulegen und sich in Gasthäusern zu stärken, aber auch, um sich zu betrinken. Da der König durch diese Zwischenstopps länger auf gewisse Nachrichten und Antworten warten musste, und ihm dies, selbstverständlich, nicht gefiel, gab er den Meißner Gasthäusern den Auftrag, ein sehr fragiles Gebäck zu erfinden und jedem Reiter, der eine Pause in einem Gasthaus einlegte, selbiges mit auf den Weg zu geben.
Der Hintergedanke des Königs? Jeder Reiter hatte die Aufgabe, den somit erfundenen Fummel, heil vorzulegen, sobald er bei Hofe eintraf. Ein betrunkener Bote würde das zerbrechliche Gebäck nicht heil vorzeigen können, nur nüchterne Männer konnten diese Aufgabe erfüllen.
Eine beweislich unterlegbare Herkunft liegt jedoch eher im Dunkeln.
Herstellung
Die Fummel wird aus einem einfachen Nudelteig (Mehl, Zucker, Salz, wenig Butter) hergestellt, der hauchdünn ausgerollt wird. Eine Teigplatte wird mit Eigelb bestrichen und die zweite darauf gelegt. Nach dem Zusammenschlagen wird das Innere leicht aufgeblasen und anschließend bei mittlerer Hitze gebacken. Die Meißner Fummel wird stets etwas bräunlich ausgebacken.
Einziger Hersteller ist (wohl) die Bäckerei Zieger,[2] die für das zerbrechliche Gebäck einen „Fummel-Versand“ anbietet. „Viele Urlauber kaufen in Meißen eine Fummel als Mitbringsel. Hat der transportwillige Tourist die Fummel heil zu Hause angebracht und beißt in das Wunderwerk hinein, bleibt ihm eine herbe Enttäuschung nicht erspart. […] Geschmack gleich Null.“[1] Pustel auf der Außenhaut, groß wie ein Handball, zwei Liter Luft im Innern: „Je mehr Blasen die Fummel hat, desto stabiler ist sie“, erklärt Konditorin Astrid Zieger. Das Rezept hält die Familie seit Generationen geheim, ihre Konditorei wurde schon im Jahr 1844 gegründet.[3]
Herkunft
Zum Alter und zur Herkunft gibt es mehrere Belege und Ansichten, eine eindeutige Quellenlage existiert nicht.
- Der Meißener Geschichtsforscher Wilhelm Loose schrieb 1891 in den „Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen“ „Als am 14. Januar 1747 die an den Dauphin Ludwig, den Sohn des Königs Ludwig XV., vermählte sächsische Prinzessin Maria Josepha auf ihrer Reise von Dresden nach Frankreich durch Meißen kam, spendete der Rat ’den gewöhnlichen Ehrenwein an rothen und blanken Landwein nebst einen hiesigen gewöhnlichen Gebacken vulgo eine Fommel genannt’.“[4] Der Rat von Meißen spendete der zur Hochzeit reisenden Prinzessin das „gewöhnliche Gebäck“, welches man „Fommel“ oder „Fummel“ nannte. Loose zitiert die „Fommel/Fummel“ mit der lateinischen Formulierung „vulgo“ als ein „gemeinhin“, „gewöhnlich“ und „allenthalben bekannt“ hiesiges Backwerk benannt. Zu jener Zeit sprach man am sächsischen Hof ein sächsisch geprägtes Französisch[5] „Fummel“ könnte sich so vom französischen „fumèe“ (Rauch, Dampf, Qualm) ableiten.
- Eine weitere mögliche Deutung ist die Fummel als Vexiergestalt. Die „Fummel“ sieht einem Schinken mit leichtem Belag ähnlich.
- Unklarheit herrscht gleichfalls über das Alter des Fummel-Rezepts. Einige Quellen sprechen von einer Rezeptur, die seit dem 14. Jahrhundert in Meißen bekannt sei. Das würde der Kurierreiter-Legende um das Gebäck widersprechen, die in Meißen immer wieder zu hören ist. Die Manufaktur wurde jedoch erst Anfang des 18. Jahrhunderts gegründet. Die Geschichte ist also amüsant, basiert aber eher nicht auf historischen Fakten.
- Seinen Ursprung könnte das Fummel-Gebäck in der orientalischen Küche haben, wo ballonartig gebackenes Brot bekannt ist. Türkische Kultur und Lebensweise, orientalische Pracht, wurde im 18. Jahrhundert am sächsischen Hof wertgeschätzt. In Sachsen liebte man türkischen Kaffee, Stoffmuster und Kleidungsstücke „a la turc“, orientalische Gerichte und Süßigkeiten, das Tabakrauchen mit der Wasserpfeife, orientalische Zelte, Lederwaren, Parfüms und Pflanzen.[6]
- Eine viel zitierte Legende zu Herkunft und Anlass: „Es heißt, August der Starke habe schon die hauchdünnen Fummel anfertigen lassen. Denn zwischen Dresden und Meißen verkehrten regelmäßig sächsische Kuriere, die das Meißner Porzellan transportierten und es zu oft zerbrachen, da sie dem Meißner Wein sehr zugetan waren. Daraufhin befahl der Kurfürst der Bäckerzunft zu Meißen, ein leicht zerbrechliches Gebäck herzustellen. Fortan mussten sie die Fummel auf ihrem Weg bei sich tragen und bei Ankunft unversehrt vorzeigen.“[7]
Trivia
- Jedes Paar, das in Meißen heiratet, bekommt eine Fummel: als Symbol für die Zerbrechlichkeit der Liebe.[8]
- Gewohnheit oder Erzählung: Insbesondere Dresdner, die ihren Ausflug am Herrentag in die Weingegend von Meißen machten, waren angehalten eine Fummel zu besorgen, um mit einer unzerbrochenen Fummel bei der zu Hause gebliebenen Gattin, den Nachweis zu führen, dass der Weingenuss in Maßen geblieben war.[7] Dagegen, dass Meißner Männern die Gattin eine Fummel mitgab, mag der geringere Transportaufwand sprechen.
Literatur
- Otto Eduard Schmidt: Kursächsische Streifzüge. Baensch, Dresden 1924. Band III: Meißen und Lommatzscher Pflege.
- Hans Sonntag: Die Fummel mal ohne Porzellan-Legende. In: Meißner Tageblatt, 29. Dezember 2017
Weblinks
- Meißner Fummel | Konditorei Zieger Meißen. In: konditorei-zieger.de. Abgerufen am 15. Dezember 2015.
- Stephan Orth: Kult-Gebäck aus Meißen: Fummeln in der Altstadt. In: Spiegel Online. 4. Oktober 2013, abgerufen am 15. Dezember 2015.
Einzelnachweise
- Hier wird nicht gefummelt! Kein Hohlkörper. n-tv, 9. März 2006
- Kirchenchorreise führt in die Sächsische Schweiz und nach Dresden - Barocke Pracht und Meißner Fummel. In: Schwäbische Post, 20. Mai 2005
- Stephan Orth: Kult-Gebäck aus Meißen Fummeln in der Altstadt. In: Spiegel, 4. Oktober 2013
- Maria Josepha von Sachsen (1731 – 1767), war die Tochter von Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen bzw. König August III. von Polen, dem Sohn von August dem Starken. Der berühmte Marschall Moritz Graf von Sachsen (auch „Marèchal de France“ genannt), ein Sohn von August dem Starken und Gräfin Aurora von Königsmarck, schlug diplomatisch vermittelnd der Marquise de Pompadour die Verheiratung seiner Nichte Maria Josepha mit dem französischen Thronfolger Louis Ferdinand de Bourbon vor. Auf ihrer Reise von Dresden nach Paris wurde die 16-jährige Prinzessin von Louis Francois Armand du Plessis, Herzog von Richelieu, begleitet, der zuvor eigens nach Dresden gereist war. Die Hochzeit mit dem Dauphin fand schließlich auch am 9. Februar 1747 in Paris statt.
- Das ist aus Forschungen bekannt.
- Heftige Kommentare zur Fummel-Theorie. In: Sächsische.de (DDV Mediengruppe GmbH & Co. KG), 26. Januar 2018
- Eckhard Bahr: Dresden: mit Meißen, Radebeul und Sächsischer Schweiz. Trescher Verlag, Berlin 2010, Online in der Google-Buchsuche, ISBN 978-3-89794-156-4.
- Süß und Zart Köstlichkeiten aus Dresden und Elbland. In: Dresden Magazin 2. August 2018