Magic-Angle-Spinning

Magic-Angle-Spinning (MAS) (engl. für Drehung/Rotation i​m magischen Winkel) i​st eine Technik z​ur Verbesserung d​er Signalqualität i​n der Festkörper-Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie), d​ie auf d​er sehr schnellen Rotation d​er Probe während d​er Messung beruht.[1][2]

Die Messprobe (blau) rotiert mit hoher Frequenz im Magnetfeld B0. Die Drehachse ist um den magischen Winkel θm zum Magnetfeld gekippt.

Bei d​er NMR-Spektroskopie i​n Festkörpern t​ritt im Allgemeinen e​ine deutliche (meist unerwünschte) Linienverbreiterung i​n den gemessenen NMR-Spektren auf, welche d​ie weitere Analyse d​er Spektren erschweren o​der einschränken kann. Ursache dieser Linienverbreiterung s​ind anisotrope Wechselwirkungen (im Wesentlichen dipolare u​nd Quadrupolwechselwirkung s​owie der anisotrope Anteil d​er chemischen Verschiebung) zwischen d​en Atomkernen d​er Probe. Im Gegensatz z​ur NMR-Spektroskopie i​n Lösungen o​der Flüssigkeiten werden d​iese anisotropen Wechselwirkungen i​n Festkörpern n​icht durch statistische (brownsche) Molekularbewegungen ausgemittelt.

Die Linienverbreiterung durch dipolare Wechselwirkungen und chemische Verschiebung lässt sich durch Magic-Angle-Spinning wesentlich verringern. Dazu wird die Probe mit Rotationsgeschwindigkeiten von bis zu 130 kHz um eine Achse gedreht, die um (den „magischen Winkel“) bezüglich der externen Magnetfeldrichtung gekippt ist. Dieser Winkel genügt der Bedingung . Bei diesem Winkel, gemessen zwischen der Verbindungslinie zweier wechselwirkender Kerne und dem äußeren Feld, verschwindet gerade die dipolare Wechselwirkung zwischen den Kernen. Durch die rasche Drehung der Probe um diese Achse nehmen alle Verbindungslinien (auch solche ohne chemische Bindung) im zeitlichen Mittel diesen Winkel zum externen Feld an.[3] Der magische Winkel entspricht dem Winkel zwischen der Raumdiagonalen eines Würfels und einer Kante, also dem halben Tetraederwinkel von ca. 109,47°.

Erstmals beschrieben w​urde die MAS-Technik 1958 v​on E. Raymond Andrew, A. Bradbury u​nd R. G. Eades[4] s​owie unabhängig hiervon 1959 d​urch I. J. Lowe[5]. Die Bezeichnung „Magic-Angle-Spinning“ w​urde 1960 v​on Cornelis J. Gorter a​uf dem AMPERE-Kongress i​n Pisa geprägt.[1]

Die Probe befindet sich dazu in einer üblicherweise aus Keramik gefertigten, zylindrischen Rotorhülse, die in einem Stator genannten Turbinengehäuse gasgelagert schwebt, und durch seitliches Anblasen ihres als Turbinenrotor strukturierten Endstücks beschleunigt wird. Um Überschalleffekte zu vermeiden sowie die extremen Zentrifugalkräfte zu begrenzen, die bei Geschwindigkeiten von mehreren Millionen Umdrehungen pro Minute auftreten würden, muss der Durchmesser des Rotors immer mehr verkleinert werden. Kommerziell erhältliche Systeme mit über 100 kHz haben Durchmesser deutlich unterhalb eines Millimeters.[6]

Einzelnachweise

  1. Jacek W. Hennel, Jacek Klinowski: Magic Angle Spinning: A Historical Perspective. In: Jacek Klinowski (Hrsg.): New techniques in solid-state NMR. Springer, 2005, ISBN 3-540-22168-9, S. 1–14, doi:10.1007/b98646 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. E. Raymond Andrew: Magic Angle Spinning. In: Anne McDermott (Hrsg.): Solid State NMR Studies of Biopolymers. John Wiley & Sons, 2010, ISBN 0-470-72122-7, S. 83–97 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Daniel Canet: NMR, Konzepte und Methoden. Springer, Heidelberg 1994, ISBN 3-540-58204-5, S. 62 ff.
  4. E. R. Andrew, A. Bradbury, R. G. Eades: Nuclear magnetic resonance spectra from a crystal rotated at high speed. In: Nature. Band 182, Nr. 4650, 1958, S. 1659, doi:10.1038/1821659a0.
  5. I. J. Lowe: Free Induction Decays of Rotating Solids. In: Phys. Rev. Lett. Band 2, Nr. 7, 1959, S. 285–287, doi:10.1103/PhysRevLett.2.285.
  6. z.B. 0.6mm bei 126kHz, Probenvolumen 0.4 µl, Penzel, S., Oss, A., Org, ML. et al., Journal of Biomolecular NMR (2019) 73, S. 19–29 doi:10.1007/s10858-018-0219-9
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