Max Guther
Max Guther (* 12. Februar 1909 in Neu-Ulm; † 9. Juni 1991 in Darmstadt) war ein deutscher Architekt, Stadtplaner und Hochschullehrer.
Leben
Guther studierte Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart u. a. bei Paul Bonatz, Paul Schmitthenner und Heinz Wetzel. Er war ab 1931 als angestellter Architekt in Stuttgart und Colmar/Elsaß und von 1934 bis 1940 als selbstständiger Architekt und Stadtplaner in Hamburg und Schwerin tätig. Von 1940 bis Juli 1945 war er Marinesoldat an der Nordsee.
Politisch unbelastet – er war niemals Mitglied einer nationalsozialistischen Organisation – wurde er noch 1945 Stadtbaurat von Wismar, nahm die zuvor im Büro Gutschow für Wismar erarbeiteten Planungen wieder auf und erstellte einen reduzierten Flächennutzungsgsplan und einen Wiederaufbauplan.
Als er Anfang 1947 von Oberbürgermeister Robert Scholl ersucht wurde, nach Ulm zu kommen, um am Wiederaufbau seiner Heimatstadt mitzuwirken, entschied er sich – auch aus familiären Gründen – von Wismar nach Ulm zu gehen und wurde auf einstimmigen Beschluss des Gemeinderats zum Stadtbaudirektor (Beigeordneten) berufen. Diese Aufgabe erfüllte er mit soviel Elan und Erfolg, dass dies überregional Beachtung fand.
Im Herbst 1954 wurde Guther als ordentlicher Professor für Städtebau und Siedlungswesen an die Technische Hochschule Darmstadt berufen (als Nachfolger von Karl Gruber). Ein wichtiger Baustein seiner Lehre wurde das bereits 1949 von den Hochschullehrern Karl Gruber und Friedrich Reinhold begründete „Städtebauliche Colloquium“, das er zu einem interdisziplinären Diskussionsforum von Forschung, Praxis und Politik entwickelte, in dem regelmäßig und in der Summe über 2oo Planern und anderen Fachleuten Gelegenheit geboten wurde, über ihre Arbeit zu berichten; exemplarisch seien genannt: Hans Paul Bahrdt, Jacobus B. Bakema, Lucius Burckhardt, Olav Boustedt, Georges Candilis, Cor van Eesteren, Fred Forbat, Richard Grauhan, Konstanty Gutschow, Werner Hebebrand, Rudolf Hillebrecht, Herbert Jensen, Erich Kühn, Ernst May, Alexander Mitscherlich, Bernhard Reichow, Heinz Schmeißner und Walter Schwagenscheidt. Hier erlebten die Studierenden und auch die schon externen Absolventen die Praxis in anschaulichen Vorträgen.
1957 holte Max Guther den verdienten Stadtplaner Ernst May (1886–1970) als Honorarprofessor an die Technische Hochschule Darmstadt und 1971 Thomas Sieverts auf die neu eingerichtete Professur Städtebau II. Zusammen mit seinen Kollegen Rolf Romero und Thomas Sieverts begründete er die Fachgruppe Stadt als neue Organisation der verschiedenen Fachgebiete innerhalb der Fakultät Architektur.
Von 1969 bis 1970 leitete Guther als Rektor zusammen mit dem Physiker Friedrich Beck und dem Soziologen Manfred Teschner das Direktorium der Technischen Hochschule und verstand es in diesen hochschulpolitisch unruhigen Zeiten, das Vertrauen auch vieler Studierender zu gewinnen.
Seit Ende der 1960er Jahre bemühte er sich darum, eine berufsständige Organisation ins Leben zu rufen, und gründete 1969 – zusammen mit ca. 50 Kollegen – zunächst den „Verband deutscher Planer“, dessen Vorsitz er bis 1970 übernahm. 1972 entwickelte sich aus diesem Verband die bis heute bestehende „Vereinigung der Stadt-, Regional- und Landesplaner“, der Guther zu Beginn als Vorsitzender vorstand.
Max Guther war Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, des Deutschen Werkbundes, des BDA und seit 1971 der Akademie der Künste, Sektion Baukunst.
Neben seiner Hochschultätigkeit betrieb Guther über viele Jahre auch nach seiner Emeritierung 1974 in verschiedenen Kooperationen ein freies Büro für Städtebau und Stadtplanung (zunächst Planungsbüro Guther und Stracke, ab 1974 als StadtBauPlan). Zu den wichtigsten Planungen gehörten die für Düsseldorf-Garath, Bahar Dar (ein Entwicklungsprojekt für eine neue Stadt im Norden Äthiopiens in Zusammenarbeit mit dem Darmstädter Wasserbauprofessor Wilhelm J. Müller), Leverkusen-Steinbüchel, Koblenz-Karthause, Bonn-Tannenbusch-Buschdorf, München-Perlach, Hamburg-Billwerder-Allermöhe u.v.a.m. In die Lehre eingeflossen ist u. a. seine Planung für die städtebauliche Erweiterung von Düsseldorf in Garath.
Darüber hinaus war er bei zahlreichen Wettbewerben und Gutachterverfahren Preisrichter oder Obergutachter.
Auszeichnungen
- 1963 Menelik-Orden für Verdienste um Äthiopien, überreicht von Kaiser Haile Selassie von Äthiopien
- 1974 Johann-Heinrich-Merck-Ehrung der Stadt Darmstadt
- 1974 Das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 1976. Cornelius-Gurlitt-Denkmünze der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung
- 1982: Ehrendoktorwürde der Technischen Universität München
Deutsche Städtebaulehre
Zum 100. Geburtstag seines Stuttgarter Städtebaulehrers Heinz Wetzel (1882–1945) übernahm Max Guther die Aufgabe, diesen im Kontext der Städtebaulehre an den Deutschen Technischen Hochschulen darzustellen. Daraus ergab sich ein erster noch unvollständiger Forschungsstand zu den Deutschen Städtebaulehrstühlen bis 1945.
Technische Hochschule Darmstadt
- 1897–1927 Karl Hofmann (1856–1933) Architektur
- 1902–1922 Friedrich Pützer (1871–1922) Städtebau, Kirchenbau, Perspektive und Stegreifentwurf
- 1922–1933 Karl Roth (1875–1932) Baukunst und Städtebau
- 1932–1933 Karl Lieser (1901–1990) Städtebau in Vertretung
- 1933–1955 Karl Gruber (1885–1966) Entwerfen, Städtebau und Gefügelehre der mittelalterlichen Baukunst
- 1954–1974 Max Guther (1909–1991) Städtebau und Siedlungswesen
- 1975–1981 Martin Einsele (1928–2000) Entwerfen, Städtebau und Siedlungswesen
- 1987–2004 Stephan Goerner, Entwerfen, Städtebau und Siedlungswesen
- seit 2006 Annete Rudolph-Cleff (* 1965) Entwerfen und Stadtentwicklung
- 1971–2001 Thomas Sieverts (* 1934) Entwerfen und Städtebau
- 2001–2018 Julian Wékel (* 1951) Entwerfen und Regionalentwicklung
- 1972–1981 Rudolf Stalling
- 1982–1999 Roland Wick (1936–2011)
- 1972–1981 Karl-Heinz Jacobitz (1927–2012) Städtebau und Landesplanung
- 1982–2008 Hans Reiner Böhm, Umwelt- und Raumplanung
- 2009–2016 Jochen Monstadt, Raum- und Infrastrukturplanung
Technische Hochschule Aachen
- 1877–1921 Karl Henrici (1842–1927)
- 1919–1944 Theodor Veil (1879–1965)
- 1953–1967 Erich Kühn (1902–1981) Städtebau und Landesplanung
- 1971–1998 Gerhard Curdes (* 1933) Städtebau und Landesplanung
- 1999–2018 Kunibert Wachten (* 1952) Städtebau und Landesplanung
- seit 2018 Christa Reicher (* 1960) Städtebau und Entwerfen
Technische Hochschule Charlottenburg / Berlin
- 1903–1922 Felix Genzmer (1856–1929) Städtebau und farbige Dekoration
- 1922–1938 Hermann Jansen (1869–1945) Städtebaukunst
- 1930–1933 Bruno Taut (1880–1938) Honorarprofessor für Städtebau
- 1940–1953 Gerhard Jobst, Städtebau und Siedlungswesen
- 1953–1960 Werner March (1894–1976) Städtebau und Siedlungswesen
- 1960–1966 Fritz Eggeling (1913–1966) Städtebau und Siedlungswesen
- 1968–1977 Friedrich Gunkel (1919–1977) Städtebau und Siedlungswesen
- 1904–1927 Josef Brix (1859–1943) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1928–1935 Hermann Ehlgoetz (1880–1943) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1938–1945 Erwin Marquardt (1889–1955) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1936–1941 Gottfried Feder (1883–1941), außerordentlicher Prof. für Raumordnung und Städtebau
- 1947–1960 Hans Scharoun (1893–1972) Städtebau
- 1960–1972 Peter Koller (1907–1996) Städtebau
Technische Hochschule Braunschweig
- 1924–1955 Herman Flesche (1886–1972) Städtebau
- 1960–1962 Johannes Göderitz (1888–1978) Städtebau und Wohnungswesen
- 1962–1968 Herbert Jensen (1900–1968) Städtebau, Wohnungswesen und Landesplanung
- 1970–1973 Hansmartin Bruckmann (1931–2014) Stadtplanung
- 1975–1988 Ferdinand Stracke (* 1935) Städtebau, Wohnungswesen und Landesplanung
- 1990–2010 Walter Ackers (* 1945) Städtebau und Landschaftsplanung
- seit 2012 Vanessa Miriam Carlow (* 1975)
Technische Hochschule Danzig
- 1904–1911 Ewald Genzmer (1856–1932) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1911–1926 Friedrich Gerlach (1856–1938) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1927–1945 Karl August Hoepfner (1880–1945) Städtebau und städtischer Tiefbau
- 1925–1933 Karl Gruber (1885–1966) Mittelalterliche Baukunst und Entwerfen
Technische Hochschule Dresden
- 1900–1920 Cornelius Gurlitt (1850–1938)
- 1920–1945 Adolf Muesmann (1880–1956) Städtebau
- 1901–1909 Fritz Schumacher (1869–1947) Städtebau
- 1911–1921 Ewald Genzmer (1856–1932) Städtebau
- 1925–1945 Adolf Muesmann (1880–1956) Leiter des Städtebauseminars
Technische Hochschule Hannover
- 1907–1941 Otto Blum (1876–1944) Eisenbahnbau und Eisenbahnbetrieb, ab 1913 Städtebau
- 1919–1938 Ernst Vetterlein (1873–1950) Städtebau und Siedlungswesen
- 1950–1952 Werner Hebebrand (1899–1966) Städtebau und Landesplanung
- 1953–1955 Roland Rainer (1910–2004) Städtebau
- 1956–1965 Wilhelm Wortmann (1897–1995) Städtebau, Wohnungswesen und Landesplanung
- 1966–1993 Friedrich Spengelin (1925–2016) Städtebau, Wohnungswesen und Landesplanung
- 1994–2007 Klaus Trojan (* 1942) Städtebau und Entwerfen
- 2009–2014 Manuel Scholl (* 1962) Städtebau und Entwerfen
- seit 2015 Andreas Quednau (* 1967) Städtebauliches Entwerfen
Technische Hochschule Karlsruhe
- 1862–1912 Reinhard Baumeister (1833–1917) Wasser-, Straßen- und Eisenbahnbetrieb
- 1912–1926 Karl August Hoepfner (1880–1945) Städtebau
- 1927–1948 Roman Heiligenthal (1880–1951) Städtebau, Stadtwirtschaft und Siedlung
- 1949–1961 Wilhelm Strickler, Städtebau und Landesplanung
- 1964–1985 Gadso Lammers, Städtebau und Landesplanung
- 1984–1997 Werner Köhl, Städtebau und Landesplanung
- 1997–2006 Bernd Scholl (* 1953) Städtebau und Landesplanung
- 1912–1925 Walter Sackur (1871–1926) Stadt- und Landbau
- 1927–1929 Hans Freese (1889–1953) Entwerfen und Städtebau
- 1930–1960 Otto Ernst Schweizer (1890–1965) Städtischer Hochbau, Wohnungs- und Siedlungswesen
- 1961–1974 Adolf Bayer (1909–1999) Städtebau und Entwerfen
- 1981–1996 Martin Einsele (1928–2000) Städtebau und Entwerfen
- 1998–2013 Alex Wall, Städtebau und Entwerfen
- seit 2013 Barbara Engel (* 1969), Internationaler Städtebau
Technische Hochschule München
- 1907–1928 Theodor Fischer (1862–1938) Baukunst und Städtebau
- 1930–1932 Adolf Abel (1882–1968) Baukunst und Städtebau
- 1961–1987 Gerd Albers (1919–2015) Städtebau und Regionalplanung
- 1988–2001 Ferdinand Stracke (* 1935) Städtebau und Regionalplanung
- 2003–2018 Sophie Wolfrum (* 1952) Städtebau und Regionalplanung
- 1954–1961 Georg Werner (1894–1964) Entwerfen und Städtebau
- 1961–1993 Fred Angerer (1925–2010) Entwerfen und Städtebau
- 1994–2007 Ingrid Krau (* 1942) Stadtraum und Stadtentwicklung
- Seit 2005 Alain Thierstein (* 1957), Raumentwicklung
Technische Hochschule Stuttgart
- 1901–1908 Theodor Fischer (1862–1938) Bauentwurf einschließlich Städteanlage
- 1909–1943 Paul Bonatz (1877–1956) Städtebau
- 1947–1960 Richard Döcker (1894–1968) Städtebau und Wiederaufbau
- 1925–1945 Heinz Wetzel (1882–1945) Städtebau und Siedlungswesen
- 1948–1970 Rolf Gutbier (1903–1992) Siedlungswesen und Entwerfen
- 1972–1981 Egbert Kossak (1936–2016) Städtebau
- 1982–1994 Klaus Humpert (1929–2020) Städtebau
- 1994–2014 Franz Pesch (* 1947) Städtebau
- seit 2014 Martina Baum
Schriften
- Friedrich Pützer Architekt – Städtebauer – Hochschullehrer. In: Jahrbuch der Technischen Hochschule Darmstadt 1978/1979, S. 7–28.
- Die Architekturprofessoren der THD von 1841 bis 1945 und ihre Planungen für Hochschule und Stadt Darmstadt. In: Jahrbuch der Technischen Hochschule Darmstadt 1980, S. 107–143.
- Zur Geschichte der Städtebaulehre an deutschen Hochschulen. In: Heinz Wetzel und die Geschichte der Städtebaulehre an deutschen Hochschulen. Stuttgart 1982.
Literatur
- Werner Durth: Träume in Trümmern. Braunschweig 1988, S. 152.
- Frank Raberg: Biografisches Lexikon für Ulm und Neu-Ulm 1802–2009. Süddeutsche Verlagsgesellschaft im Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2010, ISBN 978-3-7995-8040-3, S. 136.
- Hille von Seggern: Max Guther 1909–1991. In: Planerin 2/1991, S. 1.
- Ferdinand Stracke: Max Guther 1909–1991. In: Bauwelt 26/1991, S. 1383.
Weblinks
- Guther, Max. Hessische Biografie. (Stand: 19. Juni 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- https://www.darmstadt-stadtlexikon.de/g/guther-max/