MUSS
Das abstandsaktive Schutzsystem MUSS (Multifunktionales Selbstschutz-System, engl. Multifunction Self Protection System) ist ein Selbstschutzsystem für gepanzerte Fahrzeuge. Das System MUSS wurde vom Bereich EADS Defence & Security (DS) des europäischen Konzerns EADS zusammen mit Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Buck (einem Tochterunternehmen von Rheinmetall Defence) Mitte der 1990er entwickelt.[1][2] KMW ist dabei verantwortlich für die Systemintegration, während Buck die Entwicklung der pyrotechnischen Gegenmaßnahmen durchführte.
Das System wurde im Jahre 2003 das erste Mal erfolgreich auf dem Leopard 2 getestet.[1] Es arbeitet nach dem Softkill-Prinzip, das heißt, es ist darauf ausgelegt, anfliegende Lenkflugkörper (LFK) durch Störung der Lenksysteme vom Kurs abzubringen oder das Ziel für die Erfassungssysteme zu verschleiern und so Treffer zu vermeiden. Das MUSS soll sowohl vor laser- als auch drahtgelenkten Flugkörpern schützen und auch für den Einsatz gegen Fire-and-Forget-Waffen geeignet sein. Ein vergleichbares System ist das russische Schtora-System.
Die Bundeswehr plant den Einsatz des Systems auf dem Schützenpanzer Puma, wofür zunächst Systeme für die fünf Prototypen beschafft werden.[3][4] Das MUSS wurde außerdem für die Integration auf dem GTK Boxer, Fennek und Leopard 2 konzipiert.
Aufbau und Funktionsweise
MUSS besteht aus Laser- und Ultraviolett-Sensoren, einer Rechnereinheit, einem Infrarot-Störsender und einer Nebelmittelwurfanlage. Das gesamte MUSS wiegt je nach Einsatzbereich zwischen 65 und 160 Kilogramm.[5]
Sensoren
Das System besitzt vier Sensoreinheiten, die einen Erfassungsbereich von je 90 × 70° haben und eine Auflösung von ±1,5° besitzen.[5] Durch die Sensoren wird so eine Abdeckung von 360° im Azimut erreicht und eine Elevation von 70°. Die Sensoreinheiten basieren auf dem MILDS UV-Raketen- und Laser-Warngerät, das ebenfalls von der EADS gebaut wird. Beide Sensoren sind dabei in einem Gehäuse eingebaut.
Funktionsweise
Nach einer Erfassung durch einen Ziellaser oder der Entdeckung eines anfliegenden Lenkflugkörpers durch die Sensoren löst die Rechnereinheit Gegenmaßnahmen aus. Diese umfassen das Abfeuern der Nebelmittelwurfanlage in Richtung des anfliegenden Flugkörpers und das Aktivieren des Störsenders ebenfalls in Richtung des LFK. Das Ausbringen der kompletten Nebelwand dauert dabei mindestens 4,5 Sekunden. Durch den Nebel wird die Sichtverbindung zum Startgerät des Flugkörpers unterbrochen und der Laserleitstrahl unterbrochen, so dass der Kontakt zum Flugkörper nach dem Passieren der Nebelwand verloren geht. Durch den Störsender soll zusätzlich die Infrarot-Signatur des Raketentriebwerks überstrahlt werden, so dass bei drahtgelenkten Raketen die Zieleinrichtung (beispielsweise SACLOS) des Startgeräts gestört wird.
MUSS ist dabei in der Lage, vier Ziele gleichzeitig zu bekämpfen.[4]
Vor- und Nachteile
Das System erlaubt durch die verschiedenen Sensortypen eine Erkennung sowohl von laser- als auch drahtgelenkten Raketen. Durch die Unabhängigkeit der Störmittel von der Längsachse des Turms muss dieser nicht erst in Richtung des anfliegenden Flugkörpers gedreht werden, so dass eine kurze Reaktionszeit möglich ist. Weiterhin lässt sich das System durch diesen Aufbau leicht auf verschiedenen Fahrzeugtypen nachrüsten.
Ein Nachteil ist die relativ lange Zeit von mindestens 4,5 Sekunden, die für den Aufbau der Nebelwand erforderlich ist. Das russische Schtora-System benötigt dagegen für die Ausbringung der Nebelwand maximal 3 Sekunden. Durch die hohe Geschwindigkeit moderner Flugkörper ist daher eine Mindestentfernung von 500 Meter für eine erfolgreiche Gegenmaßnahme erforderlich. Aus diesem Grund kann das System viele Angriffe nicht abwehren.
Gegen einfache RPGs, die weltweit verbreitetste Waffe gegen Kampfpanzer, bietet das System hingegen keinen Schutz.
Literatur
- Rolf Hilmes: Kampfpanzer heute und morgen. Konzepte – Systeme – Technologien. Motorbuchverlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02793-0.
Weblinks
Einzelnachweise
- EADS-Webseite mit Angaben zur Firmenstruktur (abgerufen am 1. Februar 2009)
- Pressemitteilung auf der Webseite der EADS zum Test des MUSS auf dem Leopard 2 (abgerufen am 1. Februar 2009)
- EADS.com mit Pressemitteilung zum Einsatz auf dem Puma (engl., abgerufen am 2. Februar 2009)
- Army-Technology mit Angaben zum Puma und dem MUSS (engl., abgerufen am 2. Februar 2009)
- Informationen zum MUSS auf Defence-Update (engl., abgerufen am 2. Februar 2009) (Memento vom 14. April 2010 im Internet Archive)