Max-Planck-Institut für Biophysik
Das Max-Planck-Institut für Biophysik (MPIBP) ist eine Forschungseinrichtung der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. mit Sitz in Frankfurt am Main.
Max-Planck-Institut für Biophysik | |
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Neubau auf dem Campus Riedberg | |
Kategorie: | Forschungseinrichtung |
Träger: | Max-Planck-Gesellschaft |
Rechtsform des Trägers: | Eingetragener Verein |
Sitz des Trägers: | München |
Standort der Einrichtung: | Frankfurt am Main |
Art der Forschung: | Grundlagenforschung |
Fächer: | Naturwissenschaften |
Fachgebiete: | Biophysik, Strukturbiologie |
Grundfinanzierung: | Bund (50 %), Länder (50 %) |
Leitung: | Hartmut Michel, Geschäftsführender Direktor |
Homepage: | www.biophys.mpg.de/en.html |
Hauptforschungsgebiet ist die Untersuchung der Funktionsweise von Membran- und Transportproteinen mittels geeigneter physikalischer Verfahren wie hochauflösende Elektronenmikroskopie oder Röntgenstrukturanalyse von Proteinkristallen (siehe auch Biophysik).
Seit März 2003 residiert das MPI für Biophysik in einem Neubau auf dem Campus Riedberg der Goethe-Universität im Norden der Stadt. Ende 2016 waren insgesamt 178 Mitarbeiter am Institut tätig, darunter 48 Wissenschaftler und 50 Nachwuchswissenschaftler. Der Nobelpreisträger Hartmut Michel ist seit 1987 Direktor am Institut.
Geschichte
Vorläufer des heutigen Institutes war das seit 1937 bestehende Kaiser-Wilhelm-Institut für Biophysik, das wiederum aus dem 1921 von Frankfurter Bürgern im Rahmen der Oswalt-Stiftung gegründeten und von Friedrich Dessauer geleiteten "Institut für physikalische Grundlagen der Medizin" hervorgegangen war.[1] Neuer Institutsleiter wurde 1934 nach der erzwungenen Emigration Dessauers sein langjähriger Mitarbeiter Boris Rajewsky, der als Begründer der Biophysik gilt. 1937 wurde das Institut in ein "Kaiser-Wilhelm-Institut für Biophysik" umgewandelt und zog in die Forsthausstraße 70 – die "arisierte" vormalige Villa Speyer – um. Es wurde vor allem an der Wirkung von radioaktiver Strahlung auf den Menschen und einer möglichen medizinischen Nutzung sowie an Aerosolen geforscht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Institut 1948 als "Max-Planck-Institut für Biophysik" wieder eröffnet. Mit der Emeritierung von Boris Rajewsky 1966 und der Neuberufung von Reinhard Schlögl 1965 orientierte sich die Forschungsarbeit weg von der Arbeit mit radioaktiver Strahlung hin zur Untersuchung des "Stofftransport durch biologische und künstliche Membranen". Mit der darauffolgenden Berufung von Karl Julius Ullrich 1967 und schließlich 1968 Hermann Passow zu neuen Direktoren am Institut, entwickelte sich die Leitung des Max-Planck-Instituts für Biophysik außerdem weg vom klassischen Ein-Direktoren Institut zum moderneren Direktoren-Kollegium. Schwerpunkte der Forschung waren nun (und sind es bis heute) die Untersuchung der Zellmembran und ihrer Bausteine, der Membranproteine (und hier besonders der Transportproteine). Die Zellmembranen und die Proteine wurden und werden mit den zum jeweiligen Zeitpunkt modernsten physikalischen Methoden untersucht, dies schließt u. a. ein:
- Röntgenkristallographie
- hochauflösende Elektronenmikroskopie
- Spektroskopie
Diese Entwicklung wurde, insbesondere nach der Emeritierung von Passow und Ullrich 1993 und Schlögl 1996, durch die Neuberufung einer neuen Generation von Direktoren, 1987 von Hartmut Michel (Abt. Molekulare Membranbiologie), 1993 von Ernst Bamberg (Abt. Biophysikalische Chemie) und 1996 von Werner Kühlbrandt (Abt. Strukturbiologie), eingeleitet. Die Verleihung des Nobelpreis an Hartmut Michel 1988 bestätigte diese neue Richtung als weltweit wegweisend. Noch heute gibt es kein anderes Forschungsinstitut mit diesem ausschließlichen Schwerpunkt auf der Erforschung von Membranproteinen. Im März 2003 zog das Institut im Zuge des Umzugs der naturwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Frankfurt auf die „grüne Wiese“ aus seinen alten Räumen in der Frankfurter Innenstadt aus. Das neue Gebäude in der Max-von-Laue-Str. 3 auf dem Unicampus Riedberg stellt einen großen Fortschritt für die Wissenschaftler da (s. a. unter Architektur). Mit der Berufung von Gerhard Hummer 2013 in eine Abteilung für theoretische Biophysik, wurde die Entwicklung, zu einer heute in der Max-Planck-Gesellschaft typischen Institutsgröße von vier Abteilungen, abgeschlossen.
Organisation und Struktur
Das MPIBP besteht aus vier Abteilungen mit diversen Untergruppen:
- Abteilungen:
- Molekulare Membranbiologie (Leitung: Hartmut Michel seit 1987):
- Struktur- und Funktionsuntersuchungen an Membranproteinen aus der Atmungskette (z. B. Cytochrom-bc1) und Photosynthese sowie an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren mittels Röntgenstrukturanalyse von Proteinkristallen. Es werden allerdings noch andere ausgewählte Membranproteine untersucht, z. B. die Enzyme, die am Methanstoffwechsel von Archaebakterien teilnehmen.
- Strukturbiologie (Leitung: Werner Kühlbrandt seit 1997):
- Erforschung von Membran- und Transportproteinen (z. B. osmoregulierende Transporter) mittels zweidimensionaler Kristallisation, elektronenkristallographischer Strukturaufklärung und hoch auflösender Elektronenmikroskopie sowie Bildanalyse größerer makromolekularer Komplexe. Die Arbeitsgruppe versucht auch neue Abbildungsmethoden in der Strukturbiologie zu entwickeln.
- Biophysikalische Chemie (Leitung: Ernst Bamberg seit 1993, em. 30. Juni 2016):
- Funktionsanalyse von Transportproteinen wie z. B. der Natrium/Kalium-ATPase oder von Carrier-Proteinen eukaryotischer und prokaryotischer Herkunft mittels stationärer und zeitaufgelöster elektrischer bzw. elektrophysiologischer Methoden in Kombination mit zeitaufgelösten Fluoreszenztechniken. Weiter beschäftigt sich diese Arbeitsgruppe auch mit Nanobiophysik und Nanobiotechnologie.
- Theoretische Biophysik (Leitung: Gerhard Hummer, seit 2013)
- Molekulare Soziologie (Leitung: Martin Beck, seit 2019)
- Molekulare Neurogenetik (Leitung: Peter Mombaerts bis 2010):
- Neurogenetik von olfaktorischen Systemen
- Selbständige Forschungsgruppen
- Molekulare Biophysik (Leitung: Ernst Grell)
- Molekulare Mechanismen des aktiven und selektiven Kationentransports von Membranproteinen basierend auf thermodynamischen und kinetischen Studien
Allen Gruppen gemein ist, dass sie moderne gentechnische Verfahren benutzen, um verschiedene Varianten der zu untersuchenden Genen herzustellen, um die Funktion einzelner Aminosäuren bestimmen zu können.
International Max Planck Research Schools (IMPRS)
Das MPI betreibt seit dem Jahr 2000 bis 2012 die International Max Planck Research School for Structure and Function of Biological Membranes.[2] Eine International Max Planck Research School ist ein englischsprachiges Doktorandenprogramm. Diese IMPRS war eine der ersten, die gegründet worden sind. Weitere Beteiligte an der IMPRS sind die Goethe-Universität Frankfurt und das Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Das MPI für Biophysik ist weiterhin an der seit 2011 existierenden International Max Planck Research School for Neural Circuits beteiligt[3], die jedes Jahr zehn Doktoranden aufnehmen soll. Diese IMPRS ist am Max-Planck-Institut für Hirnforschung verankert und wird in Kooperation mit mehreren anderen neurowissenschaftlichen Instituten in Frankfurt organisiert, so mit der Goethe-Universität Frankfurt, dem Ernst Strüngmann Institut und dem Frankfurt Institute for Advanced Studies.[4]
Architektur
Der funktionelle Neubau des MPIBP auf dem Unicampus Riedberg wird durch eine in Ost-West-Richtung durchgängig verlaufende Eingangshalle in zwei Hälften geteilt. In der nördlichen Hälfte befinden sich die Labors und sonstigen Forschungseinrichtungen des Instituts, während sich in der südlichen Hälfte ab dem ersten Obergeschoss die Büros und Besprechungsräume der Wissenschaftler und der Verwaltung befinden. Für die schnelle Kommunikation sind die beiden Hälften durch Brücken verbunden, die sich über die Eingangshalle spannen. Die Architekten des Neubaus waren die Architekten der Auer Weber.
Sonstiges
- Einer der Direktoren ist seit der Gründung des MPIBP gleichzeitig Lehrstuhlinhaber an der Frankfurter Goethe-Universität.
- In Kooperation mit anderen MPIs (für Biochemie, medizinische Forschung und molekulare Physiologie) betreibt es ein eigenes Strahlrohr (Beamline) am Swiss Light Source (SLS) in der Schweiz, "einer der derzeit modernsten und leistungsfähigsten Synchrotronstrahlungsquellen der „dritten Generation“ in Europa" (Quelle), um die normalerweise langen Wartezeiten auf eine Messung umgehen zu können. Mit der scharf gebündelten und intensiven Synchrotronstrahlung (Röntgenstrahlung) sollen u. a. große Proteinkomplexe besser röntgenstrukturanalytisch untersucht werden können.
Literatur
- Boris Rajewsky und Mitarbeiter: Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt am Main in: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft 1961, Teil II, Göttingen 1962, Seite 154–214 (umfangreiche Darstellung über die Geschichte und Ergebnisse des Instituts von Rajewsky und Mitarbeitern)
- Kaiser-Wilhelm- / Max-Planck-Institut für Biophysik (Max Planck Institute for Biophysics), in: Eckart Henning, Marion Kazemi: Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm-/ Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1911–2011 – Daten und Quellen, Berlin 2016, 2 Teilbände, Teilband 1: Institute und Forschungsstellen A–L (online, PDF, 75 MB), Seite 272–289 (Chronologie des Instituts).
Weblinks
- Homepage des MPI für Biophysik (englisch)
- Das MPIBP auf der Seite der Max-Planck-Gesellschaft
- Broschüre über das Gebäude des MPI für Biophysik (Memento vom 22. November 2010 im Internet Archive) (PDF-Datei; 5,35 MB)
Einzelnachweise
- Über das Max-Planck-Institut für Biophysik.
- International Max Planck Research School (IMPRS) (Memento des Originals vom 17. Februar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- IMPRS: Graduate Studies
- IMPRS: Faculty