Matthias Schrappe
Matthias Schrappe (* 24. Januar 1955 in Hamburg) ist ein deutscher Internist mit den Zusatzbezeichnungen Hämatologie, internistische Onkologie und Gastroenterologie.
Er arbeitete von 1981 bis 1996 an drei kommunalen und zwei universitären Kliniken. Von 2002 bis 2005 war er Hauptamtlicher Ärztlicher Direktor des Marburger Universitätsklinikums, von September 2005 bis September 2006 Hauptamtlicher Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Witten/Herdecke und von Oktober 2006 bis Februar 2007 deren wissenschaftlicher Geschäftsführer. Von Juni 2007 bis Juni 2009 war Schrappe Generalbevollmächtigter des Aufsichtsrates des Klinikums der Universität Frankfurt am Main.[1] 2009 erhielt er den Ruf auf die W3-Stiftungsprofessur für Patientensicherheit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn[2].
Schrappe lehrt seit 1990, unter anderem in Köln, Marburg, Graz, Luxemburg und Trier. 1996 ernannte ihn die Universität Köln zum außerplanmäßigen Professor. Er lehrte unter anderem Innere Medizin, Qualitätsmanagement, Evidence-based Medicine, Patientensicherheit und Risikomanagement. Seit Dezember 2005 war er Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, wo er im Oktober 2007 zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde. Im Sommer 2011 verließ Schrappe den Sachverständigenrat auf eigenen Wunsch.[3]
Kontroverse um intensivmedizinische Versorgung in der COVID-19-Pandemie
Im Mai 2021 erhob Schrappe als Hauptautor in einem gemeinsamen Thesenpapier mit Kollegen sowie in einem Zeitungsinterview öffentlich Vorwürfe zu seiner Ansicht nach fragwürdigen Vorgängen bei der intensivmedizinischen Versorgung während der COVID-19-Pandemie in Deutschland.[4][5] Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), der Marburger Bund Bundesverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) reagierten mit einer gemeinsamen Pressemitteilung und wiesen die „irreführenden Vorwürfe vom Spiel mit der Angst, der Manipulationen offizieller Statistiken und sogar die Unterstellung, rein aus finanziellem Interesse Patienten intensivmedizinisch zu behandeln, aufs Schärfste zurück. Auch die Behauptung, die Krankenhäuser hätten zu Unrecht Fördergeld für nie aufgebaute Intensivbetten kassiert, ist nicht haltbar.“[6][7][8] Beispielsweise ignoriere Schrappes Thesenpapier, dass das Klinikpersonal oftmals unter höchster Belastung gearbeitet habe, obwohl während der Pandemie in Deutschland rund „40 Prozent weniger“ operiert worden sei „als in normalen Jahren“.[9] Demnach beruhten viele der von Schrappe erhobenen Vorwürfe auf „Fehleinschätzungen und mangelnder Kenntnis der tatsächlichen Lage in Kliniken“.[10] Auch von anderer Stelle wurde kritisiert, Schrappes Thesen zögen des Öfteren aus „richtige[n] Daten falsche Schlüsse“ und seien „in einigen Punkten auch grob falsch“.[11][12] Ein Denkfehler, der zu einer Verzerrung der Statistik zum Anteil von Patienten auf Intensivstationen führte, wurde angesichts der externen Kritik in der upgedateten Version des Thesenpapiers vom 17. Mai 2021 korrigiert. Auch eine aktuelle Stunde im Bundestag befasste sich im Mai 2021 mit der Kontroverse.[13] Schrappe sah sich in einem Bericht des Bundesrechnungshofs vom 9. Juni 2021 bestätigt,[14] laut dem der Einsatz von rund 686,1 Mio. Euro für den Aufbau von Intensivbetten zu zusätzlichen 13.700 Intensivbetten führen sollte, ein „solcher Kapazitätszuwachs [...] aus den vorliegenden Statistiken und Datensammlungen indes nicht abzulesen“ sei, weshalb der „Verbleib und die Einsatzbereitschaft der mit der Förderung geschaffenen Intensivbetten“ geklärt werden müsse.[15]
Weblinks
Einzelnachweise
- Eigener Lebenslauf auf matthias.schrappe.com abgerufen am 8. Oktober 2019.
- Martina Merten: Universität Bonn: Erstes Institut zur Patientensicherheit. Deutsches Ärzteblatt, 2009, abgerufen am 21. Juli 2021.
- Birgit Hibbeler: Petra Thürmann: Top-Frau für den Sachverständigenrat Deutsches Ärzteblatt 2011; 108(45): A-2409 / B-2029 / C-2001, abgerufen am 8. Oktober 2019.
- 3. Adhoc-Stellungnahme der Autorengruppe zur intensivmedizinischen Versorgung, 16. Mai 2021, Update 17. Mai 2021 (PDF)
- Elke Bodderas: „Es geschehen bei den Intensivstationen seltsame, unverständliche Dinge“. In: welt.de. 18. Mai 2021, abgerufen am 16. Mai 2021.
- Verbände weisen Vorwürfe von Matthias Schrappe aufs Schärfste zurück – Intensivstationen haben großartige Arbeit geleistet, divi.de, 17. Mai 2021
- Nils Metzger: #DiviGate: Sind die Daten zu Intensivbetten übertrieben? In: zdf.de. 17. Mai 2021, abgerufen am 18. Mai 2021.
- Coronakrise: Heftige Debatte um Belegung von Intensivbetten, aerzteblatt.de, 17. Mai 2021
- Sandra Simonsen: Wissenschaftler korrigieren Zahlen – wieder falsch. In: t-online.de. 18. Mai 2021, abgerufen am 19. Mai 2021.
- Thomas Sabin: Manipulation bei Intensivbetten? Verbände wehren sich, tagesspiegel.de, 17. Mai 2021
- Irene Berres u. Nina Weber: Die Manipulation, die keine war. In: spiegel.de. 18. Mai 2021, abgerufen am 19. Mai 2021.
- Malte Kreutzfeldt: Falsche Zahlen in der Kritik. In: taz.de. 17. Mai 2021, abgerufen am 18. Mai 2021.
- Heftiger Streit über Auslastung in Intensivstationen. In: bundestag.de. Abgerufen am 26. Juni 2021.
- Nils Metzger: Meldeten Kliniken falsche Intensiv-Zahlen? In: ZDF heute. 12. Juni 2021, abgerufen am 8. Juli 2021.
- Bundesrechnungshof: Bericht nach §88 Absatz 2 BHO über die Prüfung ausgewählter coronabedingter Ausgabepositionen des Einzelplans 15 und des Gesundheitsfonds (Abgabe von Schutzmasken an vulnerable Personengruppen, Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser und Aufbau von Intensivbettenkapazitäten). 9. Juni 2021, abgerufen am 26. Juni 2021.