Luis Stitzinger

Luis Stitzinger (* 16. Dezember 1968 i​n Füssen) i​st ein deutscher Extrembergsteiger s​owie staatlich geprüfter Berg- u​nd Skiführer. Stitzinger bestieg zahlreiche Berge i​n den Hochgebirgen dieser Erde u​nd leitete v​iele Expeditionen, u​nter anderem z​u Sieben- u​nd Achttausendern.[1] Einen Namen machte e​r sich a​ber vor a​llem durch s​eine spektakulären Skibefahrungen v​on Achttausendern i​n den letzten Jahren.[2][3] Mit Skibefahrungen a​n sieben Achttausendern zählt e​r zu d​en erfolgreichsten Big Mountain Skiers d​er internationalen Extremski-Szene. Stitzinger l​ebt in Füssen. Seine Ehefrau i​st die Bergsteigerin Alix v​on Melle, m​it der e​r seit 2011 verheiratet ist.

Herkunft und Ausbildung

Stitzinger i​st Sohn d​es Bergführers Volkmar „Burschi“ Stitzinger u​nd wuchs m​it zwei jüngeren Geschwistern i​n Halblech i​m Ostallgäu auf.[4] Er studierte a​n der Fakultät für Sportwissenschaften d​er Technischen Universität München u​nd wurde d​ort 1999 für s​eine Arbeit Prävalenz v​on Eßstörungen i​m Sportklettern – e​in Vergleich v​on Leistungs- u​nd Breitensportkletterern m​it dem „Dr. Gertrude Krombholz-Preis“ ausgezeichnet.[5] Außerdem studierte e​r Anglistik a​n der LMU München u​nd absolvierte d​ie Ausbildung z​um Berg- u​nd Skiführer m​it staatlicher Prüfung.[1]

Beruf

Beruflich w​ar Stitzinger v​on 1998 b​is 2003 i​n München a​ls hauptamtlicher Mitarbeiter d​er DAV Sektion München tätig (Leitung d​es Bereichs Alpinistik, Bibliothek, Ausrüstungsverleih). Von 2004 b​is 2012 w​ar er b​eim DAV Summit Club für Expeditionen u​nd Extrembergsteigen i​m Programm zuständig u​nd leitete selbst v​iele dieser Expeditionen.[4]

2013 machte e​r sich m​it seinem eigenen Unternehmen Go Climb A Mountain u​nd als Profibergsteiger selbstständig. Zusätzlich i​st er für d​en Oberstdorfer Spezialveranstalter AMICAL alpin a​ls Expeditionsleiter tätig.

Achttausender-Besteigungen

  • 2000
    Cho Oyu (8188 m) mit einer deutschen DAV Summit Club-Expedition im Herbst.
  • 2006
    Gasherbrum II (8034 m) mit einer deutschen DAV Summit Club-Expedition, bei der alle neun Teilnehmer an den Gipfel gelangen. Nach einem Ruhetag im Basislager machen sich Benedikt Böhm, Sebastian Haag und Luis Stitzinger nochmals auf den Weg zum Gipfel und erreichen diesen trotz kräftezehrender Spurarbeit in 12 Stunden 30 Minuten vom ABC-Lager (5900 m) aus. Nach gelungener erster vollständiger Skibefahrung, wobei Steilstücke von über 50 Grad Steilheit befahren werden mussten, gelangen die drei Bergsteiger nach 17 Stunden Roundtrip wieder ins ABC-Lager zurück.[6]
  • 2008
    Nanga Parbat (8125 m) mit einer deutschen DAV Summit Club-Expedition, bei der sechs von sieben Teilnehmern am 21. Mai den Gipfel über die klassische Kinshofer-Route der Diamirflanke erreichen, darunter zwei Frauen. Nach geglückter Besteigung verbleiben Josef Lunger aus Landsberg am Lech und Luis Stitzinger noch etwas länger am Berg, um eine Überschreitung des 10 km langen Mazeno Kamms bis zum Gipfel des Nanga Parbat zu versuchen. Dabei gelingt ihnen die Zweitbesteigung des Mazeno Peak (7145 m). Vor Erreichen des Mazeno Col (6940 m) müssen sie aber nach sieben Klettertagen aufgrund zur Neige gehender Gas- und Essensvorräte abbrechen und über die Soloroute (1978) Reinhold Messners zurück zum Diamir-Basislager absteigen. Nach einigen Ruhetagen bricht Stitzinger nochmals im Alleingang Richtung Gipfel auf und realisiert die erste Skibefahrung der zentralen Diamirflanke von 300 Meter unterhalb des Gipfels aus. Nach nur 24,5 Stunden kehrt er wieder ins Basislager zurück.[7][8]
  • 2009
    Dhaulagiri (8167 m) mit einer deutschen DAV Summit Club-Expedition, bei der acht von zehn Teilnehmern – darunter drei Frauen – den Gipfel erreichen. Die geplante Skiabfahrt mit Rupert Hauer, Bergführer aus Mauterndorf/Lungau, Österreich, vom Dhaulagiri scheitert aufgrund schlechten Wetters, dafür gelingt die Erstbefahrung des benachbarten Tukuche Peak (6920 m).[9]
  • 2010
    Makalu (8485 m) mit einer über den DAV Summit Club organisierten Sondergruppe, bei der acht Teilnehmer aus Deutschland und zwei aus Südtirol mit an Bord sind. Aufgrund anhaltender Jetstreams im Vormonsun 2010 läuft den meisten Teilnehmern schließlich die Zeit davon. Nur Josef Lunger, Alix von Melle und Luis Stitzinger verbleiben noch im Basislager und starten um den 24./25. Mai einen letzten Gipfelversuch, wobei von Melle und Stitzinger wegen der extremen Kälte auf 8050 m umkehren und Lunger allein – als einer der wenigen Bergsteiger ohne zusätzlichen Sauerstoff – den Gipfel erreicht.[10]
  • 2011
    Broad Peak (8051 m) und K2 (8611 m). Nachdem der von ihm geleiteten DAV Summit Club-Expedition zum Broad Peak nach einem aufgrund von zu tiefem Schnees und schlechtem Wetters missglückten Gipfelversuch am 14. Juli die Zeit ausgeht, gelingt Stitzinger mit seiner Frau Alix von Melle am 25. Juli die erfolgreiche Besteigung des Hauptgipfels, den sie am 25. Juli gegen 14 Uhr erreichen. Im Anschluss fährt Stitzinger mit den Ski vom skitechnisch höchstmöglichen Punkt, dem Col auf 7850 m, bis an den Wandfuß ab. Kurze Zeit später erreicht Stitzinger mit ca. einem Dutzend anderer Bergsteiger im einzigen maßgeblichen Gipfelversuch der Saison von der Südseite am 5. August die „Schulter“ des K2 (ca. 8000 m). Der Gipfelversuch kommt aber aufgrund sich verschlechterndem Wetters ins Stocken und alle Bergsteiger steigen zurück ins Basislager ab. Stitzinger fährt daraufhin am 6. August mit Ski vom Camp 4 (7900 m) über die Kukuczka-Route bis an den Wandfuß ab – die erste Skibefahrung dieser Linie und die bis dato wohl längste Skiabfahrt am K2 überhaupt.[11]
  • 2012
    Manaslu (8163 m). Vom 9. April bis 26. Mai brechen Stitzinger und von Melle 2012 zusammen mit drei Freunden (Rainer Jäpel, Saskia Held und Christian Ranke) zum Manaslu auf, der aufgrund seiner Wetterkapriolen immer wieder in die Schlagzeilen gekommen war (s. a. großes Lawinenunglück im Herbst 2012). Auch der fünfköpfigen Kleinexpedition ist das Wetterglück am Berg wenig hold, nur 180 Höhenmeter unterhalb des Gipfels müssen die Bergsteiger aufgrund eines urplötzlich auftretenden Gewitters die Flucht antreten und kommen mit Mühe und Not nach einem dreistündigen Abstieg durch Blitz und Donner mit kleineren Blessuren davon, mehrere Teilnehmer erleiden leichtere Erfrierungen.[12] (Friedl Mutschlechner war 1991 am Manaslu durch Blitzschlag ums Leben gekommen.)
  • 2013
    Shisha Pangma (8027 m). Den „kleinsten“ der 14 Achttausender besteigen von Melle und Stitzinger im April 2013. Nach nur zwölf Tagen im Basislager (ABC, 5650 m) gelingt ihnen der Aufstieg auf den nur selten bestiegenen Hauptgipfel des Berges über die Iñaki-Route durch die Nordostwand des Gipfels. Nach elfstündigem Aufstieg erreichen sie von einem vorgeschobenen zweiten Hochlager (C2A, 7100 m) um 13.30 Uhr den Gipfel über seinen exponierten Grat, wobei ihnen starke Windböen beinahe noch den Erfolg kosten. Stitzinger fährt daraufhin vom Skidepot, ca. 50 Höhenmeter unterhalb des Hauptgipfels, bis zum Ende des Shisha-Pangma-Gletschers auf ca. 5700 m, mit Skiern ab.[3]
  • 2017
    Manaslu (8163 m). Gemeinsam mit seiner Frau Alix von Melle erreicht Luis Stitzinger am 30. September 2017 den Gipfel.
  • 2018
    Gasherbrum I (8080 m). Mit Gianpaolo Corona, erreicht Luis Stitzinger am 18. Juli den Gipfel ohne die Verwendung von zusätzlichem Sauerstoff und als einzige Bergsteiger der Saison 2018, nachdem sie sich zuvor nur zu zweit durch teils tiefen Neuschnee über 13–14 Stunden von ihrem letzten Hochlager (C3, 7100 m) auf den Berg hinauf gekämpft hatten. Anschließend gelingt Stitzinger eine Skiabfahrt vom Gipfel bis zum großen Gletscherbruch, knapp oberhalb des Basislagers (Abstieg zu Fuß ca. 7500 m-7100 m wegen Dunkelheit und Japaner Couloir 7200 m-6500 m wegen Lawinengefahr).[13]
  • 2019
    Mount Everest (8848 m). Am 24. Mai besteigt Luis Stitzinger als Bergführer einer Gruppe des Innsbrucker Expeditionsveranstalters Furtenbach Adventures mit 7 Teilnehmern aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA sowie 8 nepalesischen Climbing Sherpas erfolgreich den Gipfel des höchsten Berges der Erde über die Nordroute (Nord-/Nordost-Grat/Tibet). Alle Bergsteiger verwendeten zusätzlichen Sauerstoff für den Aufstieg.[14]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Porträt (Memento des Originals vom 5. März 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.goclimbamountain.de auf goclimbamountain.de
  2. Stephanie Geiger: Speedklettern: Mit Volldampf auf den Gipfel, Welt Online, 29. März 2008.
  3. Martin Becker: In flottem Tempo bis auf 8027 m Höhe Münchner Merkur Online, 12. Mai 2013.
  4. Gaby Funk: Alix von Melle & Luis Stitzinger – Ein Paar mit gemeinsamer Leidenschaft fürs Hohe (PDF; 829 kB). In: DAV Panorama, Nr. 4/2013, S. 92–97.
  5. Dr. Gertrude Krombholz-Preis wird erstmals verliehen, Pressemitteilung der TU München, 27. Januar 1999.
  6. Gasherbrum II-express debrief: The first German ski descent of G2 www.explorersweb.com
  7. Stitzingers Expeditionstagebuch zur Nanga Parbat-Expedition goclimbamountain.de
  8. Stitzinger's first ski descent of Nanga Parbat central Diamir face explorersweb.com
  9. Dhaulagiri 2009 – Expedition zum Weißen Berg goclimbamountain.de
  10. Makalu 2010 – Expedition zum Schwarzen Berg goclimbamountain.de
  11. skitour-magazin.de, Ausgabe 4.11
  12. Sky-skiing special: Luis Stitzinger's Manaslu debrief explorersweb.com
  13. alpin.de,
  14. bergsteigen.com,
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