Marie-Luise Scherer
Marie-Luise Scherer (* 15. Oktober 1938 in Saarbrücken) ist eine deutsche Schriftstellerin und Journalistin.
Leben
Marie-Luise Scherer begann als Reporterin beim Kölner Stadtanzeiger und schrieb dann für die Berliner Morgenpost und Die Zeit. Danach war sie von 1974 bis 1998 Autorin beim Spiegel, wo sie mit ihren literarischen Reportagen bekannt wurde.
Über ihre Textproduktion, die sie als „Silbenarbeit“ charakterisierte, sagte sie: „Zwei gute Sätze an einem Tag sind ein Glück.“[1]
Friedmar Apel schrieb in der FAZ vom 4. Juni 2004: „In der Tradition Walter Benjamins ist Marie-Luise Scherer eine Physiognomikerin der Dingwelt, wie jener hat sie ihre Methode auch an den flüchtigen Erscheinungen der Kleidermode geschult.“
Gustav Seibt sagte: „Nichts scheint von ihrer eigenen Subjektivität übrig zu bleiben, außer einer übermäßig gesteigerten Empfindsamkeit, die noch beim Lesen fast schmerzhaft berührt. Der Tonfall ist völlig unfeuilletonistisch, er ist geprägt von einer fast unpersönlichen Allwissenheit, die sich in einem allerdings zuweilen prunkvoll pathetischen Feststellungsduktus ausspricht. Hier redet die Welt selbst.“[2]
Die Vergabe des Kunstpreises des Saarlandes 2012 an Scherer wurde von der Jury u. a. so begründet: „Ihre Texte setzen einen Akzent gegen die Schnelligkeit journalistischer Darstellungen, sie sind Erzählungen mit präzise recherchiertem Hintergrund.“[3]
Ihre Texte wurden ins Französische, Italienische und Spanische übersetzt.
Scherer lebt in einem wendländischen Dorf an der Elbe, unweit der ehemaligen Grenze zur DDR.
Auszeichnungen
- 1970: Theodor-Wolff-Preis
- 1977: Egon-Erwin-Kisch-Preis für Der Zustand, eine hilflose Person zu sein in Der Spiegel
- 1979: Egon-Erwin-Kisch-Preis für Auf deutsch gesagt: gestrauchelt in Der Spiegel
- 1989: Siebenpfeiffer-Preis
- 1994: Ludwig-Börne-Preis
- 2008: Italo-Svevo-Preis
- 2011: Heinrich-Mann-Preis
- 2012: Kunstpreis des Saarlandes (Literatur)
- 2015: Samuel-Bogumil-Linde-Preis gemeinsam mit Stefan Chwin
- 2015: Mitglied der Akademie der Künste, Berlin[4]
Werke
- Ungeheurer Alltag. Geschichten und Reportagen. Rowohlt, Reinbek 1988, ISBN 3-498-06225-5.
- Der Akkordeonspieler. Wahre Geschichten aus vier Jahrzehnten, Reihe Die Andere Bibliothek, Hrsg. von Hans-Magnus Enzensberger bei Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-4541-4 (Taschenbuchausgabe: Fischer, Frankfurt am Main 2006).
- Die Bestie von Paris und andere Geschichten. Verlag Matthes & Seitz Berlin 2012, 151 S.[5]
- Die Hundegrenze. Verlag Matthes & Seitz Berlin 2013, 90 S. ISBN 9783882210774.
- Unter jeder Lampe gab es Tanz. Wallstein Verlag 2014, 80 S. ISBN 978-3-8353-1420-7.
- Der Akkordeonspieler. Verlag Matthes & Seitz Berlin 2017, 142 S. ISBN 978-3-95757-325-4
Literatur
- Angelika Overath: Das halbe Brot der Vögel. Zur Sprache der Journalistin Marie-Luise Scherer. In: Das halbe Brot der Vögel. Portraits und Passagen. Wallstein, Göttingen 2004.
- Katharina Teutsch: Das wilde zarte Reporterherz. FAZ, 27. Oktober 2012, S. Z1 f.
Weblinks
- Literatur von und über Marie-Luise Scherer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Marie-Luise Scherer bei perlentaucher.de
- Arno Widmann: Nur eine kam durch: Marie-Luise Scherer (Essay über Scherer auf Perlentaucher aus dem Jahr 2004)
- Marie-Luise Scherer beim Reporter-Forum
- Texte Marie-Luise Scherers im Spiegel 1974–1994
- Marie-Luise Scherer: In alter Zeit. In: Die Zeit, 14. August 2013. (Dankesrede anlässlich der Verleihung des Kunstpreis des Saarlandes).
Einzelnachweise
- Julika Pohle: Silbe um Silbe wächst der Text. In Die Welt vom 10. Dezember 2004, abgerufen am 12. April 2011.
- Süddeutsche Zeitung, 2. April 2004
- Kunstpreis des Saarlandes an Marie-Luise Scherer. In: Saarbrücker Zeitung (Kultur) vom 22. März 2012
- Neue Mitglieder der Akademie der Künste | Akademie der Künste – Berlin. In: www.adk.de. Abgerufen am 8. Juli 2016.
- Paris ganz nüchtern – und grausam, Rezension von Helmut Böttiger im Deutschlandfunk vom 10. Dezember 2012